Rz. 85

Das Ansatzwahlrecht für auf VG des Vorratsvermögens entfallende Zölle und Verbrauchsteuern sowie als Aufwand berücksichtigte USt auf auszuweisende oder von den Vorräten abgesetzte Anzahlungen des § 250 Abs. 1 Satz 2 HGB i. d. F. vor BilMoG wurde durch das BilMoG aufgehoben. Es besteht handelsrechtlich seither nur noch eine Einbeziehungspflicht, wenn es sich um Sondereinzelkosten der Fertigung handelt.[1]

 

Rz. 86

Art. 67 Abs. 3 Satz 1 EGHGB gewährt analog zur Behandlung des Sonderpostens mit Rücklageanteil ein Beibehaltungswahlrecht in Bezug auf nach § 250 Abs. 1 Satz 2 HGB i. d. F. vor BilMoG ausweisfähige RAP, die im letzten nach dem HGB i. d. F. vor BilMoG aufgestellten Jahresabschlüssen ausgewiesen wurden. Alternativ waren RAP i. S. d. § 250 Abs. 1 Satz 2 HGB i. d. F. vor BilMoG erfolgsneutral in die Gewinnrücklagen einzustellen. Eine erfolgsneutrale Verrechnung mit Gewinnrücklagen ging für KapG und KapCoGes mit der Pflicht zur Erläuterung der Verrechnung im Anhang einher, da die Veränderung der Gewinnrücklagen im Vergleich zum Vj losgelöst von einer Aufstellung der GuV nach Gewinnverwendung nicht nachvollziehbar ist.[2]

 

Rz. 87

Das Wahlrecht der Beibehaltung oder erfolgsneutralen Umgliederung in die Gewinnrücklagen konnte in Bezug auf die RAP nicht sachverhaltsbezogen in Anspruch genommen werden. Es war für alle RAP einheitlich auszuüben.

 
Praxis-Beispiel

Ein Schaumweinproduzent in der Rechtsform einer AG hatte zum 31.12.2009 einen aktiven RAP i. S. d. § 250 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HGB i. d. F. vor BilMoG für die gem. § 1 Abs. 1 SchaumwZwStG auf den im Jahr 2009 produzierten Schaumwein zu entrichtende Schaumweinsteuer in Höhe von 900.000 EUR gebildet, da dieser erst 2013 verkauft und bis dahin im Vorratsvermögen erfasst wurde, aber bereits aus dem definierten Zollbereich verbracht wurde. Eine ggf. anfallende latente Steuer war mit 30 % zu veranschlagen.

Ein Ansatz als aktiver RAP war gestattet, da es sich bei der Schaumweinsteuer um eine Verbrauchssteuer auf ein hergestelltes Produkt handelt und diese als dem einzelnen Endprodukt zurechenbare Steuer gilt, die das Endprodukt erst verkehrsfähig macht.

Der Schaumweinproduzent hatte zum 1.1.2010 das Wahlrecht zwischen der erfolgsneutralen Verrechnung mit den Gewinnrücklagen oder zur Beibehaltung. Für eine Verrechnung mit den Gewinnrücklagen sprach dabei, dass kein späterer erfolgswirksamer Ausweis zu erfolgen hatte/hat. Allerdings ging dies auch mit einer Minderung des EK einher, das sich bei dem Schaumweinproduzenten zum 31.12.2009 auf insgesamt 10.000.000 EUR belief, wobei Gewinnrücklagen in Höhe von 1,5 Mio. EUR zu verzeichnen waren.

Bei einer Verrechnung mit den Gewinnrücklagen zum Übergangszeitpunkt von den Alt- auf die Neuvorschriften ergaben sich folgende Bilanzen/Buchungen:

Bilanzausweis zum 31.12.2009:

 
Aktiva Bilanz 31.12.2009 Passiva
A. … A. Eigenkapital  
   
B. …
    III. Gewinnrücklagen 1.500.000
       
     
C. Rechnungsabgrenzungsposten 900.000

Buchungen zum Übergangszeitpunkt:

 
Datum Konto Soll Haben
  Gewinnrücklagen 630.000  
  Aktive latente Steuern 270.000  
  Aktiver Rechnungsabgrenzungsposten   900.000

(Theoretischer) Bilanzausweis zum 1.1.2010 nach Vornahme der Übergangsbuchung:

 
Aktiva Bilanz 1.1.2010 Passiva
A. … A. Eigenkapital  
   
B. …
    III. Gewinnrücklagen 870.000
       
     
C. Rechnungsabgrenzungsposten
E. Aktive latente Steuern 270.000    

Da § 5 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 EStG unter analogen Voraussetzungen ebenfalls die Bildung eines aktiven RAP verlangte und auch weiterhin verlangt, bestand die Notwendigkeit respektive Option zur Bildung aktiver latenter Steuern. Zum 31.12.2009 war der Ausweis in der Steuerbilanz mit jenem in der Handelsbilanz identisch. Da nach der Verrechnung mit den Gewinnrücklagen eine Differenz zur Darstellung in der Steuerbilanz besteht, weil der RAP dort solange fortzuführen ist, wie die Wirtschaftsgüter im Vorratsvermögen auszuweisen sind (hier bis ins Jahr 2013), kann eine aktive latente Steuer gebildet werden. Art. 67 Abs. 6 Satz 2 HGB fordert hier folgerichtig, dass die Bildung auch dann erfolgsneutral zu erfolgen hat, weshalb dies in dem obigen Buchungssatz zusammengefasst wurde. Die im Steuerrecht vorzunehmende aufwandswirksame Ausbuchung im Gj 2013 führte dann in der Steuerbilanz zum 31.12.2013 zu einer reduzierten Steuerlast, die im handelsrechtlichen Abschluss durch die Auflösung der aktiven latenten Steuer nachzuvollziehen war. Alternativ konnte auch das Ansatzwahlrecht des § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB genutzt werden und auf einen aktiven latenten Steuerausweis verzichtet werden.

Bei einer Beibehaltung zum Übergangszeitpunkt von den Alt- auf die Neuvorschriften ergaben sich folgende Bilanzen/Buchungen:

Bilanzausweis zum 31.12.2009:

 
Aktiva Bilanz 31.12.2009 Passiva
A. … A. Eigenkapital  
   
B. …
    III. Gewinnrücklagen 1.500.000
       
     
C. Rechnungsabgrenzungsposten 900.000

Buchungen zum Übergangszeitpunkt: Kein Bilanzausweis zum 31.12.2010, ...

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