Rz. 1

In § 264b HGB werden die Voraussetzungen genannt, unter denen Tochterunternehmen (TU) und ggf. auch Mutterunternehmen (MU) in der Rechtsform einer PersG i. S. d. § 264a Abs. 1 HGB durch Integration in einen Konzernabschluss (sog. befreiender Konzernabschluss) die ergänzenden Vorschriften zur Rechnungslegung für KapG nicht berücksichtigen müssen.

Die Bestimmung des § 264b HGB ist gewissermaßen eine Sondervorschrift zu § 264 Abs. 3 HGB für Kapitalgesellschaften & Co. Auch hier werden die Voraussetzungen genannt, unter denen die Anwendung der ergänzenden Vorschriften für KapG hinsichtlich Aufstellung, Prüfung und Offenlegung des Jahresabschlusses und Lageberichts entbehrlich sind.[1] Allerdings kommt es nicht zu einer kompletten Übernahme der Regelung für KapG. Mit dem BilRUG ist § 264b HGB für Gj, die nach dem 31.12.2015 beginnen, neu gefasst worden. Weiterhin ist im Unterschied zu § 264 Abs. 3 HGB eine Selbstbefreiung unter bestimmten Bedingungen möglich.

Ergänzend wurde durch das FISG für Gj, die nach dem 31.12.2020 beginnen, durch die Änderung des Einleitungssatzes des § 264b HGB unmittelbar die Voraussetzung geschaffen, dass die Befreiung nur dann möglich ist, wenn die Kapitalgesellschaft & Co. nicht kapitalmarktorientiert i. S. d. § 264d HGB ist.[2]

Für die Erleichterung sind zusätzliche Anforderungen erforderlich, weil der Verzicht auf die Erfordernisse der §§ 264ff. HGB Risiken für die Adressaten der Rechnungslegung mit sich bringt, die auf diese Weise kompensiert werden sollen. Die praktische Bedeutung der Befreiungsregelung hält sich in Bezug auf die Aufstellung und Prüfung des Jahresabschlusses jedoch in Grenzen, da die Einbeziehung in den Konzernabschluss immer eine HB II voraussetzt, in der die Regelungen der §§ 264ff. HGB regelmäßig zu beachten sind. Deutliche Erleichterungen ergeben sich allerdings in Bezug auf die Offenlegung.

In der Praxis werden die Befreiungsmöglichkeiten oftmals nicht insgesamt, sondern lediglich tw. und dann häufig lediglich unter Ausnutzung der Erleichterungen in Bezug auf die Offenlegung ausgenutzt. Die praktische Bedeutung des § 264b HGB ergibt sich zudem aus der Tatsache, dass für PersG im Gegensatz zu der für KapG geltenden Vorschrift des § 264 Abs. 3 HGB keine Einstandsverpflichtung erforderlich ist, sodass weniger restriktive Voraussetzungen für die Erreichung der Erleichterungen notwendig sind.

Durch die Verpflichtung zum Einklang mit der RL 2013/34/EU muss der einzubeziehende Jahresabschluss der KapCoGes die innerhalb des Konzerns geltenden Ansatz-, Bewertungs- und Ausweisvorschriften berücksichtigen. Damit ist fast zwangsläufig die Berücksichtigung der ergänzenden Vorschriften für KapGes oder der IFRS verbunden.

Die ergänzend in § 264 Abs. 3 HGB aufgeführte Zustimmungspflicht aller Gesellschafter und die Verlustübernahmeverpflichtung sind für die Regelung des § 264b HGB nicht erforderlich. In Bezug auf die Zustimmungspflicht aller Gesellschafter bleibt festzuhalten, dass die Gesellschafter einer PersG im Vergleich zu den Gesellschaftern einer KapG nach Einschätzung des BGH[3] ohnehin umfangreichere Verweigerungsrechte z. B. im Hinblick auf die Ausübung von ergebnisrelevanten Bilanzierungsentscheidungen oder auch in Bezug auf die Feststellung des Jahresabschlusses haben, womit eine explizite Forderung nach der Zustimmung der Gesellschafter nicht notwendig ist.

Die nach § 264 Abs. 3 Nr. 2 HGB geforderte Erklärung zur Einstandspflicht des MU (§ 264 Rz 110) ist deshalb entbehrlich, weil der persönlich haftende Gesellschafter einer PersG ohnehin persönlich vollumfänglich haftet.

Der Passus "ist von der Verpflichtung befreit" darf nach Literatureinschätzung[4] nicht als Wahlrechtsverbot ausgelegt werden, d. h., die PersG hat auch weiterhin die Möglichkeit, freiwillig nach den Vorschriften der §§ 264ff. HGB Rechnung zu legen, wobei sogar eine tw. Nutzung der Erleichterungen möglich ist (§ 264 Rz 120).[5] Werden die Erleichterungen nach § 264b HGB wahrgenommen, so bleibt es selbstverständlich bei der Verpflichtung, gleichwohl einen Abschluss entsprechend der für alle Kfl. geltenden Vorschriften der §§ 238263 HGB aufzustellen.

 

Rz. 2

Eine KapCoGes kann auch dann mit befreiender Folge in einen Konzernabschluss einbezogen werden, wenn sich der einzubeziehende Jahresabschluss lediglich auf ein Rumpfgeschäftsjahr bezieht. Ein derartiger Sachverhalt könnte sich z. B. bei Neugründungen oder auch bei einem unterjährigen Erwerb ergeben.

 
Praxis-Beispiel

Die Befreiung gilt auch, wenn die PersG z. B. im Oktober erworben und im Konzernabschluss ab dem 1.10. enthalten ist. Dies ist insb. deshalb erwähnenswert, weil rein materiell gesehen damit die ersten 9 Monate der GuV letztendlich nicht im Konzernabschluss enthalten sind.

[1] Vgl. Giese/Rabenhorst/Schindler, BB 2001, S. 515 f.; Keller, StuB 2001, S. 214.
[2] Vgl. Art. 11 Nr. 2 sowie Art. 12 Abs. 5 Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz – FISG v. 3.6.2021 (BGBl I2021 S. 1534). Obwohl das Gesetz für die entsprechende Regelung erst Gültigkei...

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