Rz. 4

Nach Abs. 1 Satz 3 liegt ein Netzwerk vor, wenn Personen bei ihrer Berufsausübung zur Verfolgung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen für eine gewisse Dauer zusammenwirken.

 

Rz. 5

Gem. dieser Netzwerkdefinition müssen Personen bei ihrer Berufsausübung gemeinsam zusammenwirken. Nach der Gesetzesbegründung ist der Begriff "Personen" dem BGB entlehnt. Er umfasst sowohl natürliche als auch juristische Personen, wobei auch teilrechtsfähige Personenvereinigungen (z. B. GbR) unter den Begriff zu subsumieren sind.[1]

 

Rz. 6

Dem Tatbestandsmerkmal bei ihrer Berufsausübung kommt einschränkende Bedeutung zu. Gemeinsame wirtschaftliche Interessen sind nur relevant, wenn sie bei der Berufsausübung verfolgt werden. Damit fällt – umgekehrt – die Verfolgung wirtschaftlicher Interessen gelegentlich der Berufsausübung nicht in die Netzwerkdefinition. Folglich werden Mitgliedschaften in Berufsverbänden oder Ähnlichem, die zwar dauerhaft eingegangen werden, aber die Berufsausübung lediglich flankieren, soweit sie nicht bereits mangels Verfolgung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen aus der Netzwerkdefinition herausfallen, von der Vorschrift nicht erfasst.[2]

 

Rz. 7

Nach der Gesetzesbegründung soll durch die Verwendung des Begriffs "zusammenwirken" zum Ausdruck gebracht werden, dass es auf die rechtliche Ausgestaltung des Netzwerks – schon zur Vermeidung von Umgehungen – nicht ankommt, sondern jedes Zusammenwirken zur Begründung eines Netzwerks ausreichen kann. Darüber hinaus ist dem Begriff "Kooperation" immanent, dass das Zusammenwirken für eine gewisse Dauer erfolgen muss. Ein einmaliges oder nur gelegentliches Zusammenwirken genügt für die Annahme eines Netzwerks keinesfalls.[3]

 

Rz. 8

Zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Verfolgung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen ist auf die in Art. 2 Nr. 7 der Abschlussprüferrichtlinie aufgeführten Merkmale abzustellen. Danach ist als Netzwerk eine breitere Struktur definiert, die auf Kooperation ausgerichtet ist und der ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft angehört und die eindeutig auf Gewinn- und Kostenteilung abzielt.

Ein Netzwerk liegt nach dieser Definition auch vor bei

  • gemeinsamem Eigentum,
  • gemeinsamer Kontrolle,
  • gemeinsamer Geschäftsführung,
  • gemeinsamen Qualitätssicherungsmaßnahmen und -verfahren,
  • einer gemeinsamen Geschäftsstrategie,
  • der Verwendung einer gemeinsamen Marke,
  • der Verwendung gemeinsamer fachlicher Ressourcen.

Nach dem Wortlaut der Abschlussprüferrichtlinie und der Gesetzesbegründung ist dabei schon ausreichend, wenn die Netzwerkmitglieder mit ihrem Zusammenwirken ein einziges der in Art. 2 Nr. 7 Spiegelstrich 2 genannten Kriterien verfolgen.[4]

Die WPK hat einen Fragebogen veröffentlicht, mit dem die o. g. Kriterien operationalisiert werden.[5]

 

Rz. 9

Wird eine gemeinsame, den Außenauftritt bestimmende Marke verwandt, soll ohne Weiteres von einem Netzwerk ausgegangen werden können, weil dies als Indiz für das Vorliegen gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen gewertet wird.[6]

Bei Marken spielen insb. Wortmarken (sprachliches Zeichen), Bildmarken (grafisches Zeichen) und Bild-/Wortmarken eine Rolle. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um eine geschützte Marke handelt. Die WPK sieht das Merkmal einer gemeinsamen Marke als erfüllt an, wenn sich ein prägender Namensbestandteil des Zusammenschlusses in der Firma der Mitgliedsgesellschaften wiederfindet. Daneben ist die Verwendung einer gemeinsamen Marke immer dann gegeben, wenn der Außenauftritt durch ein gemeinsames Logo oder einen gleichlautenden Hinweis auf einen Zusammenschluss bestimmt wird. Dies ist nach Auffassung der WPK der Fall, wenn das Logo oder der Hinweis auf den Zusammenschluss auf dem Briefpapier bzw. im Internet auf der Startseite geführt wird oder dort mit "wenigen Seitenklicks" aufgerufen werden kann.[7] Die in der Praxis anzutreffende Verwendung eines gemeinsamen Logos (bspw. eines internationales Netzwerks) als Ganzes oder Teil des Firmennamens des Abschlussprüfers dürfte danach unstreitig auf eine Verbindung mit den anderen Logoträgern in einem Netzwerk hindeuten. Hiervon abzugrenzen sind jedoch Organisationen, bei denen das gemeinsam geführte Logo (bspw. einer internationalen Assoziation oder Allianz, nicht eines Netzwerks) bereits eine Erläuterung bzw. eine selbsterklärende Kooperationsbezeichnung enthält, dass kein Netzwerk vorliegt (z. B. "unabhängiges Mitglied von ABC")[8] und Fälle, in denen das Logo nach dem Gesamtbild in einer den Außenauftritt nicht bestimmenden Art und Weise verwendet wird.

 

Rz. 10

Die Verwendung des Begriffs "Netzwerk" oder "network" kann nach der Gesetzesbegründung bei einem objektiven, verständigen und informierten Dritten die Besorgnis der Befangenheit (§ 319 Abs. 2) hervorrufen, sofern diese Bezeichnung werbend im Geschäftsverkehr verwandt wird. Danach würde jeder objektive, verständige und informierte Dritte bei Verwendung des Worts Netzwerk schließen, dass ein Netzwerk i. S. d. § 319b Abs. 1 Satz 3 HGB vorliegt.[9]

[1] Vgl. BT-Drs. 16/10067 v....

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