Das Verfahren zur Erteilung verbindlicher Auskünfte über die steuerliche Beurteilung noch nicht verwirklichter Sachverhalte ist in § 89 Abs. 2 AO geregelt.[1] Für die Bearbeitung entsprechender Auskunftsanträge werden Gebühren erhoben[2], auch wenn der Antrag aus formalen Gründen abgelehnt wird.[3] Die gesetzliche Gebührenpflicht ist verfassungsgemäß.[4] Bis zu einem Gegenstandswert von 10.000 EUR werden keine Gebühren erhoben;[5] Entsprechendes gilt bei einer Zeitgebühr, wenn die Bearbeitungszeit weniger als 2 Stunden beträgt. Rechtstreitigkeiten können über die Höhe des Gegenstandswerts der verbindlichen Auskunft entstehen.

Der Gegenstandswert einer erteilten Auskunft richtet sich

  • nach dem gestellten Antrag und
  • den sich daraus ergebenden steuerlichen Auswirkungen.

Dafür ist auf die Differenz zwischen dem Steuerbetrag, der aufgrund der von dem Antragsteller vorgetragenen Rechtsauffassung entstehen würde, und dem Steuerbetrag abzustellen, der sich bei einer von der Finanzbehörde vertretenen entgegengesetzten Rechtsauffassung ergeben würde.[6]

Wird der Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft zurückgenommen, führt AEAO zu § 89 Tz. 4.5.2 nicht zu einer Ermessensreduzierung auf Null in der Weise, dass die Gebührenermäßigung[7] dann nach den Maßgaben der Bemessung einer Zeitgebühr auszurichten ist.

Im Streitfall ging es um Folgendes:

Die Steuerpflichtige (Klägerin) ist eine KG mit Sitz im Inland. Da mehrere ihrer Gesellschafter planten, einen Zweitwohnsitz im Ausland zu begründen, beantragte die Klägerin am 9.12.2013 beim Finanzamt die Erteilung einer verbindlichen Auskunft. Gegenstand dieses Auskunftsersuchens war die steuerliche Entstrickung ihrer Wirtschaftsgüter, insbesondere ihrer Beteiligungen. Die Klägerin gab an, dass aufgrund der Höhe des Gegenstandswerts von der Höchstgebühr gem. § 89 Abs. 5 AO i. V. m. § 34 GKG auszugehen sei. Infolge des Antrags kam es zu umfangreichen rechtlichen Prüfungen durch die zuständige Veranlagungsstelle des Finanzamts, das Landesamt für Steuern und das Ministerium der Finanzen des Landes Rheinland-Pfalz sowie zu einer Besprechung mit den steuerlichen Vertretern der Klägerin beim Landesamt für Steuern und zu mehreren Telefon- und E-Mail-Kontakten. Nachdem das Finanzamt mündlich mitgeteilt hatte, dass auf Grundlage des dargestellten Sachverhalts die beantragte verbindliche Auskunft nicht erteilt werden könne, wurden auch alternative Sachverhaltsgestaltungen diskutiert. Der letzte Kontakt fand am 25.4.2014 statt. Aus Sicht der Finanzverwaltung blieb es dabei, dass der Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft abzulehnen sei.

Mit Schreiben v. 24.6.2014 nahm die Klägerin ihren Antrag auf Erteilung der verbindlichen Auskunft zurück. Lt. Bescheid v. 9.4.2015 setzte das Finanzamt für die Bearbeitung des Auskunftsersuchens gem. § 89 Abs. 3 bis 7 AO eine Gebühr von 98.762 EUR fest. Bei der Berechnung ging das Finanzamt von einem Gegenstandswert von 30 Mio. EUR (Höchstbetrag) aus, der grundsätzlich eine Gebühr i. H. v. 109.736 EUR zur Folge gehabt hätte. Wegen der Rücknahme des Antrags sah das Finanzamt es als sachgerecht an, diese Gebühr gem. § 89 Abs. 7 Satz 2 AO und AEAO zu § 89 AO Tz. 4.5.2 um 10 % auf 98.762 EUR zu ermäßigen. Die Minderung sei auf der Grundlage des bisherigen Bearbeitungsaufwands von ca. 156 Stunden (Arbeitszeiten aller beteiligten Behörden) und des bis zur endgültigen Entscheidung über den Antrag noch ausstehenden Aufwands von schätzungsweise 10 bis 15 Stunden ermittelt worden. Dies hat der BFH als rechtens beurteilt und die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.[8]

 
Wichtig

Hinweis des Beraters auf die Höhe der Gebühren und Kosten, die das Finanzamt berechnet

Unabhängig, ob Anwälte oder Steuerberater dem obigen Fall ähnliche Fragen für den Mandanten mit der verbindlichen Auskunft klären wollen/sollen, ist der Hinweis an die Mandanten auf u. U. sehr hohe Gebühren zugunsten des Finanzamts und ebenfalls hohe Kosten nach dem RVG bzw. der StBVV zwingend!

Eine Antragsschrift kann mehrere Anträge enthalten. Für jeden Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft kann eine Gebühr nach § 89 Abs. 3 Satz 1 AO erhoben werden. Soll die verbindliche Auskunft Bindungswirkung für mehrere existente oder noch nicht existente Steuerpflichtige entfalten, sind jedenfalls so viele Anträge gestellt, wie Steuerpflichtige von dieser Auskunft umfasst sein sollen.[9]

Gebühren, die das Finanzamt für die verbindliche Auskunft erhebt, sind Beratungskosten, soweit sie Gestaltungen betreffen, die sich auf den Betrieb beziehen (Umstrukturierung). Der BFH hat entschieden, dass das Finanzamt zu Recht für eine verbindliche Auskunft, die gegenüber der Steuerpflichtigen als Organgesellschaft und inhaltsgleich gegenüber der Organträgerin ergangen ist, eine Gebühr sowohl gegenüber der Organgesellschaft als auch gegenüber der Organträgerin festgesetzt hat.[10]

Bei der Erteilung acht inhaltsgleicher verbindlicher Auskünfte wegen einer mehrstufigen Umstrukturierungsmaßnahme liegt eine einhei...

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