Sachverhalt

Bei dem Vorabentscheidungsersuchen des BFH v. 26.4.2012, V R 18/11, ging es um die Steuerbemessungsgrundlage bei der Vermittlung von Reiseleistungen. Der BFH bezweifelte - entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung - die Anwendbarkeit der EuGH-Rechtsprechung zur Rabattgewährung in einer Vertriebskette (vgl. EuGH, Urteil v. 24.10.1996, C-317/94, Elida Gibbs) auf Preisnachlässe bei Vermittlungsleistungen - zumindest bei der Vermittlung von Reiseleistungen.

Die Klägerin ist ein Reisebüro, das teils steuerfreie und teils steuerpflichtige Vermittlungsleistungen erbringt. Soweit die Klägerin Leistungen steuerpflichtig vermittelte, handelte es sich bei den vermittelten Leistungen um Reiseleistungen, die Reiseveranstalter an Reisekunden erbrachten und die der Sonderregelung nach Art. 26 der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 306 bis 310 MwStSystRL). Für ihre steuerpflichtigen Vermittlungsleistungen erhielt die Klägerin von den Reiseveranstaltern die vereinbarten Provisionen. Gegenüber den Reisekunden gewährte die Klägerin Preisnachlässe, die im Ergebnis ihre Provisionen entsprechend schmälerten. Nachdem sie zunächst die Provisionen in vollem Umfang versteuert hatte, beantragte sie eine Änderung der Steuerfestsetzungen für die Streitjahre 2002 bis 2005, da die Gewährung der Preisnachlässe an die Reisekunden gemäß § 17 UStG zu einer Minderung der an die Reiseveranstalter erbrachten Vermittlungsleistungen geführt habe.

Dem schloss sich das Finanzamt nur insoweit an, als die von den Reiseveranstaltern erbrachten Leistungen nach der Margenregelung des Art. 26 der 6. EG-Richtlinie steuerpflichtig waren (Reisevorleistungen im Gemeinschaftsgebiet). Soweit die durch die Reiseveranstalter erbrachten Reiseleistungen nach Art. 26 Abs. 3 der 6. EG-Richtlinie steuerfrei waren (Reisevorleistungen im Drittlandsgebiet), lehnte das FA eine Änderung zugunsten der Klägerin ab.

 

Entscheidung

Der EuGH hat entschieden, dass für Sachverhalte wie im Vorlagefall das EuGH-Urteil v. 24.10.1996, C-317/94, Elida Gibbs, nicht einschlägig ist. Er begründet dies damit, dass sein Urteil v. 24.10.1996 nur für Preisnachlässe gilt, die in einer Kette von Umsätzen vorkommen, nämlich dass der erste in der Kette einen Preisnachlass gewährt, der dem Endverbraucher (als dem Letzten in der Kette) zugute kommt. Im Ausgangsfall handele es sich jedoch nicht um einen solchen Sachverhalt. Der Reiseveranstalter sei nicht das erste Glied einer Kette von Umsätzen, da er seine Leistung unmittelbar an den Endverbraucher erbringe und der Kläger sei nur als Vermittler dieses Umsatzes tätig. Der Kläger erbringe eine Leistung, die von der Leistung des Reiseveranstalters zu trennen sei. Der Reiseveranstalter gewähre dem Kunden auch keinen Rabatt, da der Kläger den Reisepreis, der dem Reisenden berechnet wird, in voller Höhe an den Reiseveranstalter abzuführen habe. Der Rabatt, den der Vermittler dem Reisenden zahlt, wirkt sich nach dem Urteil somit weder auf die Bemessungsgrundlage der Reiseleistung aus, noch auf die Bemessungsgrundlage der Provision des Vermittlers der Reiseleistung.

 

Hinweis

Die Verwaltung geht bisher in Anwendung der BFH-Rechtsprechung davon aus, dass die Grundsätze des EuGH-Urteils v. 15.10.2002, C-427/98, Kommission / Deutschland, BStBl II 2004 S. 328) auch auf Vermittlungsleistungen anwendbar sind. Nach dem vorliegenden EuGH-Urteil ist allerdings nunmehr beachtlich, dass Vermittlungsleistungen nicht Teil einer "Vertriebskette" gleichartiger Waren sind. Die Vermittlungsleistung ist nach dem EuGH-Urteil im Hinblick auf eine Minderung der Bemessungsgrundlage gesondert von der vermittelten Leistung zu beurteilen. Dies gilt besonders in Fällen wie denen des Ausgangsverfahrens, wo im Fall der Vermittlungsleistung im Gegensatz zur vermittelten Leistung die Margenbesteuerung nach § 25 UStG nicht zur Anwendung kommt. Dies hat zur Folge, dass die Vermittlungsleistung wegen der Bezugnahme auf den Ort der Ansässigkeit des Reiseveranstalters ggf. vollständig steuerpflichtig ist, während es bei der vermittelten Reiseleistung nur zum Teil zur Versteuerung kommen kann, weil ggf. Leistungselemente enthalten sind, für die der Ort der Leistung außerhalb des Gemeinschaftsgebiets gelegen ist. Bereits hieraus hätte der EuGH den Schluss ziehen können, dass Vermittlungsleistung und vermittelte Leistung nicht als gleichartig und damit nicht als in einer Vertriebskette erbracht angesehen werden können und im Ergebnis auch die Grundsätze des EuGH-Urteils v. 15.10.2002, C-427/98, Kommission / Deutschland, BStBl II 2004 S. 328, nicht anzuwenden sind.

Die Berichtigung der Bemessungsgrundlage im Falle der Vermittlung einer Reise bei Gewährung eines Rabattes durch den Vermittler an den Endkunden zu Lasten der Vermittlungsprovision richtet sich im nationalen Recht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG. Entsprechende Regelungen zur Berichtigung der Bemessungsgrundlage bei Vermittlungsumsätzen durch Verkaufsagenten enthält Abschn. 17.2 Abs. 10 UStAE, in dem die Verwaltung das BFH-Urteil v. 12.1....

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