Rz. 94

Bei Anteilen an Investmentfonds, die vom Bilanzierenden gehalten werden, erfolgt deren handels- und steuerrechtliche Abbildung unterschiedlich. Handelsrechtlich wird der einheitliche VG "Anteil am Investmentfonds" bilanziert, der nach den allgemeinen Regelungen bei Zugang zu AK und in der Folge zu fortgeführten AK bilanziert wird. Eine Abschreibung nach § 253 Abs. 3 Satz 3 HGB (Anlagevermögen) bzw. § 253 Abs. 4 Satz 1 HGB (Umlaufvermögen) kommt nur in Betracht, soweit der Börsen- oder Marktpreis (Rücknahmepreis des Investmentfonds) unter die AK gesunken ist. Bei der Beurteilung einer Abschreibungsnotwendigkeit kommt es auf den Wert des Investmentanteils insgesamt, nicht auf die vom Investmentfonds gehaltenen einzelnen Anlagen an.

Soweit es sich um einen ausschüttenden Investmentfonds handelt, sind die Ausschüttungsansprüche im Entstehungszeitpunkt (der abhängig ist von den Vertragsbedingungen des Investmentfonds) zu aktivieren.[1] Bei thesaurierenden Investmentfonds kommt eine Aktivierung von Erträgen des Fonds nicht in Betracht, da kein Ausschüttungsanspruch besteht und keine Erträge zufließen.[2]

 

Rz. 95

In der Steuerbilanz gilt zunächst das Maßgeblichkeitsprinzip, sodass auch hier ein Ansatz zu AK (Zugangsbewertung) bzw. fortgeführten AK (Folgebewertung) zu erfolgen hat. Bzgl. der Vornahme von Abschreibungen sind die speziellen Regelungen zur Teilwertabschreibung (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG) zu beachten. Die Finanzverwaltung stellt bei der Frage einer voraussichtlich dauerhaften Wertminderung nicht auf den Wert des Investmentanteils insgesamt, sondern auf die im Investmentfonds enthaltenen Wirtschaftsgüter ab.[3] Ein weiterer wesentlicher Unterschied zum Handelsrecht liegt in der Behandlung der vom Investmentfonds erzielten Erträge. Diese werden nach den Regelungen des InvStG ermittelt, wobei steuerlich dem Anleger die Erträge aus den einzelnen Anlagen zugerechnet werden.[4] Somit werden ihm auch die Erträge aus thesaurierenden Investmentfonds als sog. ausschüttungsgleiche Erträge (§ 1 Abs. 3 InvStG) zugerechnet.

 

Rz. 96

Die Abbildung der ausschüttungsgleichen Erträge in der Steuerbilanz erfolgt durch Bildung eines steuerlichen Ausgleichspostens auf der Aktivseite i. H. d. ausschüttungsgleichen Erträge. Ohne Bildung eines derartigen Ausgleichspostens würden bei Verkauf des Investmentanteils die bereits versteuerten ausschüttungsgleichen Erträge nochmals besteuert; der Ausgleichsposten stellt somit quasi eine Erhöhung der AK des Investmentanteils in der Steuerbilanz dar.[5] Für Zwecke der latenten Steuern ergeben sich aus dem Ausgleichsposten i. H. d. maßgeblichen Steuersatzes aktive latente Steuern. Dies gilt unabhängig davon, ob in den ausschüttungsgleichen Erträgen steuerlich begünstigte Dividendenerträge enthalten sind.[6]

 

Rz. 97

Weiterhin kann bei Veräußerung, Teilwertabschreibung und Wertaufholung von Investmentfonds ein sog. Aktiengewinn (§ 8 InvStG) anfallen, soweit der Investmentfonds diesen nach § 5 Abs. 2 InvStG ermittelt. Der wirtschaftliche Gehalt dieses so ermittelten Aktiengewinns liegt in der Herstellung eines Gleichlaufs zwischen der Direktanlage in Aktien und der Anlage über einen Investmentfonds. Der Aktiengewinn wird benötigt, um auf Ebene des Anteilseigners die Anwendung des § 8b Abs. 16 KStG sowie § 3 Nr. 40 EStG bei Veräußerung sicherzustellen.[7]

Der Aktiengewinn ist in die Berechnung der Steuerlatenz im Regelfall nicht einzubeziehen. Eine ausnahmsweise Berücksichtigung käme in Betracht, wenn es zu einer Abweichung zwischen handelsrechtlichem und steuerlichem Buchwert des Investmentanteils kommt (z. B. nur in der Handelsbilanz vorgenommene Abschreibung wegen voraussichtlich dauerhafter Wertminderung).[8]

[1] Möglich sind auch Substanzausschüttungen, die zu einer Minderung der AK führen, vgl. BMF, Schreiben v. 18.8.2009, IV C 1 – S 1980–1/08/10019, BStBl 2009 I S. 931, Rz 16a.
[2] Vgl. Scharpf/Schaber, Handbuch Bankbilanz, 5. Aufl. 2013, S. 414.
[4] Hierbei gilt das Zu- und Abflussprinzip (§ 3 Abs. 1 InvStG) mit einigen gesetzlichen Ausnahmen. So gelten 10 % der auf Fondsebene anfallenden Werbungskosten pauschal als nicht abzugsfähig (§ 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 InvStG).
[5] Vgl. Hagen, Ubg 2008, S. 341.
[6] Vgl. Malisius/Hagen/Lenz, Ubg 2010, S. 442.
[7] Vgl. Hagen, Ubg 2008, S. 342.
[8] Vgl. Malisius/Hagen/Lenz, Ubg 2010, S. 448.

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