Rz. 99

Von dem grds. anzuwendenden Konzept in der handelsrechtlichen Umsetzung des Erwerbsmodells (der Zeitpunkt, zu dem das Unt TU geworden ist) verlangt der Gesetzgeber zunächst zwei Abweichungen: Sowohl im Fall einer erstmaligen Erstellung eines Konzernabschlusses mit der Einbeziehung von TU, die bereits länger als ein Jahr beherrscht werden können, als auch für den Fall, dass ein TU aufgrund von Einbeziehungswahlrechten gem. § 296 HGB bislang nicht in den Vollkonsolidierungskreis (VollKonsKreis) einbezogen wurde, sollen die Wertansätze zum Zeitpunkt der erstmaligen Einbeziehung für die Kons maßgeblich sein. Hierbei handelt es sich zunächst nicht um ein Wahlrecht. Vielmehr ist die prospektive Handhabung nach dem aktuellen Gesetzestext verpflichtend im Regelfall anzuwenden – mit dem BilRUG wurde aber mit Satz 5 für Ausnahmefälle wieder ein Wahlrecht eingeführt, da dann statt des Zeitpunkts der erstmaligen Einbeziehung auch der grds. Zeitpunkt, an dem das Unt TU geworden ist, zur Anwendung kommen darf. Allerdings löst dies eine Angabe- und Begründungspflicht im Konzernanhang aus. Grund für diese Aufweichung der Pflichtvorgabe ist die mit den Sätzen 3 und 4 nicht in jedem Fall zwangsläufig vorliegende Erleichterung.[1] Vielmehr kann es zur Notwendigkeit einer erneuten Bewertung kommen, wenn zwischen der Bewertung i. R. d. Kaufpreisverhandlungen oder bei der Einbeziehung in einen freiwilligen Konzernabschluss und der notwendigen Neubewertung bei der Einbeziehung ein so langer Zeitraum liegt, dass neue Wertgutachten erforderlich sind. Dies verursacht unnötigen Aufwand, wenn die notwendigen Daten zur Pflichtkonsolidierung aus einem freiwilligen oder internen Konzernabschluss bereits vorliegen, die einfach und gut dokumentiert fortgeführt werden könnten. Dies hat der Gesetzgeber im BilRUG aufgegriffen und fordert ab dem Gj 2016 nicht mehr die Bewertung auf die Ersteinbeziehung in den pflichtgemäß zu erstellenden Konzernabschluss, sondern lässt auch den Ausnahmefall des freiwilligen Konzernabschlusses zu. Auch in den Fällen, in denen TU nicht erworben (gekauft), sondern vom Konzern (der MU) selbst gegründet wurden, ergeben sich deutliche Belastungen statt Erleichterungen: Bei Gründung des TU sind zumeist keine stillen Reserven vorhanden, während zum Zeitpunkt der erstmaligen Einbeziehung des TU eine umfängliche Bewertung (z. B. der nicht bilanzierten immateriellen VG, wie Kundenstamm, Patente etc.) erforderlich ist. Vor dem Hintergrund des Zwecks der Norm, eine Erleichterung zu schaffen, erscheint für diese Fälle die Pflicht zum "Fresh Start Accounting", d. h., die KapKons erfolgt zum Zeitpunkt der erstmaligen Einbeziehung (erster Tag des ersten Gj), als nicht sinnvoll. Schon bislang wurde in der Literatur in diesen begründeten Fällen eine Abweichung von der Gesetzesformulierung und die Fortführung der vorliegenden Werte für möglich gehalten.[2] Bedingung ist aber eine einheitliche Anwendung auf alle bereits vorliegenden Konsolidierungsfälle und eine entsprechende Erläuterung und Begründung im Anhang. Auch DRS 23.15 erlaubt in Übereinstimmung mit der aktuellen Gesetzesfassung die Vornahme der KapKons auf der Grundlage von § 301 Abs. 2 Satz 1 HGB, soweit die hierzu erforderlichen Informationen jeweils vorliegen.

 

Rz. 100

Zur erstmaligen Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses i. S. d. Vorschrift kann es kommen, wenn zwar bereits in der Vergangenheit ein Mutter-Tochter-Verhältnis gegeben war, aber der Verpflichtung des § 290 HGB zur Konzernrechnungslegung aufgrund von Befreiungstatbeständen nicht nachgekommen wurde. Als Befreiungstatbestand kommt die Befreiung nach §§ 291 und 292 HGB in Betracht, da hier das MU selbst TU eines übergeordneten MU ist und in den von diesem zu erstellenden Konzernabschluss einbezogen wurde. Dabei gilt § 291 HGB über § 11 Abs. 6 PublG auch für die übrigen Rechtsformen (§ 291 Rz 6 f.). Des Weiteren können größenabhängige Befreiungen vorliegen gem. § 293 HGB für KapG und denen gleichgestellte PersG (§ 293 Rz 2 ff.) bzw. für alle übrigen Rechtsformen über § 11 Abs. 1 PublG, wobei rechtssystematisch hier keine Befreiung zu nutzen ist, sondern eine Verpflichtung erst bei Überschreitung der Größenkriterien besteht. Schließlich kann auch der in § 290 Abs. 5 HGB beschriebene Fall vorliegen, dass für alle einbeziehungspflichtigen TU ein Einbeziehungswahlrecht nach § 296 HGB genutzt wurde (§ 290 Rz 68 ff. und § 296 Rz 12 ff.).

 

Rz. 101

Können die Befreiungen nicht mehr genutzt werden, da die entsprechenden Sachverhalte sich verändert haben, so sind grds.[3] (zu den Ausnahmefällen Rz 99) die für die KapKons relevanten Werte, d. h. der Wert der Anteile, neu bewertete VG, Schulden, RAP und Sonderposten sowie neu bewertetes EK, zum Zeitpunkt des Beginns des ersten im Konzernabschluss abzubildenden Gj zu bewerten. Letztlich entstehen bei der Neubewertung zum Zeitpunkt der erstmaligen Einbeziehung vergleichbare Herausforderungen wie beim sukzessiven Anteilserwerb, wenngleich hier formal der Z...

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