Rz. 11

§ 324 HGB steht weiterhin im Zusammenhang mit der Umsetzung von EU-Recht. Auch wenn ein Prüfungsausschuss eingerichtet ist, ist der Aufsichtsrat nicht dazu verpflichtet, die für einen Prüfungsausschuss empfohlenen Aufgaben in vollem Umfang an den Prüfungsausschuss weiterzugeben. Die in Art. 39 der Abschlussprüferrichtlinie formulierten Aufgaben können auch von einem Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat selbst wahrgenommen werden. Da der deutsche Gesetzgeber von diesem Wahlrecht Gebrauch machen wollte, ist die Umsetzung im Wesentlichen im AktG erfolgt. § 324 HGB kommt nur die Funktion eines Auffangtatbestands zu. § 324 Abs. 1 Satz 1 HGB sieht die Verpflichtung vor, dass kapitalmarktorientierte Ges., die keinen Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat haben, der die Voraussetzungen des § 100 Abs. 5 AktG erfüllen muss (mind. ein Mitglied mit Sachverstand auf den Gebieten Rechnungslegung oder Abschlussprüfung, Vertrautheit aller Mitglieder mit der Branche des Unt), einen Prüfungsausschuss einzurichten haben, der die in § 107 Abs. 3 Sätze 2 und 3 AktG beschriebenen Aufgaben wahrnimmt. Diese Aufgaben sind die Überwachung

  • des Rechnungslegungsprozesses,
  • der Wirksamkeit der internen Kontrollsysteme,
  • der Wirksamkeit der Risikomanagementsysteme,
  • des internen Revisionssystems sowie
  • der Abschlussprüfung (hier insb. der Auswahl und der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers).
 

Rz. 12

Des Weiteren finden sich Pflichten des Prüfungsausschusses in der EU-VO Nr. 537/2014, die unmittelbar – d. h. ohne Umsetzung durch den nationalen Gesetzgeber – Geltung entfalten. Hier ist insb. die Verpflichtung zur Durchführung eines Auswahlverfahrens für die Wahl des Abschlussprüfers und die damit einhergehende Empfehlung zur Auswahl des Abschlussprüfers nach Art. 16 Verordnung (EU) Nr. 537/2014 zu nennen.[1]

 

Rz. 13

§ 100 Abs. 5 AktG schreibt vor, dass mind. ein Aufsichtsratsmitglied über Sachverstand auf dem Gebiet der Rechnungslegung und mind. ein weiteres Mitglied über Sachverstand auf dem Gebiet der Abschlussprüfung verfügen muss. Weiterhin müssen alle Mitglieder des Aufsichtsrates mit der Branche des Unt vertraut sein. Nimmt der Aufsichtsrat die Aufgaben des Prüfungsausschusses bei Nicht-PIE zulässigerweise selbst wahr, gelten die entsprechenden Sachkenntnisanforderungen für ihn damit unmittelbar; hat der Aufsichtsrat dagegen einen Prüfungsausschuss nach § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG bestellt oder besteht ein solcher nach § 324 HGB, sind die entsprechenden Anforderungen durch den Prüfungsausschuss zu erfüllen.

 

Rz. 14

Es bleibt dem Aufsichtsrat unbenommen, bei Nicht-PIE einen Prüfungsausschuss einzurichten und diesem insb. die Überwachung des Rechnungslegungsprozesses, der Wirksamkeit der internen Kontrollsysteme, der Wirksamkeit des Risikomanagementsystems und des internen Revisionssystems sowie der Abschlussprüfung zu übertragen (§ 107 Abs. 3 Satz 2 AktG). Mit der Vorschrift wird gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, dass die in § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG bezeichneten Aufgaben bereits bisher Aufgaben des Aufsichtsrates sind, die lediglich auf den Prüfungsausschuss übertragen werden können, ohne dass der Aufsichtsrat in seiner Gesamtheit dadurch aus seiner Verantwortung entlassen werden würde. Richtet der Aufsichtsrat einen Prüfungsausschuss ein, hat er dafür Sorge zu tragen, dass zumindest ein Mitglied des Prüfungsausschusses über Sachverstand auf dem Gebiet der Rechnungslegung und zumindest ein weiteres Mitglied des Prüfungsausschusses über Sachverstand auf dem Gebiet der Abschlussprüfung verfügt (§ 107 Abs. 4 AktG).

 

Rz. 15

Der Prüfungsausschuss kann Empfehlungen oder Vorschläge zur Gewährleistung der Integrität des Rechnungslegungsprozesses machen. Diese Vorschläge wären – der Systematik des AktG folgend – an den Aufsichtsrat zu erteilen.[2]

 

Rz. 16

Der Prüfungsausschuss soll die ihm durch den Aufsichtsrat übertragenen Aufgaben zeitnäher und effizienter erledigen als dies im (relativ großen) AR-Plenum möglich ist. Dabei besteht die Möglichkeit, dass der Aufsichtsrat dem Prüfungsausschuss nur bestimmte Teilbereiche überträgt. Die übrigen Aufgaben hat der Aufsichtsrat dann selbst wahrzunehmen.

 

Rz. 17

Insofern ist es konsequent, wenn angesichts des Aufgabenspektrums des Prüfungsausschusses zumindest ein Mitglied über einen entsprechenden Sachverstand verfügt und der gesamte Prüfungsausschuss Branchenkenntnisse haben muss.

[1] Vgl. ausführlich Meyer/Mattheus, DB 2016, S. 695.
[2] BT-Drs. 18/6282 v. 8.10.2015 S. 68.

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