Rz. 30

Es existieren folgende Formen des Prüfungsurteils:

  • uneingeschränktes Prüfungsurteil,
  • eingeschränktes Prüfungsurteil,
  • versagtes Prüfungsurteil,
  • Nichtabgabe eines Prüfungsurteils.
 

Rz. 31

Da bei einem eingeschränkten Bestätigungsvermerk zwischen Einwendungen und Prüfungshemmnissen als Grund für die Einschränkung differenziert wird, ergibt sich folgendes Schaubild:

 

Abb. 3: Arten des Prüfungsurteils

 

Rz. 32

Wenn nach dem abschließenden Ergebnis der Prüfung der Abschlussprüfer keine wesentlichen Beanstandungen gegen den Jahresabschluss zu erheben hat, ist zum Jahresabschluss ein uneingeschränktes Prüfungsurteil abzugeben.[1] Entsprechendes gilt für das Prüfungsurteil zum Lagebericht.[2]

Ein uneingeschränktes Prüfungsurteil trifft somit die positive Gesamtaussage des Abschlussprüfers, dass[3]

  • die von ihm durchgeführte Prüfung zu keinen Einwendungen geführt hat und dass Buchführung und Jahresabschluss den gesetzlichen Vorschriften entsprechen
  • der Jahresabschluss unter Beachtung der GoB oder sonstiger maßgeblicher Rechnungslegungsgrundsätze ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Ges. vermittelt (Generalnorm des § 264 Abs. 2 HGB),
  • der Lagebericht mit dem Jahresabschluss in Einklang steht, den gesetzlichen Vorschriften entspricht und insg. ein zutreffendes Bild von der Lage der Ges. vermittelt,
  • im Lagebericht die Chancen und Risiken der zukünftigen Entwicklung zutreffend dargestellt sind, sowie
  • etwaige sonstige Prüfungsgegenstände, für die explizit Aussagen im Bestätigungsvermerk gefordert sind und die nicht aufgrund ihres Charakters i. R. d. Prüfungsurteile zum JA bzw. zum LB Berücksichtigung finden können, den in Bezug auf sie geltenden maßgebenden gesetzlichen Vorschriften entsprechen.
 

Rz. 33

Die Bestätigung, dass der Jahresabschluss der Generalnorm des § 264 Abs. 2 HGB entspricht, ist auch dann abzugeben, wenn kleine KapG gesetzliche Erleichterungen für die Aufstellung des Jahresabschlusses – z. B. Ausweis eines Rohergebnisses in der GuV nach § 276 Satz 1 HGB – wahrnehmen. Nehmen KapG/KapCoGes die Aufstellungserleichterungen gem. § 264 Abs. 3 HGB bzw. § 264b HGB in Anspruch und stellen keinen Anhang auf, kann die Generalnorm allerdings nicht bestätigt werden.[4] In diesen Fällen ist Satz 2 der empfohlenen Formulierung (Rz 186) somit wegzulassen. Gleiches gilt für Abschlussprüfungen von Ges., die aufgrund ihrer Rechtsform nicht verpflichtet sind, die Anforderungen der Generalnorm des § 264 Abs. 2 HGB zu erfüllen.[5] Grds. unterscheidet IDW PS 400 n. F. zwischen[6]

  • Rechnungslegungsgrundsätzen zur sachgerechten Gesamtdarstellung und
  • Rechnungslegungsgrundsätzen zur Ordnungsmäßigkeit.

Rechnungslegungsgrundsätze zur sachgerechten Gesamtdarstellung fordern Angaben im Abschluss, wenn sonst keine sachgerechte Gesamtdarstellung durch den Abschluss erreicht wird oder fordern explizit eine Abweichung von diesen Grundsätzen, wenn sonst in äußerst seltenen Fällen keine sachgerechte Gesamtdarstellung durch den Abschluss erreicht wird. Konkret bedeutet dies, dass der Abschluss neben den eigentlichen Finanzaufstellungen (Bilanz, GuV) auch einen Anhang enthalten muss. Entsprechend rechnen Jahres- und Konzernabschlüsse nach den für KapG geltenden handelsrechtlichen Vorschriften, nach IFRS oder nach US-GAAP zu dieser Kategorie.[7] Zur zweiten Kategorie zählen Abschlüsse, die ausschl. aus Finanzaufstellungen bestehen, wie die für alle Kaufleute maßgeblichen Vorschriften der §§ 238256a HGB.

 

Rz. 34

Die Einhaltung der Generalnorm des § 264 Abs. 2 HGB kann auch für Branchen bestätigt werden, die über spezielle Bewertungsvorschriften verfügen (z. B. Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute sowie VersicherungsUnt und Pensionsfonds).

 

Rz. 35

Ein uneingeschränktes Prüfungsurteil zum Abschluss setzt voraus, dass auf die Rechnungslegung bezogene Vorschriften des Gesellschaftsvertrags bzw. der Satzung eingehalten wurden.[8]

 
Praxis-Beispiel

Eine i. S. d. § 267 HGB mittelgroße GmbH nimmt bei Aufstellung des Jahresabschlusses die größenabhängigen Erleichterungen nach §§ 276 Satz 1, 288 Satz 2 HGB in Anspruch. Der Gesellschaftsvertrag der GmbH enthält die Regelung, dass der Jahresabschluss nach den für große KapG geltenden Vorschriften aufzustellen ist.

Der Jahresabschluss ist nicht in Übereinstimmung mit dem Gesellschaftsvertrag aufgestellt worden. Der Abschlussprüfer hat ein eingeschränktes Prüfungsurteil zum Jahresabschluss zu erteilen.

 

Rz. 36

Wurde bei Aufstellung des Jahresabschlusses eine gesetzeswidrige Bestimmung des Gesellschaftsvertrags oder Satzung angewandt (z. B. zur Rücklagendotierung entgegen § 58 AktG), ist bei Wesentlichkeit der Beanstandung das Prüfungsurteil zum Jahresabschluss einzuschränken oder ggf. zu versagen.[9]

 

Rz. 37

Ist im Fall einer Erstprüfung[10] der Vorjahresabschluss nicht geprüft oder zu diesem ein Versagungsvermerk erteilt worden, schließt dies die Erteilung eines uneingeschränkten Prüfungsurteils zum Jahresabschluss nicht aus, sofern die Vorausse...

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