Rz. 26

Erwirbt ein Unt einen VG zu unüblichen Konditionen, ist regelmäßig eine Anpassung des Rechnungspreises zu prüfen. Ein solcher Fall liegt bspw. vor, wenn der Verkäufer dem Erwerber einen formal unverzinslichen Lieferantenkredit gewährt. In diesem Fall gilt der Barwert der Verpflichtung anstelle des Rechnungspreises als AK, sofern die Beträge wesentlich voneinander abweichen. Zu begründen ist dies durch die Rechtsnatur dieses Geschäfts, das sich eigentlich aus zwei eigenständigen Geschäften (dem Verkauf des VG und der Kreditgewährung) zusammensetzt.[1]

 
Praxis-Beispiel

Die Bau-OHG benötigt für einen anstehenden Großauftrag dringend einen Spezialbagger. Für diesen Spezialbagger liegt der Bau-OHG ein Angebot des Herstellers A vor. Die Bau-OHG und der Hersteller A vereinbaren einen Kaufpreis i. H. v. 250 TEUR und ein Zahlungsziel von sechs Monaten (180 Tagen). Bei Zahlung innerhalb von 14 Tagen wird ein Skontoabzug i. H. v. 5 % gewährt.

Aufgrund ihrer derzeit angespannten Liquiditätslage ist die Bau-OHG darauf angewiesen, den Spezialbagger auf Ziel zu erwerben. Am 1.10.01 wird der Kaufvertrag mit dem Hersteller A geschlossen; noch am selben Tag wird der Spezialbagger geliefert. Die Skontofrist lässt die Bau-OHG ungenutzt verstreichen.

Beurteilung

Für den sechsmonatigen Lieferantenkredit des Herstellers ergibt sich abgeleitet aus dem Skonto von 5 % ein effektiver Jahreszinssatz von ca. 11,4 %.[2] Der Barwert der Verpflichtung beträgt in diesem Fall bei Anwendung des ICMA-Verfahrens 250.000 × 1,118–0,5 = 236.863 EUR. Der Zinsanteil beläuft sich somit auf 250.000 – 236.863 = 13.137 EUR.

Buchungssatz am 1.10.01 (in EUR):

 
Konto Soll Haben
Technische Anlagen und Maschinen 236.863  
Verbindlichkeiten aus L&L   236.863

Buchungssatz am 31.12.01 (in EUR; auf die Darstellung von Abschreibungen wird verzichtet):

 
Konto Soll Haben
Zinsaufwand 6.568,50  
Verbindlichkeiten aus L&L   6.568,50

Buchungssätze am 31.3.02 (in EUR):

 
Konto Soll Haben
Zinsaufwand 6.568,50  
Verbindlichkeiten aus L&L 243.431,50  
Bank   250.000
 

Rz. 27

Eine Anpassung der AK ist ebenso geboten, wenn sich ein zinsgünstiges Finanzierungsgeschäft und überhöhte AK gegenüberstehen, da die überhöhten AK bei einer wirtschaftlichen Betrachtung als vorausgezahlte Zinsen zu interpretieren sind.[3] Zur Bestimmung der AK ist der Rechnungspreis um den Zinsanteil zu verringern.

 
Praxis-Beispiel

Der Bau-OHG liegt ein Angebot über einen Muldenkipper vor. Der Kaufpreis beträgt 250 TEUR. Die Kaufpreiszahlung ist ein Jahr nach Abschluss des Kaufvertrags fällig. Zusätzlich werden Zinsen i. H. v. 1 % p. a. des Kaufpreises erhoben. Diese sind halbjährlich zu entrichten. Marktüblich wäre ein Zinssatz von 5 % p. a. Der Vertragsabschluss und die Auslieferung des Muldenkippers fallen auf den 1.7.01.

Beurteilung

In dem vorliegenden Beispiel ist der Kauf des Muldenkippers mit einem Finanzierungsgeschäft verbunden. Der Zinssatz des Finanzierungsgeschäfts liegt mit 1 % p. a. deutlich unter dem marktüblichen Zinssatz i. H. v. 5 % p. a. Weicht – wie in diesem Fall – der Zinssatz des Finanzierungsgeschäfts stark zugunsten des Käufers vom üblichen Marktzins ab, so kann regelmäßig von überhöhten AK ausgegangen werden.

Einschl. Zinsen beläuft sich die Verbindlichkeit der Bau-OHG auf 252.500 EUR. Die Diskontierung mit dem marktüblichen Zinssatz i. H. v. 5 % p. a. ergibt den Barwert der Verbindlichkeit und somit die angepassten AK:

252.500 EUR/1,05 = 240.476 EUR.

Buchungssatz am 1.7.01 (in EUR):

 
Konto Soll Haben
Technische Anlagen und Maschinen 240.476  
Verbindlichkeiten aus L&L   240.476

Buchungssätze am 31.12.01 (in EUR; auf die Darstellung von Abschreibungen wird verzichtet):

 
Konto Soll Haben
Zinsaufwand 1.250  
Bank   1.250
Zinsaufwand 4.762  
Verbindlichkeiten aus L&L   4.762

Buchungssätze am 30.6.02 (in EUR):

 
Konto Soll Haben
Zinsaufwand 4.762  
Zinsaufwand 1.250  
Verbindlichkeiten aus L&L 245.238  
Bank   251.250
 

Rz. 28

Umgekehrt ist bei einem günstigen Kaufpreis und überhöhten Zinszahlungen der Kaufpreis um den Barwert des Zinsanteils (der in diesem Fall einen verdeckten Kaufpreisanteil darstellt) zu erhöhen. Dieser Zinsanteil erhöht die korrespondierende Verbindlichkeit aus L&L. Er wird als Teil des erfolgsneutralen Anschaffungsvorgangs nicht aufwandswirksam.

 
Praxis-Beispiel

Die Bau-OHG kann einen Radlader zu einem vergleichsweise günstigen Kaufpreis von 150 TEUR erwerben. Die Kaufpreiszahlung nebst Zinsen ist erst in einem Jahr fällig. Der Zinssatz beträgt 50 % p. a. des Kaufpreises. Der marktübliche Zinssatz liegt bei 5 % p. a. Der Vertragsabschluss und die Lieferung des Radladers finden am 1.7.01 statt.

Beurteilung

In diesem Fall liegt der Zinssatz des Finanzierungsgeschäfts weit über dem marktüblichen Zinssatz. Im Gegenzug kann die Bau-OHG den Radlader zu einem günstigen Kaufpreis erwerben. Nach einem Jahr sind insgesamt 150.000 EUR × (1 + 0,50) = 225.000 EUR zu zahlen. Um die angepassten AK zu ermitteln, wird dieser Betrag mit dem marktüblichen Zinssatz diskontiert:

225.000 EUR / (...

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