R aus der Schweiz ist Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG, da er selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht tätig ist, er wird im Rahmen seines Unternehmens tätig. Nicht von Bedeutung ist, dass es sich um einen Unternehmer aus der Schweiz handelt. Er führt mit der Rechtsberatung eine sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG aus, deren Ort sich nach den allgemeinen Grundsätzen des § 3a Abs. 2 Satz 1 UStG bestimmt. Der Ort der sonstigen Leistung ist damit dort, wo der Auftraggeber (Leistungsempfänger) sein Unternehmen betreibt, in Deutschland. Die von R ausgeführte Leistung ist damit in Deutschland nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und unterliegt auch keiner Steuerbefreiung nach § 4 UStG.

 
Praxis-Tipp

Abweichende Ortsbestimmung bei Leistungsbezug durch Betriebsstätte

Etwas anderes könnte sich nur dann ergeben, wenn U noch eine Betriebsstätte in der Schweiz unterhalten würde und die Leistung an die Betriebsstätte ausgeführt worden wäre. In diesem Falle wäre der Ort der Betriebsstätte nach § 3a Abs. 2 Satz 2 UStG für die Festlegung des Orts der sonstigen Leistung maßgeblich gewesen.

Da eine sonstige Leistung von einem im Ausland ansässigen Unternehmer[1] ausgeführt wird, geht die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger U über (Reverse-Charge-Verfahren[2]). Um zu ermitteln, in welcher Höhe U Umsatzsteuer schuldet, muss er die Bemessungsgrundlage für die ihm gegenüber ausgeführte sonstige Leistung ermitteln.

Zur Gegenleistung für die Beratungsleistung gehört zum einen die Beratungs- und Verhandlungsgebühr des R (20.000 EUR). Zum anderen gehören auch die Fahrtkosten in der Schweiz, die Übernachtungskosten am Gerichtsort und die Portoauslagen mit zur Bemessungsgrundlage für die ausgeführte Leistung.

Bei den Fahrtkosten und den Übernachtungskosten können keine durchlaufenden Posten vorliegen, da R in diesem Fall nicht – wie es § 10 Abs. 1 Satz 5 UStG vorgibt – Beträge im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt. R ist vielmehr selbst der Vertragspartner und schuldete dem leistenden Unternehmern gegenüber die Gegenleistung.

 
Praxis-Tipp

Durchlaufender Posten von Zahlungsverpflichtung abhängig

Eine Abgrenzung, ob es sich um einen durchlaufenden Posten handelt oder nicht, kann in der Praxis gut vorgenommen werden, indem geprüft wird, wer im Zweifelsfall von dem Dritten auf Zahlung in Anspruch genommen werden würde. Da im vorliegenden Fall nicht U, sondern R von dem Hotelier wie auch von dem Beförderungsunternehmer auf Zahlung in Anspruch genommen werden würde, ergeben sich Rechtsbeziehungen zu R. Ein durchlaufender Posten liegt also nicht vor.

Auch die "Portoauslagen" werden nicht im Rahmen eines durchlaufenden Postens bezahlt, die Portokosten sind lediglich ein Abrechnungsbestandteil der Gesamtleistung des R gegenüber U. Es handelt sich hier – wie auch bei den Fahrt- und Übernachtungskosten – um Nebenleistungen, die das Schicksal der Hauptleistung teilen und in die Bemessungsgrundlage für die steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistung mit einzubeziehen sind.

Lediglich die verauslagten Gerichtskosten stellen einen durchlaufenden Posten nach § 10 Abs. 1 Satz 5 UStG dar, da hier eindeutig eine Rechtsbeziehung zwischen U als Verfahrensbeteiligtem und dem Gericht besteht. R hat selbst keine Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Gericht, sondern zahlt die Gebühren im Namen und für Rechnung seines Mandanten und legt für diesen den Betrag aus. Da es sich um einen durchlaufenden Posten handelt, ergibt sich keine Einbeziehung in die Bemessungsgrundlage.

Die zutreffende Bemessungsgrundlage für die gegenüber U ausgeführte Leistung beträgt damit:

 
Beratungs- und Verhandlungsgebühr 20.000 EUR
Fahrtkosten in Schweiz 500 EUR
Übernachtung am Gerichtsort 150 EUR
Portoauslagen – pauschal   50 EUR
Gesamtbetrag 20.700 EUR
darauf 19 % Umsatzsteuer[3] 3.933 EUR

U hat gegenüber seinem Finanzamt für die von ihm erhaltene Beratungsleistung eine Bemessungsgrundlage i. H. v. 20.700 EUR sowie eine damit im Zusammenhang stehende Umsatzsteuer i. H. v. 3.933 EUR anzumelden. Die Steuer entsteht – da es sich um einen Fall des § 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG handelt – mit Ausstellung der Rechnung, spätestens mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Monats, hier offensichtlich im Januar 2021.

Die Umsatzsteuer kann U nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG als Vorsteuer geltend machen, soweit keine Ausschlussgründe nach § 15 Abs. 1aAbs. 2 UStG vorliegen (hier keine Sachverhaltsangaben).

 
Praxis-Tipp

Durchlaufender Posten unabhängig von Steuerschuldnerschaft

Ob es sich um einen durchlaufenden Posten handelt oder nicht, hängt nicht davon ab, ob die Umsatzsteuer beim leistenden Unternehmer oder beim Leistungsempfänger im Rahmen des Reverse-Charge-Verfahrens entsteht.

[3] Da die Leistung im Januar 2021 erbracht ist, gilt wieder der Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG von 19 %.

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