Rz. 81

Neben Einschränkungen aufgrund von Einwendungen sind auch Einschränkungen aufgrund von Prüfungshemmnissen möglich. Ein Prüfungshemmnis liegt dann vor, wenn der Abschlussprüfer nach Ausschöpfung aller angemessenen Möglichkeiten zu Klärung des Sachverhalts für abgrenzbare Teile der Rechnungslegung nicht in der Lage ist, ausreichende geeignete Prüfungsnachweise zu erlangen, um festzustellen, ob eine Einwendung zu erheben ist.[1]

 

Rz. 82

Für Einschränkungen aufgrund von Prüfungshemmnissen kommen die für Einschränkungen aufgrund von Einwendungen geltenden Grundsätze analog zur Anwendung (Rz 61 ff.). Darüber hinaus gilt es folgende Besonderheiten zu beachten.

 

Rz. 83

Im Gegensatz zu einer Einwendung besteht bei einem Prüfungshemmnis Unsicherheit, ob die Rechnungslegung in dem betreffenden Teilbereich zu beanstanden ist. Da die Zielsetzung der Jahresabschlussprüfung die Abgabe eines Positivbefunds zur Rechnungslegung darstellt, muss der Abschlussprüfer alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausschöpfen, um diesen Positivbefund abzugeben. Erst wenn unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten des Abschlussprüfers keine positive Aussage zu einem Teilbereich der Rechnungslegung möglich ist, darf eine Einschränkung aufgrund von Prüfungshemmnissen vorgenommen werden. Dies folgt aus dem Anspruch des geprüften Unt auf Erteilung eines Bestätigungs- oder Versagungsvermerks (Rz 20) sowie der aus den allgemeinen Berufsgrundsätzen abgeleiteten Treuepflicht des Abschlussprüfers gegenüber dem Auftraggeber. Der Abschlussprüfer hat demzufolge den Mandanten vor Erteilung eines derartigen Testats von dem Prüfungshemmnis zu unterrichten.

 
Praxis-Beispiel

Die prüfungspflichtige mittelgroße GmbH hat enge Termine bei Aufstellung und Prüfung ihres Jahresabschlusses zu beachten, da sie in den Konzernabschluss ihres MU einbezogen wird. Der Abschlussprüfer des Jahresabschlusses zum 31.12.01 der GmbH kann aufgrund krankheitsbedingtem Ausfalls des Buchhaltungsleiters erst zwei Wochen später als eigentlich geplant mit der Hauptprüfung beginnen. Der eigentlich für das Ende der KW 7/02 vorgesehene Abschluss der Abschlussprüfung inkl. Erteilung des Testats kann möglicherweise nicht eingehalten werden.

Gegen Ende der KW 7/02 hat der Abschlussprüfer im Prüffeld Forderungen aus L&L, die einen wesentlichen Jahresabschluss-Posten darstellen, noch keine hinreichende Prüfungssicherheit erlangen können. Er teilt dem Geschäftsführer der GmbH mit, dass er aufgrund dieser noch nicht abschließend geprüften Position des Jahresabschlusses bis Ende der Woche kein Testat erteilen kann. Der Geschäftsführer möchte nach Rücksprache mit der Konzerngeschäftsführung den Abschlussprüfer veranlassen, ein eingeschränktes Testat abzugeben, in dem hinsichtlich der Forderungen aus L&L ein Prüfungshemmnis enthalten ist. Da die Forderungen aus L&L bezogen auf den Konzernabschluss des MU unwesentlich sind, werden daraus keine Konsequenzen für den Bestätigungsvermerk zum Konzernabschluss erwartet.

Der Abschlussprüfer sollte nicht einfach dem Begehren des Geschäftsführers nachkommen, sondern ihn sowie ggf. die Gesellschafterversammlung der GmbH auf mögliche Konsequenzen eines eingeschränkten Testats hinweisen (z. B. Herabstufung der Kreditwürdigkeit bei Wirtschaftsauskunfteien oder Kreditinstituten, negative Konsequenzen für die von der Gesellschafterversammlung der GmbH vorzunehmende Entlastung des Geschäftsführers nach § 46 Nr. 5 GmbHG). Wird von der GmbH unverändert auf die Erteilung eines Testats bis Ende KW 7/02 bestanden, kann der Abschlussprüfer dann allerdings nur einen aufgrund des Prüfungshemmnisses eingeschränkten Bestätigungsvermerks erteilen.

 

Rz. 84

Beispiele für Prüfungshemmnisse, die zu einer Einschränkung des Bestätigungsvermerks führen können, sind:

  • vom Unternehmen verweigerte direkte Kontaktaufnahme mit Auskunftspersonen (z. B. Rechtsanwalt des Unternehmens, Sachverständige),[2]
  • Beschränkungen beim Einholen von Saldenbestätigungen (z. B. Übermittlungsschwierigkeiten aufgrund von Poststreiks oder langen Postlaufzeiten, Beschränkungen bei der Zurverfügungstellung benötigter Daten und Informationen),
  • mangelnde Nachprüfbarkeit von Geschäftsvorfällen mit nahe stehenden Personen und Unternehmen (z. B. wenn die Mitwirkung verweigert wird oder bei im Ausland ansässigen nahe stehenden Personen und Unternehmen wegen politischer Restriktionen die erforderlichen Prüfungsnachweise nicht eingeholt werden können),
  • unzureichende Erfüllung der Auskunfts- und Nachweispflichten des § 320 HGB, die zu einer Nichtbeurteilung des zu prüfenden Sachverhalts führen (z. B. keine Vorlage benötigter Buchhaltungsunterlagen oder sonstiger Jahresabschluss-relevanter Dokumente [Verträge, Berechnungen, Inventurunterlagen], Verweigerung der Auskunftserteilung durch verbundene Unternehmen),
  • fehlende Verwertbarkeit der Ergebnisse anderer Prüfer[3] und der Arbeitsergebnisse von Sachverständigen,[4]
  • mangelnde Aufklärbarkeit von Unregelmäßigkeiten,
  • mangelnde Prüfungssicherheit aufgrund eines hohen Entdec...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge