Rz. 79

Die handelsrechtliche Bestimmung der Herstellungskostenermittlung erfolgt ähnlich der geltenden steuerrechtlichen Bewertungskonzeption und der Bewertungskonzeption nach IFRS. Dies fördert die Vergleichbarkeit des handelsrechtlichen Jahresabschlusses.[1] Zunächst hatte die Finanzverwaltung im Zusammenhang mit den erfolgten Änderungen durch das BilMoG hinsichtlich der Auslegung der Maßgeblichkeit[2] jedoch die nach R 6.3 Abs. 4 EStR 2008 bestehende Möglichkeit der Übernahme der verbleibenden handelsrechtlichen Wahlrechtsbestandteile in die Steuerbilanz zur Pflicht erklärt, was in einer Anhebung der steuerlichen Herstellungskostenuntergrenze resultierte und mit den Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien 2012 (EStÄR 2012) explizit geregelt wurde. Allerdings hatte das BMF diese Regelung mittels eines BMF-Schreibens vom 25.3.2013[3] bereits wieder neutralisiert und eine Übergangsregelung veröffentlicht, nach der nicht beanstandet wurde, wenn bis zur Verifizierung des damit verbundenen Erfüllungsaufwands, spätestens aber bis zu einer Neufassung der Einkommensteuer-Richtlinien, die bisherigen Kriterien für die Ermittlung der Herstellungskosten (HK; R 6.3 Abs. 4 EStR 2008) weiter angewandt wurden. Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens (StModG)[4] wurde die Regelung der Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien 2012 endgültig wieder auf den alten Stand mit der Übernahme der Wahlrechte zurückgesetzt (Rz 105).[5]

 

Rz. 80

Die Wertuntergrenze der aktivierungspflichtigen HK umfasst i. R. d. Zugangsbewertung gem. § 255 Abs. 2 Satz 2 HGB sämtliche dem einzelnen Erzeugnis unmittelbar zurechenbare Aufwendungen. Gemeinkosten, die unabhängig von der Produktionsmenge anfallen und damit Fixkostencharakter aufweisen, wie allgemeine Verwaltungskosten, Kosten für soziale Einrichtungen des Betriebs und freiwillige soziale Leistungen, sowie Kosten der betrieblichen Altersvorsorge können dagegen nach § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB per Wahlrecht einbezogen werden. Der Gesetzgeber verzichtet zwar auf die Verwendung der Fachtermini "fixe und variable Kosten", dieses Kriterium wird dennoch maßgeblich zur Abgrenzung zwischen Aktivierungspflicht und Aktivierungswahlrecht herangezogen.[6] Auffällig ist die explizite Gleichsetzung der Kriterien der Zurechenbarkeit und der Beschäftigungsabhängigkeit. In der Kostenrechnung werden diese klassischerweise als zwei getrennte Kriterien betrachtet, die zwar eng miteinander verbunden sind, aber letztlich andere Kernaspekte problematisieren.

 

Rz. 81

Trotz der Konkretisierungsbestrebungen des Gesetzgebers bestehen Spielräume bei der HK-Ermittlung, die allein aus der Unmöglichkeit resultieren, eine genaue Zurechnung der Kosten auf die Produkte herbeizuführen. Ihr Umfang wird letztlich von der spezifischen Ausgestaltung der Kostenrechnung bestimmt, sodass sich individuelle Gestaltungsspielräume eröffnen.

[1] Vgl. BT-Drs. 16/10067 v. 30.7.2008 S. 59.
[4] BGBl 2016 I S. 1679.
[5] Vgl. Meyering/Gröne, DStR 2016, S. 1696; Rodermond, WPg 2016, S. 818; Schoor, b+b 2/2017, S. 12; Velte, StuB 2016, S. 407; Zwirner, BC 2016, S. 461.
[6] Vgl. BT-Drs. 16/10067 v. 30.7.2008 S. 60.

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