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I. R. d. Darstellung der Tatbestandsmerkmale des § 264d HGB ist eine Bezugnahme auf zentrale Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) erforderlich.[1] Durch das WpHG wird in Deutschland der Wertpapierhandel reguliert. Gleichzeitig sind hier Kontrollmechanismen für DienstleistungsUnt, die mit Wertpapieren oder Finanztermingeschäften handeln, festgelegt. Ferner werden im WpHG Veröffentlichungspflichten konkretisiert, die für börsennotierte Unt gelten.

§ 2 Abs. 11 WpHG enthält für den Begriff des organisierten Markts die Legaldefinition.

Vereinfacht können die Kriterien für einen organisierten Markt i. S. d. § 2 Abs. 11 WpHG wie folgt skizziert werden:[2]

  • Markt, der von staatlichen Stellen geregelt und überwacht wird.
  • Kontinuierliches Handelsgeschehen (Regelmäßigkeit).
  • Öffentlichkeit hat mittelbaren oder unmittelbaren Zugang.

Zudem greift unter Berücksichtigung von § 2 Abs. 11 WpHG eine räumliche Eingrenzung. Danach liegt ein organisierter Markt nur vor, wenn er im Inland, in der EU oder dem EWR betrieben wird. Ein Unt, das z. B. Wertpapiere ausschl. in den USA begeben hat, ist somit keine kapitalmarktorientierte KapG i. S. d. § 264d HGB.

Die gesetzlichen Marksegmente sind in Europa der regulierte Markt und der Open Market (bis Oktober 2005 als Freiverkehr bezeichnet). Der Begriff des regulierten Markts beschreibt einen innerhalb der EU bzw. des EWR staatlich geregelten Markts entsprechend der Europäischen Finanzmarktrichtlinie 2014/65/EU. Die Europäische Finanzmarktrichtlinie löste zum 3.1.2018 die EU-Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 2004/39/EG ab. Der europäische Begriff des geregelten Markts ist im nationalen Recht unter dem Begriff organisierter Markt in § 2 Abs. 11 WpHG konkretisiert. Entgegen der staatlichen Regulierung auf dem regulierten Markt, findet im Open Market eine Regulierung durch die Börse selbst statt. Der Open Market ist daher kein organisierter Markt i. S. d. § 2 Abs. 11 WpHG und auch kein geregelter Markt i. S. d. Finanzmarktrichtlinie.[3] Auf der Grundlage der gesetzlichen Marktsegmente können die Wertpapierbörsen weitere eigene Teilmärkte bilden. So hat bspw. die Frankfurter Wertpapierbörse als weitere Teilmärkte unterhalb des organisierten Markts den General Standard und den Prime Standard gebildet. Beide Teilmärkte erfüllen die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 11 WpHG.

Auch für den Open Market gibt es z. B. an der Frankfurter Wertpapierbörse einen Teilmarkt, den sog. Entry Standard. Ebenso wie der Freiverkehr genügt auch der Entry Standard nicht den Bestimmungen des § 2 Abs. 11 WpHG.

Bei der Beantwortung der Frage, welche Märkte u. a. in Deutschland als geregelte Märkte gelten, kann die Webseite der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) weiterhelfen. Gemäß Art. 56 RL 2014/65/EU stellt die ESMA dort ein Verzeichnis zur Verfügung, anhand dessen die bestehenden geregelten Märkte nachvollzogen werden können.[4]

[1] Vgl. Kessler/Leinen/Strickmann, BilMoG, 2009, S. 108.
[2] Vgl. Kessler/Leinen/Strickmann, BilMoG, 2009, S. 109.
[3] Vgl. Markets in Financial Instruments Directive II – MiFID II, Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente v. 15.5.2014, EU-Amtsblatt v. 12.6.2014, L 173/349–496 sowie zugehöriger Verordnung v. 15.5.2014 Markets in Financial Instruments Regulation – MiFIR, ABl. EU v. 12.6.2014, L173/84–148.

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