Rz. 22

Der Kfm. muss die Eintragungen in seinen Büchern und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen zeitgerecht vornehmen.[1]

 

Rz. 23

Was noch zeitgerecht ist, schreibt das Gesetz nicht ausdrücklich vor. Bei der Auslegung des Begriffs "zeitgerecht" ist deshalb auf den Sinn und Zweck der Vorschrift abzustellen. Die zeitgerechte Buchführung soll sicherstellen,

  • dass der Kfm. sich kurzfristig einen Überblick über seine wirtschaftlichen Verhältnisse verschaffen kann,
  • dass eine nachträgliche Verfälschung der Bücher verhindert wird und
  • dass die Buchführung nicht in Unordnung gerät.

Die Frage der Zeitgerechtigkeit ist deshalb eine Frage des Einzelfalls und hängt wesentlich von der Manipulations- und Verlustanfälligkeit, dem Umfang und der Komplexität der Buchführung sowie der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens ab.

 
Praxis-Beispiel

Der Kfm. hat bisher seine Buchführung für den gesamten Monat am Monatsende erledigt. Dies war wegen der guten Wirtschaftslage und der Größe des Geschäfts bisher als zeitgerecht anzusehen.

Aufgrund des Ausfalls einer großen Forderung gerät der Kfm. in Zahlungsschwierigkeiten; die Banken drohen mit Kreditkündigung. Es ist nun nicht mehr sachgerecht, dass der Kfm. solange zuwartet, da er die geltenden Fristen für die Insolvenzanmeldung nicht mehr rechtzeitig einhalten könnte.

 

Rz. 24

§ 146 Abs. 1 Satz 2 AO a. F. schrieb bisher vor, dass Kassenvorgänge täglich festgehalten werden sollen. Mit dem Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22.12.2016 wurde nunmehr in § 146 Abs. 1 Satz 2 AO n. F. geregelt, dass Kassenvorgänge täglich festzuhalten sind. Damit besteht nunmehr steuerlich eine Pflicht zur täglichen Kassenführung. Zur täglichen Führung genügt ein täglicher Eintrag im Kassenbuch – die zusätzliche EDV-mäßige Erfassung kann später erfolgen. Zur Frage der Zeitgerechtigkeit und Unveränderlichkeit bei ausschl. elektronischer Kassenführung wird auf Rz 36 verwiesen.

Die Pflicht zur täglichen Erfassung von umfangreichen Kassen und mit Bareinnahmen ist handels- wie steuerrechtlich unstrittig. Fraglich ist aber, ob diese strengen Vorschriften auch für sog. "Erstattungskassen" gelten, also Kleinkassen, die nur zur Rückerstattung von Barauslagen gegen Quittungseinreichung dienen.[2] Bareinnahmen sind in solchen Kassen fast nie zu verzeichnen. Nach alter Rechtslage konnte die Frage gestellt werden, ob die Anordnung "sollen" als Pflicht zu vestehen war oder weiter ausgelegt werden durfte. Nach neuer Rechtslage ist auch die Führung unbedeutender Kassen zwingend täglich vorzunehmen. Nach der hier vertretenen Auffassung ist eine nicht tägliche Führung reiner "Erstattungskassen" nur als formalen Verstoß gegen die (steuerlichen) GoB aufzufassen.

 

Rz. 25

Die Buchführung muss also stets so zeitgerecht sein, dass der Kfm. solche Vorschriften erfüllen kann, die an die Zeitgerechtigkeit der Buchführung anknüpfen. Dies sind bspw. die Vorschriften zur Insolvenzanmeldung (§§ 17, 18 InsO), zur Anzeige des hälftigen Verzehrs des Stammkapitals (z. B. § 49 Abs. 3 GmbHG) und zur rechtzeitigen Anmeldung von Sozialabgaben sowie der Lohn- und Umsatzsteuer.

 

Rz. 26

Die Erfassung von Geschäftsvorfällen in der laufenden Buchführung muss nicht unmittelbar erfolgen; die Zeitgerechtigkeit ist dabei in Abhängigkeit von der Größe des Unt zu beurteilen – bei großen Unternehmen ist normalerweise eine Erfassung innerhalb weniger Tage erforderlich (im Normalfall max. zehn Tage), bei kleineren, wirtschaftlich soliden Unt kann die Erfassung bis höchstens einen Monat aufgeschoben werden; bei einem Buchungsrückstand von mehr als einem Monat ist im Regelfall von einer nicht mehr zeitgerechten, also einer formal nicht mehr ordnungsmäßigen Buchführung auszugehen. Bei einer Buchführung durch Dritte – bspw. durch einen StB – erfolgt eine Erfassung im Buchführungssystem oft erst später; dies ist kein Verstoß gegen den Grundsatz der zeitgerechten Erfassung, wenn der Kfm. seinen Buchführungspflichten (in der Zwischenzeit) bspw. durch geordnete Ablage nachkommt.[3]

Im Einzelfall kann aber auch eine kürzere Erfassungsfrist geboten sein.

 
Praxis-Beispiel

Ein Ekfm unterhält ein Day-Trading-Konto, auf dem er betriebliche und private Spekulationsgeschäfte ausführt. Ein gemeinsames Konto kann hier nur geführt werden, wenn vor der Ausführung des Geschäfts eine eindeutige und unveränderliche Zuordnung getroffen wird. Selbst eine Erfassung noch am gleichen Tag (wie bei Bargeschäften) würde nicht ausreichen, um eine nachträgliche, willkürliche Zuordnung zum Privat- oder Betriebsvermögen auszuschließen.

 

Rz. 27

Die Frage der Zeitgerechtigkeit wird aktuell durch die Stellungnahme des BMF zu den "Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)" aufgegriffen.[4] Die GoB sind im Handelsrecht geregelt bzw. als handelsrechtliche Übung nicht kodifizierte GoB und gelten – soweit in Steuergesetzen nichts Abweichendes geregelt ist – über die Maßgeblichkeit auc...

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