Rz. 18

Die Forderung nach Richtigkeit der Buchführung bezieht sich auf Dokumente, Belege, Geschäftsvorfälle, Buchungen und Konten. Richtig bedeutet, dass der Gegenstand der Geschäftsvorfälle zutreffend abgebildet und die Buchung der Technik nach richtig vorgenommen wird.[1] Es ist nicht zulässig, fiktive Buchungen vorzunehmen.

 
Praxis-Beispiel

Der Kfm. lässt sich zum Jahresende eine Rechnung über eine nicht empfangene Leistung ausstellen. In der Rechnung ist der Vorgang so dargestellt, als sei die Leistung bereits empfangen worden. Der Kfm. bucht sofort Aufwand – dies ist eine fiktive Buchung, da kein Geschäftsvorfall vorliegt. Im Folgejahr empfängt er die Leistung; eine Buchung nimmt er nicht mehr vor. Der Vorgang ist in beiden Gj nicht richtig dargestellt.

 

Rz. 19

Die Sicherstellung der Richtigkeit wird durch die Automatisierung der Buchführung eine neue Qualität erhalten. Die Softwarehersteller programmieren derzeit sog. Buchungsautomaten. Darunter ist eine Buchhaltungssoftware zu verstehen, die über Lernprogramme hinaus durch den Einsatz künstlicher Intelligenz Buchführungsaufgaben autonom und aus Fehlern lernend erledigen kann. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Rechnungslegungssoftware nicht zutreffend verhält, sich ein unzutreffendes Buchungsverhalten antrainiert oder antrainiert wird und deshalb systematisch Buchungsfehler macht. Der Einsatz eines Buchungsautomaten enthebt den Kfm. nicht von seiner Verpflichtung, die Richtigkeit der Buchführung sicherzustellen. Der Kfm. hat deshalb bei Einführung des Buchungsautomaten sein internes Kontrollsystem so anzupassen, dass es wirksam verhindert, dass in wesentlichem Umfang Buchungsfehler auftreten und unerkannt bleiben.

 

Rz. 20

Bei Betriebsprüfungen werden Buchhaltungsdaten z. T. mittels Massendatenprüfungen auf ihre Richtigkeit – oder vielmehr auf Auffälligkeiten – hin untersucht. Dabei kommen "Prüfverfahren" wie bspw. der Benford-Test oder Chi-Quadrat-Test zum Einsatz. Zeigen diese Tests auffällige Werte, wird dies tw. als Verstoß gegen das Richtigkeitsgebot der Buchführung aufgefasst. Es stellt sich deshalb die Frage, ob es so etwas wie eine "digitale Richtigkeit" der Buchführung gibt.

Das Benford-Gesetz[2] beruht auf der Auswertung einer großen Zahlenmenge und kommt zu dem Ergebnis, dass die Anfangsziffern von Zahlen ungleich verteilt sind. Nach Benford ist dabei die 1 die häufigste Anfangsziffer. Die übrigen Anfangsziffern bis zur 9 kommen dabei mit stetig abnehmender Wahrscheinlichkeit vor. Eine vom Menschen "zufällig" gewählte Verteilung weicht dagegen von der "natürlichen" Verteilung nach Benford ab. Wird die Buchführung bspw. manipuliert, kann es zu auffälligen Abweichungen vom Benford-Gesetz kommen. Betriebsprüfer machen sich diese Erkenntnis bei der Datenprüfung zunutze. Es könnte deshalb angenommen werden, dass eine Abweichung vom Benford-Gesetz per se ein Verstoß gegen die Richtigkeit der Buchführung darstellt.

 
Praxis-Beispiel

Die Datenauswertung eines Internet-Shops ergibt, dass die Anfangsziffern des Bestellwerts auffällig sind. Die Anfangsziffern 2 und 5 kommen auffällig häufig vor, die Anfangsziffer 1 ungewöhnlich selten. Der Betriebsprüfer legt dieses Prüfungsergebnis in der Schlussbesprechung vor und verlangt eine Erklärung.

Für diese Auffälligkeit gibt es eine plausible Erklärung, die den Verdacht einer Manipulation ausräumt. Für Einkäufe unter 20,00 EUR wird vom Internet-Shop ein Mindermengenzuschlag von 5,00 EUR erhoben, weswegen viele Kunden weitere Artikel kaufen, bis die 20,00 EUR-Grenze erreicht oder überschritten ist. Deshalb kommt die 2 als Anfangsziffer ungewöhnlich häufig vor, die Anfangsziffer 1 dagegen so gut wie gar nicht. Dies gilt in gleicher Weise für die 5, da ab einem Bestellwert von 50,00 EUR die Versandkostenpauschale von 3,50 EUR entfällt.

Der Chi-Quadrat-Test[3] beruht ebenfalls auf der Erkenntnis, dass Menschen unbewusst Zahlen vorziehen oder meiden und damit manipulierte Zahlen nicht der "natürlichen" Zahlenverteilung entsprechen.

Festzuhalten ist, dass es eine "digitale Richtigkeit" der Buchführung nicht gibt. Es gibt keinen zwingenden sachlogischen Zusammenhang, der von einer Auffälligkeit nach dem Chi-Quadrat-Test oder Benford-Test auf eine Manipulation und damit die fehlende Richtigkeit der Buchführung schließen lässt. Vielmehr ist eine Auffälligkeit lediglich ein Indiz, aber ohne weitere Nachweise kann die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht in Frage gestellt werden.

Wie dargestellt kann eine auffällige Buchhaltung vollständig richtig sein. Im Übrigen kann auch eine manipulierte Buchführung die Tests ohne Beanstandung durchlaufen, da diese Tests erst ab einem bestimmten Auffälligkeitsniveau anschlagen. Dies gilt für einmalige Manipulationen ebenso wie auch für systematische Manipulationen.

 

Rz. 21

Auch zur Sicherung der Richtigkeit muss der Kfm. ein angemessenes internes Kontrollsystem einrichten.

[1] Vgl. Quick/Wolz, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 239 HGB Rz 25, Stand: 3/2020.
[2] Klindwort, Ha...

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