Rz. 80

Strukturierte Finanzinstrumente (Compound Instruments) haben in der Praxis weite Verbreitung gefunden. Hierbei handelt es sich um Finanzinstrumente, die aus einem Basisinstrument, i. d. R. eine Forderung oder Schuldverschreibung, und einem oder mehreren Derivaten (insb. Optionen) vertraglich zu einer Einheit zusammengesetzt sind. Aufgrund des eingebetteten Derivats werden die Zahlungsströme des strukturierten Finanzinstruments insgesamt oder tw. ähnlichen Risiken in Abhängigkeit von einer Basisvariablen ausgesetzt wie durch ein freistehendes Derivat, z. B. der Entwicklung eines bestimmten Zinssatzes, der Preisentwicklung von bestimmten Aktien, Anleihen, Edelmetallen oder Rohstoffen, einer Indexentwicklung, einem Bonitätsrating oder einer anderen Variablen wie Wetter- oder Katastrophenereignisse. Diese Instrumente sind grds. als einheitlicher VG bzw. einheitliche Verbindlichkeit zu bilanzieren.[1] Wenn sie jedoch durch das eingebettete Derivat im Vergleich zum Basisinstrument wesentlich erhöhte oder zusätzliche (andersartige) Risiken oder Chancen aufweisen, handelt es sich bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise um zwei Instrumente, die im Interesse einer zutreffenden Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage grds. getrennt voneinander zu bilanzieren sind;[2] Beispiele hierfür sind Equity Linked Notes und Credit Linked Notes.

 

Rz. 81

Eine Equity Linked Note oder auch Aktienanleihe ist eine Anleihe mit Rückzahlungswahlrecht in Aktien. Sie setzt sich bei wirtschaftlicher Betrachtung aus einer Festzinsanleihe und einer dem Emittenten eingeräumten Aktienverkaufsoption zusammen. Durch das Optionsrecht des Emittenten wird die mit einer Festzinsanleihe üblicherweise verbundene Kapitalgarantie (Rückzahlung zu 100 %) aufgehoben. Sinkt der Kurs der Aktien unter den Basispreis der Verkaufsoption, wird der Emittent von seinem Recht auf Rückzahlung in Aktien Gebrauch machen. Je tiefer der Aktienkurs sinkt, desto geringer fällt die Rückzahlung aus. Für die Übernahme dieses Risikos erhält der Erwerber einer Equity Linked Note eine Prämie in Form eines Zinsaufschlags. Da bei einer Equity Linked Note neben dem Zinsrisiko mit dem Aktienkursrisiko ein wesentliches zusätzliches Risiko besteht, ist sowohl beim Emittenten als auch beim Erwerber grds. die eingebettete Option von der Anleihe getrennt zu bilanzieren.[3]

 

Rz. 82

Eine Credit Linked Note ist eine Schuldverschreibung, die bei Fälligkeit nur dann zum Nennwert getilgt wird, wenn ein vertraglich definiertes Kreditereignis (Credit Event) bzgl. eines Referenzaktivums nicht eintritt. Die Emittenten des Referenzaktivums und der Credit Linked Note sind nicht identisch. Bei Eintritt des Kreditereignisses wird die Credit Linked Note nur i. H. d. Restwerts des Referenzaktivums getilgt. Wirtschaftlich betrachtet handelt es sich bei diesem Finanzinstrument somit um die Kombination einer Schuldverschreibung des Emittenten der Credit Linked Note mit einem Credit Default Swap in Bezug auf das Referenzaktivum. Die Prämie, die der Erwerber einer Credit Linked Note für die Übernahme des Ausfallrisikos erhält, ist als Zuschlag in den Zinscoupon der Credit Linked Note integriert. Das Ausfallrisiko aus dem eingebetteten Credit Default Swap ist sowohl beim Emittenten als auch beim Erwerber grds. von der Credit Linked Note abzuspalten und getrennt zu bilanzieren.[4]

[1] Vgl. IDW RS HFA 22.
[2] Zu den Kriterien für eine getrennte Bilanzierung im Einzelnen vgl. IDW RS HFA 22.15 ff.
[3] Für weitergehende Erläuterungen, insb. zur Aufteilung der AK, zur Folgebewertung und zum Ausweis der Erfolgsbeiträge, wird auf Spanier, Rechnungslegung, S. 63 f. verwiesen.
[4] Nach IDW RS BFA 1 kann der gesonderte Ausweis der zusätzlichen Sicherungsgeberposition aus dem Credit Default Swap unterbleiben, sofern der Grundsatz der Wesentlichkeit nicht verletzt wird.

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