Rz. 1

Die Regelung zielt darauf ab, diejenigen Personen zu schützen, die im Inland mit den Niederlassungen ausländischer KapG in Beziehungen treten.[1] Dies soll erreicht werden, indem die ausländische Hauptniederlassung der inländischen Zweigniederlassung verpflichtet wird, ihre nach dem für sie maßgeblichen Recht aufgestellten, geprüften und offengelegten "Unterlagen der Rechnungslegung" (Rz 27 ff.) im Inland unter Anwendung der §§ 325, 327a, 328, 329 HGB offenzulegen bzw. zu hinterlegen. Auf EU-Ebene erfolgte eine Verschmelzung der Vierten und Siebenten EU-Richtlinie[2], die keine Änderungen im Bereich der Offenlegung vorsehen.[3]

 

Rz. 2

Die Globalisierung führt zu einem zunehmenden Engagement von ausländischen Unt in Deutschland, sodass das Bedürfnis nach einer Informationsmöglichkeit des Rechtsverkehrs gesehen wurde.[4] Insb. aufgrund der Rechtsprechung des EuGH zur Anerkennung von nach ausländischem Recht gegründeten Ges. im Inland[5] war deren zunehmende Verbreitung in Deutschland festzustellen. Diese wickeln regelmäßig ihre gesamte Unternehmenstätigkeit über eine deutsche Zweigniederlassung ab, während die ausländische Hauptniederlassung eine "Hülle" ohne geschäftliche Betätigung ist. Durch die Regelungen sollen Personen geschützt werden, die über die Zweigniederlassung mit der ausländischen Ges. in Beziehungen treten. Dies gilt unabhängig davon, dass i. R. d. Begleitgesetzgebung zum BREXIT der Versuch unternommen wurde, deutsche Zweigniederlassungen von Gesellschaften in der Rechtsform einer britischen Ltd. auf eine deutsche Rechtsform zu überführen.[6]

 

Rz. 3

Um diese Ziele zu erreichen, ordnet die Norm eine Offenlegung bzw. Hinterlegung der nach ausländischem Recht offenzulegenden Unterlagen im Inland an. Um die hieraus entstehenden Belastungen für die betroffenen Unt zu beschränken, werden Anforderungen definiert, unter denen Erleichterungen (insb. hinsichtlich der Sprache) genutzt werden können. Zugleich wurde die Elfte EG-Richtlinie[7] in deutsches nationales Recht umgesetzt. Damit soll erreicht werden, dass inländische Zweigniederlassungen ausländischer KapG innerhalb der EU den gleichen Publizitätspflichten unterliegen wie inländische KapG.[8] Hingegen ist eine gesonderte Rechnungslegung für die Aktivitäten der inländischen Zweigniederlassung handelsrechtlich nicht erforderlich.[9]

 

Rz. 4

Durch das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz[10] wurden in § 325 HGB formale und redaktionelle Änderungen vorgenommen (§ 325 Rz 8). Diese können auch mittelbare Auswirkungen i. R. d. § 325a HGB haben. Hingegen ist eine unmittelbare Änderung dieser Norm unterblieben.

 

Rz. 5

Der Gesetzgeber hat durch das ARUG II § 325a Abs. 1 HGB um einen Satz 2 und 3 ergänzt. Hierzu wird auf Rz 36 verwiesen. Diese Regelung hat deklaratorischen Charakter, weil damit die schon bisher vertretende Auffassung umgesetzt wird, dass bei mehreren inländischen Zweigniederlassungen eine Offenlegung durch eine der inländischen Zweigniederlassungen ausreichend ist und bei den übrigen Zweigniederlassungen lediglich der Name der Zweigniederlassung, des Registers sowie der Registernummer der Zweigniederlassung offenzulegen ist.

 

Rz. 6

Die aktuelle Corona-Pandemie und die hiermit verbundenen Auswirkungen haben dazu geführt, dass die Abhängigkeit von ausländischen Mutterges. z. T. besonders deutlich geworden ist. Schließlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass wirtschaftliche Probleme der Mutter auch andere Konzernges. erfassen oder die Frage virulent wird, inwieweit eine Mutterges. in der Lage ist, ihre (ausländischen) Tochterges. wirtschaftlich zu unterstützen (z. B. um eine Aufrechterhaltung der Lieferketten zu gewährleisten). Vor diesem Hintergrund bleibt abzuwarten, inwieweit es zu einer Anpassung dieser Regelungen kommen wird.

 

Rz. 7

Durch den mit dem DiRUG[11] mit Wirkung vom 1.1.2022 eingefügten Abs. 4 soll gewährleistet werden, dass die Offenlegung auch unverzüglich umgesetzt wird, wenn sich Änderungen der Unterlagen der Rechnungslegung nach Abs. 1 ergeben haben.

[1] Vgl. auch BT-Drs. 12/3908 3.12.1992 S. 1 sowie zu den Zielen der Zweigniederlassungsrichtlinie Kindler, NJW 1993, S. 3302.
[2] RL 2013/34/EU, ABl. EU L 182 v. 29.6.2013.
[3] Vgl. Kreipl/Müller, Stbg 2012, S. 404.
[4] Vgl. zur tatsächlichen Nutzung dieser Möglichkeit Grottke/Löffelmann/Späth/Haendel, DStR 2012, S. 97 f.
[5] Vgl. insb. EuGH, Urteil v. 9.3.1999, Rs. C-212/97 (Centros), Slg. 1999, S. I-1459; Urteil v. 5.11.2002, Rs. C-208/00 (Überseering), Slg. 2002, S. I-09919; Urteil v. 30.9.2003, Rs. C-167/01 (Inspire Art), Slg. 2003, S. I-10155.
[6] Vgl. BT-Drs. 12/3908 3.12.1992 S. 1.
[7] Zweigniederlassungsrichtlinie – 89/666/EWG – v. 21.12.1989, ABl. EG L 395/36 v. 30.12.1989.
[8] Vgl. z. B. Veit, BB 1997, S. 461; Kaya/Zenk, KoR 2011, S. 96.
[9] Hiervon unabhängig bleibt die Frage, wie für steuerliche Zwecke das Einkommen zu ermitteln ist. Dies kann ggf. auch durch Einnahmeüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG oder einen unvollständigen Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG gesc...

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