Rz. 197

Ein weiterer Gestaltungsansatz ist für haftungsbeschränkte Personenhandelsges. besonders interessant. Dabei gilt es, den Umstand zu nutzen, dass die Offenlegungspflicht nur besteht, wenn keine natürliche Person als Komplementär an der Ges. beteiligt ist, wie dies bei der klassischen GmbH & Co. KG der Fall ist. Hierbei kann auf die Gestaltungsansätze zurückgegriffen werden, die genutzt wurden, um die Prüfungspflicht i. R. d. KapCoRiLiG zu verhindern (s. zu solchen Gestaltungsmöglichkeiten Rz 176 ff.). Der wohl bedeutendste Ansatz in diesem Bereich ist das sog. Vollhafter-Modell.[1]

 

Rz. 198

Denkbar ist, dass KapG eine Umwandlung in eine PersG vornehmen, um so in den Anwendungsbereich dieses Ansatzes zu kommen. Allerdings haben bereits die Ausführungen unter Rz 192 ff. gezeigt, dass es sich hierbei um einen vergleichsweise grundlegenden Eingriff handelt. Vorteilhaft kann für die bisherigen Gesellschafter jedoch sein, dass sie in der neuen Ges. nicht zwingend die Stellung eines Komplementärs einnehmen müssen. Insoweit besteht möglicherweise eher die Bereitschaft, an einer solchen Umstrukturierung mitzuwirken.

 

Rz. 199

An der Personenhandelsges. wird eine natürliche Person beteiligt, die unbeschränkt haftet. Da für die bisherigen Gesellschafter die Begrenzung ihrer persönlichen Haftung häufig ein wesentliches Motiv für die gewählte Struktur war, werden sie sich regelmäßig nicht bereit erklären, die Rolle des Vollhafters zu übernehmen. Folglich muss eine andere Person gefunden werden. Denkbar ist, eine vermögenslose Privatperson zu verwenden. Da diese i. d. R. keinen Einfluss auf die Geschäftsführung haben soll, wird sie im Innenverhältnis von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen.[2]

 

Rz. 200

Zumindest nach bisherigem Verständnis würde diese Vorgehensweise dazu führen, dass die Offenlegungspflicht vermieden wird. Bisher ist lediglich für Zwecke des § 264a HGB die Auffassung vertreten worden, dass die Hereinnahme einer natürlichen Person zur Vermeidung des § 264a HGB nicht ausreichend sein soll.[3] Dies entspricht jedoch nicht der hM und steht auch nicht im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut. Für die Praxis wären mit dieser Auffassung vielfältige Schwierigkeiten verbunden, die eine praktikable Abgrenzung kaum möglich erscheinen lassen. Es müsste eine Grenze des Einflusses des Vollhafters festgelegt und abgegrenzt werden können, deren Unterschreiten als "schädlich" zu qualifizieren wäre. Da der Status des vollumfänglich persönlich haftenden Gesellschafters unabhängig von der Geschäftsführung und Vertretung der Ges. ist, könnten hierfür keine hohen Anforderungen gestellt werden, ohne dass auch eine Vielzahl von Fällen erfasst wird, bei denen diese Struktur aus anderen Gründen gewählt wurde.

 

Rz. 201

Gleichwohl besteht eine Reihe von zivilrechtlichen Problemen: Fraglich ist, ob dieses Modell zu einer Benachteiligung der Gläubiger der Ges. führt, was nicht nur bei einer evtl. Insolvenz, sondern auch i. R. d. laufenden Geschäftsverkehrs u. U. zu Problemen führen kann. Sofern der Gesellschafter ausscheidet, haftet er gem. §§ 160ff. HGB für fünf Jahre für Verbindlichkeiten der Ges. fort. Ferner ist zu überlegen, wie bei einem evtl. Erbgang des Vollhafters zu verfahren ist, insb. inwieweit im Kreis der Erben die Bereitschaft besteht, die Funktion des Vollhafters zu übernehmen. Nicht auszuschließen ist eine Durchgriffshaftung, wenn der Vollhafter zwar nach außen als Geschäftsführer auftritt, im Innenverhältnis jedoch vollständig ggü. den beschränkt haftenden Ges. weisungsabhängig ist.

 

Rz. 202

Ein Vorteil dieser Gestaltung besteht darin, dass mit ihr nicht nur die Offenlegung nach § 325 HGB vermieden wird, sondern auch die Prüfungspflicht gem. § 316 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 264a HGB. Ob diese Vorteile und die sich hieraus ergebenden Kosteneinsparungen ausreichen, um die Nachteile auszugleichen, bedarf einer sorgfältigen Analyse des Einzelfalls, insb. vor dem Hintergrund möglicherweise als Vollhafter in Betracht kommender Personen.

 

Rz. 203

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn die Ges. bisher nicht originär gewerblich tätig, sondern nur gewerblich geprägt i. S. v. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG war. Durch den Eintritt der natürlichen Person als Vollhafter entfällt die gewerbliche Prägung, sodass von einer Betriebsaufgabe und einem Übergang zu einer vermögensverwaltenden Tätigkeit auszugehen ist. Hiermit verbunden sind die Aufdeckung und Besteuerung der stillen Reserven.

[1] Vgl. z. B. Dorozala/Söffing, DStR 2000, S. 1568; Herrmann, WPg 2001, S. 271 ff.
[2] Waßmer, GmbHR 2002, S. 413 ff., spricht deshalb von einer GmbH & Stroh KG.
[3] Vgl. Waßmer, GmbHR 2002, S. 412, S. 420.

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