Rz. 3

Auf Ebene des Konzerns sind für alle in den Konzernabschluss einbezogenen Unt latente Steuern nach § 274 HGB i. V. m. § 298 HGB und auf Konsolidierungsmaßnahmen nach §§ 306ff. HGB zu ermitteln. Die Bildung latenter Steuern erfolgt somit auf drei Ebenen.[1] Nachdem auf Ebene des Jahresabschlusses der Konzernges. die latenten Steuern (HB I) gebildet wurden, sind im nächsten Schritt auf die Anpassung dieser Buchwerte der VG, Schulden und RAP durch die konzerneinheitliche Bilanzierung und Bewertung (HB II) folglich auch Anpassungen der latenten Steuern vorzunehmen. Schließlich stellt die Erfassung latenter Steuern auf Konsolidierungsmaßnahmen die dritte Ebene der Ermittlung latenter Steuern dar.[2] § 306 ergänzt § 274 HGB für Zwecke der Kons., ihre Anwendungsbereiche sind aber verschieden. § 274 HGB regelt den Ansatz latenter Steuern im Jahresabschluss einschl. der HB II (Stufen 1 und 2), während § 306 HGB auf die Konsolidierungsmaßnahmen der §§ 300307 HGB Anwendung findet (Stufe 3).[3]

Bei der Aufstellung des Konzernabschlusses stellt sich die Frage, ob das Ansatzwahlrecht für einen Aktivüberhang gem. § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB, der durch Anpassungen an die konzerneinheitliche Bilanzierung und Bewertung entsteht, bereits in der HB II der einzubeziehenden Unt oder erst auf der Ebene der Summenbilanz ausgeübt wird.

 
Praxis-Beispiel

Ansatzwahlrecht Aktivüberhang nach § 274 i. V. m. § 298 HGB

Die in den Konzernabschluss einbezogenen Unt stellen in ihren jeweiligen Jahresabschluss (HB I) die folgenden latenten Steuern fest, die sich bei der Erstellung der HB II nicht verändern:

 
  TEUR
  • MU: aktive latente Steuern
500
  • TU1: passive latente Steuern
– 300
  • TU2: aktive latente Steuern
50

Folgende mögliche Ergebnisse bei der Ausübung des Ansatzwahlrechts zeigen sich in der Summenbilanz:

 
  Latente Steuern vor Konsolidierungsmaßnahmen
  TEUR
  • das Ansatzwahlrecht wird auf Ebene der HB II ausgeübt
250
  • das Ansatzwahlrecht wird in der HB II nicht ausgeübt
– 300
  • das Ansatzwahlrecht wird in der Summenbilanz nicht ausgeübt:
0

In Ermangelung einer gesetzlichen Regelung sind wohl alle drei in dem Beispiel dargestellten Ausweisvarianten als zulässig zu erachten. Die Ausübung des Ansatzwahlrechts auf der Ebene der Summenbilanz erscheint dem Einheitsgrundsatz folgend als die zu bevorzugende Betrachtungsweise.

Nicht erlaubt jedenfalls ist die Aktivierung von latenten Steuern nur einzelner in den Konzernabschluss einbezogener Unt (Teilaktivierung). Diese widerspricht dem Stetigkeitsgrundsatz (Rz 37).

 

Rz. 4

Der HGB-Fachausschuss des DRSC hält eine unterschiedliche Behandlung von aktiven latenten Steuern im Konzernabschluss in Abhängigkeit von deren Entstehung (Aktivierungswahlrecht nach § 274 Abs. 1 HGB i. V. m. § 298 Abs. 1 HGB vs. Aktivierungspflicht nach § 306 HGB) systematisch für nicht gerechtfertigt, da sich die unterschiedliche Behandlung nicht mit dem Einheitsgrundsatz des Konzernabschlusses vertrage (s. die zur Diskussion gestellte Frage 1 im E-DRÄS 11). Das IDW hält es dagegen in seiner Stellungnahme v. 27.2.2020 an das DRSC vor dem Hintergrund des geltenden Wortlauts für vertretbar und sinnvoll, auch weiterhin § 274 Abs. 1 HGB einheitlich auf Differenzen anzuwenden, die aus § 300 Abs. 2 HGB (Ansatz) und aus § 308 HGB (Bewertung) resultieren. Faktisch würde sonst für alle deutschen Unt, die in einen HGB-Konzernabschluss im Wege der Voll- oder Quotenkonsolidierung einbezogen werden, die Bilanzierungserleichterung ins Leere laufen. Auf Ebene der HB I nicht erforderliche detaillierte Ermittlungen bzgl. der genauen Höhe des Aktivüberhangs müssten spätestens auf Ebene der HB II nachgeholt werden.

 

Rz. 5

Es sind nicht allein die sich im Zeitablauf ausgleichenden GuV-wirksamen Differenzen zu berücksichtigen, sondern auch alle sich im Zeitablauf abbauenden GuV-neutral entstandenen Differenzen. Diese bilanzorientierte Betrachtungsweise wird dadurch zum Ausdruck gebracht, dass begrifflich (Steuerabgrenzung) auf die Differenz zwischen den handelsrechtlichen Wertansätzen der VG oder Schulden und deren steuerlichen Wertansätzen abgestellt wird.[4]

 

Rz. 6

Nach § 306 HGB sind auf Bewertungsunterschiede, die durch Konsolidierungsmaßnahmen des Vierten Titels des HGB (§§ 300307 HGB) entstehen, latente Steuern anzusetzen, soweit sich die Differenz in Zukunft voraussichtlich wieder abbauen wird und dieser Abbau Steuerwirkungen auslöst. Ebenso wie nach § 274 HGB ist auf eine Gesamtbetrachtung der entstehenden Latenzen abzustellen (§ 306 Satz 1 HGB). Anders als § 274 Abs. 1 HGB sieht § 306 HGB aber kein Wahlrecht für den Ansatz eines Aktivüberhangs vor. Der entstehende Aktiv- oder Passivüberhang darf zum einen saldiert oder unsaldiert ausgewiesen werden (§ 306 Satz 2 HGB), zum anderen ist eine Zusammenfassung mit dem oder den Posten aus § 274 HGB zulässig (§ 306 Satz 6 HGB).

 

Rz. 7

Die Vorschriften des § 306 HGB sind auch auf die Konsolidierung von GU (§ 310 HGB) und von assoziierten Unt (§§ 311, 312 HGB) anzuwenden (§§ 310 Abs. 2, 312 Abs. 5 Satz 3 HGB; DRS ...

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