Rz. 75

Wurde das Beibehaltungswahlrecht des Art. 67 Abs. 3 Satz 1 EGHGB nicht ausgeübt und erfolgte dementsprechend eine erfolgsneutrale Einstellung in die Gewinnrücklagen, waren latente Steuern zu berücksichtigen. Die Bilanzierung der Steuerlatenz ist geboten, da der Sonderposten mit Rücklageanteil nur in der Handelsbilanz, nicht aber in der Steuerbilanz entfallen ist, und sich daraus eine Differenz zwischen Handels- und Steuerbilanz ergibt. In Bezug auf den erfolgsneutral in die Gewinnrücklagen einzustellenden Teil des Sonderpostens ist die latente Steuer gem. Art. 67 Abs. 6 Satz 2 EGHGB erfolgsneutral zu bilden, was für den erfolgswirksam zuzuschreibenden Teil des Sonderpostens nicht gilt. Die Regelung ist insofern auch noch heute nach dem "Umstellungsabschluss" von Bedeutung.

 
Praxis-Beispiel

Sachverhalt: Folgende Unt-Situation bzgl. eines Sonderpostens mit Rücklageanteil war gegeben:

  • Im Jahresabschluss zum 31.12.2009 wies eine große KapG einen Sonderposten mit Rücklageanteil in Höhe von 120.000 EUR i. S. d. § 247 Abs. 3 HGB i. d. F. vor BilMoG nach § 273 HGB i. d. F. vor BilMoG aus. Dieser setzte sich zusammen aus unversteuerten Rücklagen in Höhe von 76.000 EUR und aus steuerlich motivierten Abschreibungen aus Gj vor dem 1.1.2009 in Höhe von 44.000 EUR.
  • Die unversteuerten Rücklagen stammen aus einem früheren Grundstücksverkauf und sind Reinvestitionsrücklagen nach § 6b Abs. 3 EStG.
  • Die steuerlich motivierten Abschreibungen resultierten aus einer Anlage, die steuerrechtlich abgeschrieben war, aber handelsrechtlich noch 4 Jahren Restnutzungsdauer aufwies.
  • Der Steuersatz für den Ansatz latenter Steuern belief sich auf 30 %.
 
Aktiva Bilanz zum 31.12.2009 Passiva
  A. EK  
Anlagen 44.000 I. Gez. Kapital
   
SoPo 120.000
   
B. Rückstellung

Behandlung des Sachverhalts im Jahresabschluss 2010 bei Nichtausübung des Beibehaltungswahlrechts:

  • Erfolgsneutrale Umgliederung des auf unversteuerte Rücklagen entfallenden Teils des Sonderpostens in Höhe von 7.000 EUR (Teilmenge I) in die Gewinnrücklagen nebst Berücksichtigung latenter Steuern wegen Fortbestands des Sonderpostens in der Steuerbilanz.
  • Erfolgsneutrale Umgliederung des auf steuerlich motivierte Abschreibungen aus Gj vor dem 1.1.2009 entfallenden Teils des Sonderpostens in Höhe von 44.000 EUR (Teilmenge II) in die Gewinnrücklagen nebst Berücksichtigung latenter Steuern wegen Fortbestands des Sonderpostens in der Steuerbilanz:
 
Datum Konto Soll Haben
1.1.2010 Sonderposten (Teilmenge I+II) 120.000  
  Gewinnrücklagen   84.000
  Passive latente Steuern   36.000
31.12.2010 Abschreibungen Anlagen 11.000  
  Wertminderungen Anlagen   11.000
  Passive latente Steuern 3.300  
  Steuern vom Einkommen und Ertrag   3.300
 
Aktiva Bilanz zum 31.12.2010 Passiva
  A. EK  
I. Gez. Kapital
Anlagen 33.000    
III. Gewinnrücklagen 84.000
   

Jahresergebnis

E. Passive lat. Steuern

(– 7.700)

32.700

Behandlung des Sachverhalts im Jahresabschluss 2011 ff. bei Nichtausübung des Beibehaltungswahlrechts

Die passive latente Steuer bestand – jeweils an die Auflösung der Differenz zwischen handels- und steuerrechtlicher Darstellung angepasst – auch in der Bilanz zum 31.12.2011. Und solange der Teil des Sonderpostens mit Rücklageanteil – bestehend aus unversteuerten Rücklagen sowie dem Teil des Sonderpostens mit Rücklageanteil aus steuerlich motivierten Abschreibungen aus Gj vor dem 1.1.2009 – in der Steuerbilanz angesetzt wird, auch darüber hinaus fort.

Behandlung des Sachverhalts im Jahresabschluss 2010 bei Ausübung des Beibehaltungswahlrechts

Der Sonderposten wurde weiter unter Beachtung der Vorschriften der Altregelungen ausgewiesen und aufgelöst.

 
Datum Konto Soll Haben
31.12.2010 Abschreibungen Anlagen 11.000  
  Wertminderungen Anlagen   11.000
31.12.2010 Sonderposten mit Rücklageanteil 11.000  
  Sonstige betr. Ertrag (Auflösung Sonderposten mit Rücklageanteil)   11.000
 
Aktiva Bilanz zum 31.12.2010 Passiva
  A. EK  
Anlagen 33.000 I. Gez. Kapital  
Jahresergebnis (0)
SoPo 109.000
 
B. Rückstellunge  
 

Rz. 76

Bzgl. der Auflösung des Sonderpostens mit Rücklageanteil bei Nutzung des Beibehaltungswahlrechts stellt sich die Frage, wie lange die Altregelungen noch gelten sollen. Unproblematisch ist dies bei steuerrechtlichen Abschreibungen, da hier der Sonderposten mit Rücklageanteil im Rahmen der planmäßigen Abschreibung weiter verringert werden muss. Am Ende der Nutzungsdauer ist der im Sonderposten aus diesem Sachverhalt stammende Teil komplett abgebaut. Problematisch ist dagegen der Sachverhalt der steuerlich neutralisierten Übertragung gem. § 6b EStG von stillen Reserven auf andere VG, wenn diese Übertragung erst in einem Gj erfolgt, in dem das BilMoG bereits angewendet wird. Einerseits wollte der Gesetzgeber mit der Streichung der umgekehrten Maßgeblichkeit diese Effekte aus der Handelsbilanz heraushalten, andererseits wurde explizit bei dem Beibehaltungswahlrecht die alte Rechtslage konserviert.[1] Auch wenn die Übertragung auf ein während der BilMoG-Anwendung erworbe...

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