Rz. 19

Ein weiteres Kriterium für die Bestimmung der Größenklasse ist gem. Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 1 HGB die durchschnittliche Anzahl der während des Gj beschäftigten Arbeitnehmer. Der Begriff des Arbeitnehmers orientiert sich an den allgemeinen Grundsätzen des Arbeitsrechts sowie an der Rechtsprechung des BAG.[1] Insofern gilt als Arbeitnehmer jede natürliche Person, die aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags einem anderen zur Leistung fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.[2] Ein zentrales Merkmal stellt dabei die persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten dar. Die rechtliche Wirksamkeit des Vertrags ist nicht von Bedeutung, vielmehr ist nur entscheidend, ob er tatsächlich durchgeführt wird.

 

Rz. 20

Nicht zur Gruppe der Arbeitnehmer zählen üblicherweise:[3]

  • gesetzliche Vertreter einer KapG (Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer),
  • Mitglieder eines gesellschaftsrechtlichen Aufsichtsorgans, z. B. eines Aufsichtsrats, eines Verwaltungsbeirats oder Beirats,
  • Arbeitnehmer, die in Elternzeit sind und deren Arbeitsverhältnis ruht,
  • Personen, die auf Basis eines privatrechtlichen Vertrags (z. B. Werkvertrag) und nicht auf der Basis eines Dienstvertrags tätig sind,
  • Personen, die nicht in den Betrieb eingeordnet sind und die keine fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit erbringen, weil sie bspw. ihre Arbeitszeit selbst bestimmen können (z. B. freie Mitarbeiter),
  • Arbeitnehmer, die aufgrund von Vorruhestands-, Altersteilzeit- oder Altersfreizeitregelungen ausgeschieden sind,
  • Familienangehörige eines Gesellschafters, die mitarbeiten, für die aber kein Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde,[4]
  • Leiharbeitnehmer, es sei denn, sie sind arbeitsrechtlich Arbeitnehmer der Gesellschaft,
  • zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte (Auszubildende, Umschüler, Volontäre, Praktikanten u. Ä.).
 

Rz. 21

Im Gegensatz dazu zählen Arbeitnehmerinnen, die in Mutterschutz sind, trotzdem zur Gruppe der Arbeitnehmer und müssen in die Größenberechnung einbezogen werden. Es wird hier sachlich nicht zwischen einer Arbeitnehmerin in Mutterschutz und Arbeitnehmern, die wegen Erholungsurlaub oder Krankheit für eine längere Zeit nicht arbeiten, unterschieden.[5]

 

Rz. 22

Voraussetzung für die Berücksichtigung der Arbeitnehmer ist die Zurechenbarkeit zur Ges. Insofern können Arbeitnehmer, die einem anderen Unt, z. B. innerhalb von Konzernen, überlassen werden, nur dem überlassenden Unt zugerechnet werden, selbst wenn dieses das andere Unt mit den anfallenden Kosten (Löhne, Gehälter, Nebenkosten) belastet.[6]

 

Rz. 23

Genauere Angaben zur Ermittlung der maßgeblichen Zahl der Arbeitnehmer sind in Abs. 5 kodifiziert. Hier ist bestimmt, dass im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer einzubeziehen sind, sofern ein Arbeitsverhältnis mit der inländischen Ges. besteht. Demgegenüber gehen zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte nicht in die Ermittlung der Arbeitnehmerzahl ein. Teilzeitbeschäftigte, Heim- oder Kurzarbeiter sowie Schwerbehinderte, unselbstständige Handelsvertreter, geringfügig Beschäftigte und zum Reservistendienst kurzfristig freigestellte Arbeitnehmer sind vollständig zu berücksichtigen. Insofern hat die in bestimmten Branchen infolge der Corona-Pandemie erfolgte Kurzarbeit keine Auswirkungen auf die Zahl der Arbeitnehmer, jedoch wirken sich mögliche coronabedingte Entlassungen als Folge von drastischen Nachfragerückgängen auf die Arbeitnehmerzahl aus. Die Einbeziehung der Arbeitnehmer erfolgt jeweils unabhängig von den geleisteten Arbeitsstunden, d. h., eine Umrechnung von Teilzeitbeschäftigten in Vollzeitäquivalente ist nicht vorzunehmen.[7]

 

Rz. 24

Gem. Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 1 ist die durchschnittliche Arbeitnehmerzahl für den Schwellenwert maßgeblich; der Jahresdurchschnitt ist als einfaches arithmetisches Mittel zu berechnen. Hierzu bestimmt Abs. 5, dass die Arbeitnehmeranzahl an den Stichtagen 31.3., 30.6., 30.9. und 31.12. als Grundlage für die Durchschnittsbildung dient. Dieses Verfahren gilt auch dann, wenn ein Rumpf-Gj vorliegt. Da ein Rumpf-Gj i. d. R. weniger als vier Stichtage umfasst, müssen noch fehlende Stichtage vor Beginn des Rumpf-Gj berücksichtigt werden. Sollte das erste Rumpf-Gj kein Quartalsende haben, ist auf die Arbeitnehmerzahl am Bilanzstichtag abzustellen.[8]

[1] Vgl. Lehwald, BB 1981, S. 2108; Geitzhaus/Delp, BB 1987, S. 367 ff.
[2] Vgl. BAG, Urteil v. 8.6.1967, 5 AZR 461/66, BAGE 19 S. 324, sowie ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 267 HGB Rz 13.
[3] Vgl. Marx/Dallmann, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 267 HGB Rz 29, Stand: 9/2015.
[4] Vgl. Geitzhaus/Delp, BB 1987, S. 367, 369.
[5] Vgl. Geitzhaus/Delp, BB 1987, S. 369.
[6] Vgl. ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 267 HGB Rz 14.
[7] Vgl. z. B. Störk/Lawall, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 267 HGB Rz 11–12; Knop/Küting, in Küting/Weber, HdR-E, § 267 HGB Rn 15, Stand: 11/2016; Geitzhaus/Delp, BB 1987, S. 369; a. A. Lehwald, BB 1981, ...

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