Rz. 8

Neben dem Erwerb beinhaltet der Begriff des Anschaffungsvorgangs das Versetzen eines VG in den betriebsbereiten Zustand. V. a. im Bereich des Sachanlagevermögens findet der Begriff der Betriebsbereitschaft Verwendung. Ein VG gilt dann als betriebsbereit, wenn er entsprechend seiner Zweckbestimmung verwendet werden kann.[1] Welchen Zweck ein erworbener VG erfüllen soll, bestimmt der Erwerber. Die Zweckbestimmung beschreibt die konkrete Art und Weise, mit der der Erwerber den VG künftig zur Erzielung von Einnahmen nutzen will.[2]

Unter die Betriebsbereitschaftkosten fallen nur Aufwendungen, die notwendig sind, um einen VG bestimmungsgemäß nutzen zu können. Aufwendung für eine etwaige Optimierung eines Herstellungsvorgangs sind in diesem Sinne nicht notwendig. Die Betriebsbereitschaft an der Leistungsfähigkeit eines VG festzumachen, würde es dem Bilanzierenden erlauben, den Beginn der planmäßigen Abschreibung hinauszuzögern. Dies entspräche nicht dem Anliegen einer tendenziell vorsichtigen Vermögens- und Gewinnermittlung.

 

Rz. 9

Typische Aufwendungen, die in die AK einzubeziehen sind, um einen VG in Betriebsbereitschaft zu versetzen, sind:

  • Aufwendungen für Fundamentierungsarbeiten,
  • Aufwendungen für Montage- und Anschlussarbeiten,
  • Aufwendungen für Probeläufe,
  • Aufwendungen für innerbetriebliche Transporte.
 

Rz. 10

Aufwendungen der vorstehenden Art dürfen allerdings als Teil der AK nur aktiviert werden, wenn sie dem erworbenen VG einzeln zugerechnet werden können und auf die Herstellung der Betriebsbereitschaft ausgerichtet sind (Zweckbezogenheit). Durch das Einbeziehen der Betriebsbereitschaftskosten in die AK soll der Vorgang der Anschaffung eines VG möglichst erfolgsneutral behandelt werden.

 

Rz. 11

Vermögensgegenstände des UV (z. B. Vorräte) werden i. d. R. nicht in einen betriebsbereiten Zustand versetzt.

 

Rz. 12

Umstritten ist die Einordnung von sog. anschaffungsnahen Aufwendungen. Hierbei handelt es sich um Aufwendungen, die bei der Instandsetzung bzw. der Umrüstung von gebraucht erworbenen VG anfallen. Fraglich ist, ob es sich um AK, HK oder einen laufenden Erhaltungsaufwand handelt.

 

Rz. 13

Wird ein VG erworben, jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt in Betriebsbereitschaft versetzt, handelt es sich bei den damit verbundenen Aufwendungen ebenfalls um AK.

 
Praxis-Beispiel

Die in der spanabhebenden Industrie tätige X-KG kauft am 2.1.01 eine CNC-Fräsmaschine zu einem Preis von 165 TEUR. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der CNC-Fräsmaschine beträgt sechs Jahre. Die CNC-Fräsmaschine wird zunächst nicht in der Produktion eingesetzt, sondern auf Lager vorgehalten. Am 15.4.01 stößt die X-KG aufgrund voller Auftragsbücher an ihre Kapazitätsgrenze. Das Management beschließt daher, die auf Lager vorgehaltene CNC-Fräsmaschine umgehend in der Produktion einzusetzen. Zu diesem Zweck müssen jedoch zunächst ein Fundament gegossen sowie umfangreiche Installationsarbeiten durchgeführt werden. Insgesamt fallen hierfür 15 TEUR an. Die Arbeiten werden von einem externen Dienstleister durchgeführt. Die CNC-Fräsmaschine wird am 1.5.01 in Betrieb genommen.

Beurteilung

Die X-KG hat am 2.1.01 die Maschine mit 165 TEUR anzusetzen. Nach Abschluss der Inbetriebnahme sind weitere 15 TEUR zu aktivieren. Die gesamten AK der CNC-Fräsmaschine betragen somit 180 TEUR.

Aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs von Anschaffung und Inbetriebnahme (erstmalige Nutzung) der CNC-Fräsmaschine kann von einer wirtschaftlichen Abnutzung im Zeitraum der Lagerung der CNC-Fräsmaschine abgesehen werden.[3] Der Abschreibungsbeginn der CNC-Fräsmaschine kann somit auf den Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung (1.5.01) festgelegt werden. Bei Anwendung der linearen Abschreibung beträgt die planmäßige Abschreibung für das Jahr 01 20 TEUR.

 

Rz. 14

Auch Umrüstkosten zählen zu den AK, sofern ein gebraucht erworbener VG erst nach den Umrüstungsmaßnahmen seiner Zweckbestimmung zugeführt werden kann.[4] Um AK i. S. d. § 255 Abs. 1 HGB handelt es sich auch bei bereits in Betriebsbereitschaft befindlichen VG, die durch nachträgliche AK in einen objektiv höherwertigen betriebsbereiten Zustand versetzt werden. Im Wesentlichen betrifft dies Wohn- und Bürogebäude. Bei Wohn- und Bürogebäuden gehört zur Zweckbestimmung die Entscheidung, welchen Standard das Gebäude erfüllen soll. Der BFH[5] stuft den möglichen Standard eines Gebäudes ein in:

  • sehr einfach,
  • mittel oder
  • sehr anspruchsvoll.
 

Rz. 15

Führt der Erwerber eines Gebäudes, welches zwar betriebsbereit ist, jedoch nur einem sehr einfachen Standard entspricht, im Zuge des Erwerbs Baumaßnahmen durch, die das Gebäude auf einen vom Erwerber gewünschten höheren Standard anheben, so handelt es sich bei den zu diesem Zweck anfallenden Aufwendungen um AK i. S. d. § 255 Abs. 1 HGB, weil durch diese Baumaßnahmen der Zustand der Betriebsbereitschaft eines höheren Gebäudestandards erreicht wird. Plant der Erwerber hingegen beim Erwerb eines Gebäudes, welches in einem sehr einfachen Standard betriebsbereit ist, dieses grundlegend durch Baumaßn...

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