Rz. 101

§ 254 HGB i. d. F. vor BilMoG gestattete rein steuerlich motivierte Abschreibungen, um einen Ansatz von VG mit dem niedrigeren steuerrechtlichen Wert zu ermöglichen (steuerliche Mehrabschreibungen). Derartige Abschreibungen waren nicht auf eine Vermögensklasse beschränkt und entsprechend sowohl auf VG des AV als auch des UV gestattet.

 

Rz. 102

Niedrigere steuerliche Wertansätze ergaben sich bei KapG und ihnen gleichgestellten PersG (bei PersG mit persönlichem Vollhafter waren Abschreibungen i. S. d. § 254 HGB i. d. F. vor BilMoG wegen den Ermessensabschreibungen i. S. d. § 253 Abs. 4 HGB i. d. F. vor BilMoG im Grunde nicht von Bedeutung (Rz 94 ff.)) infolge von[1]

  • steuerrechtlichen Mehr- oder Sonderabschreibungen,
  • Niederbewertungen von AHK.
 

Rz. 103

Mit der Einführung des BilMoG wurde § 254 HGB i. d. F. vor BilMoG aufgehoben. Entsprechende Abschreibungen konnten letztmals für Gj vorgenommen werden, die vor dem 29.5.2009 begonnen haben.[2]

 

Rz. 104

In Art. 67 Abs. 4 Satz 1 EGHGB wurde jedoch eine Übergangsregelung für niedrigere Wertansätze auf Basis von steuerrechtlichen Abschreibungen i. S. d. § 254 HGB i. d. F. vor BilMoG kodifiziert. Die Übergangsvorschrift gestattete, die niedrigeren Wertansätze von VG des AV oder UV fortzuführen (Beibehaltungswahlrecht) oder die Zuschreibungsbeträge gem. Art. 67 Abs. 4 Satz 2 EGHGB erfolgsneutral in die Gewinnrücklagen einzustellen. Zur Vermeidung bilanzpolitischer Maßnahmen war die alternative erfolgsneutrale Einstellung in die Gewinnrücklagen nicht für Abschreibungen gestattet, die im letzten vor dem 1.1.2010 beginnenden Gj vorgenommen wurden.

 

Rz. 105

Obwohl die Begründung zum BilMoG-RA nur die umfassende Ausübung des Fortführungswahlrechts gestatten wollte[3], wurde im Schrifttum auf Grundlage der Gesetzessystematik argumentiert, dass das Beibehaltungswahlrecht sachverhaltsbezogen, d. h. für jeden Einzelfall separat ausgeübt werden konnte.

 

Rz. 106

Art. 67 Abs. 4 Satz 1 EGHGB stellt zudem klar, dass im Fall der Ausübung des Fortführungswahlrechts die Vorschriften des HGB i. d. F. vor BilMoG anzuwenden sind. Wie lange noch Auswirkungen der Übergangsvorschrift in den Jahresabschlüssen zu beobachten sein werden, hängt von der Länge der Abschreibungszeiträume der VG ab, die durch steuerliche Gründe im Wert vermindert angesetzt sind.

 

Rz. 107

Wurde das Fortführungswahlrecht im Übergangszeitpunkt nicht in Anspruch genommen, waren die Zuschreibungsbeträge respektive Auflösungserträge erfolgsneutral in die Gewinnrücklagen einzustellen, sofern diese aus niedrigeren Wertansätzen von VG herrührten, die nicht auf Abschreibungen zurückzuführen waren, die erst im letzten vor dem 1.1.2010 beginnenden Gj vorgenommen wurden.

Die Zuschreibungsbeträge bzw. Auflösungserträge waren dagegen erfolgswirksam in den ao Erträgen zu erfassen, wenn sie auf niedrigeren Wertansätzen von VG basierten, die auf Abschreibungen zurückzuführen waren, die im letzten vor dem 1.1.2010 beginnenden Gj vorgenommen wurden.

 

Rz. 108

Die Option zur Einstellung der Zuschreibungsbeträge in die Gewinnrücklagen war bei PersG, sofern steuerrechtliche Abschreibungen bei diesen trotz mangelnder praktischen Bedeutung überhaupt vorkamen, häufig ausgeschlossen, da gesellschaftsvertragliche Regelungen zur Rücklagenbildung i. d. R. nicht vorlagen. Die Beträge waren dann den Kapitalkonten der Gesellschafter aufzuschlagen.[4]

 

Rz. 109

Neben der aktivischen Kürzung des AV um die Abschreibungen ist bei Fortführung gem. § 281 Abs. 1 HGB i. d. F. vor BilMoG auch der Ausweis als (Teil des) Sonderposten(s) mit Rücklageanteil gestattet. Wie bereits angemerkt, waren Zuschreibungserträge, die auf Abschreibungen beruhen, die im letzten vor dem 1.1.2010 beginnenden Gj vorgenommen wurden, lt. Art. 67 Abs. 4 Satz 2 Hs. 2 EGHGB von der unmittelbaren erfolgsneutralen Einstellung in die Gewinnrücklagen ausgenommen. Art. 67 Abs. 3 Satz 2 Hs. 1 EGHGB sieht aber mit Blick auf den Sonderposten mit Rücklageanteil eben diese Möglichkeit vor. Im Schrifttum wird gefordert, entsprechende Zuschreibungserträge als Teilmenge des zum 31.12.2009 ausgewiesenen Sonderpostens mit Rücklageanteil nebst den darauf entfallenden latenten Steuern erfolgswirksam zuzuschreiben.[5]

 

Praxis-Beispiel[6]

Folgende Situation bzgl. steuerrechtlicher Abschreibungen ist bei einer GmbH gegeben:

  • Am 1.1.2005 wurde ein Gebäude zu AK in Höhe von 500.000 EUR erworben.
  • Unter Rückgriff auf § 254 HGB i. d. F. vor BilMoG wurden Denkmalschutzabschreibungen nach § 7i EStG in Höhe von 9 % pa vorgenommen.
  • Die wirtschaftliche Nutzungsdauer des Gebäudes beläuft sich auf 25 Jahre.
  • Zum Zeitpunkt der Umstellung auf das BilMoG (31.12.2009/1.1.2010) belief sich die Differenz zwischen dem nach § 254 HGB i. d. F. vor BilMoG angesetzten tatsächlichen Buchwert und dem nach § 253 Abs. 3 Satz 1 HGB i. d. F. vor BilMoG fiktiv ermittelten Buchwert auf 125.000 EUR, wie folgende Übersicht verdeutlicht:
 
(Rest-)Buchwert und (AfA) Tatsächlich angesetzter (Rest-)Buchwert gem. § 254 HGB i. d. F. vor BilMoG Fiktiv anges...

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