Leitsatz

1. Es ist nicht ermessensfehlerhaft, wenn das FA einem Steuerpflichtigen gegenüber, der seine Steuererklärungen Jahre lang unentschuldigt mit erheblicher Verspätung abgegeben hat, den erneuten Wiederholungsfall zum Anlass nimmt, den Verspätungszuschlag auf den nach § 152 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 zulässigen Höchstbetrag festzusetzen, obgleich der aus der Säumnis gezogene Zinsvorteil schon nach § 233a AO 1977 abgegolten wurde.

2. Bei einer solchen Fallgestaltung bedarf es keiner Berechnung der Zinshöhe unter Angabe des Rechnungszinsfußes in der Verwaltungsentscheidung über den Verspätungszuschlag (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 11. Juni 1997 X R 14/95 (BFHE 183, 21, BStBl II 1997, 642).

3. Im Fall der Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer kann ein Verspätungszuschlag auch dann gegenüber beiden Ehegatten festgesetzt werden, wenn nur einer von ihnen Einkünfte erzielt hat.

 

Normenkette

AO 1977 § 3 Abs. 1 und , AO 1977 § 3 Abs. 3, , AO 1977 § 5, , AO 1977 § 44 Abs. 1, , AO 1977 § 130 Abs. 1, , AO 1977 § 152, , AO 1977 § 233a , FGO § 102 , EStG § 25 Abs. 3 Satz 2, , EStG § 26b

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 14.06.2000, X R 56/98

Anmerkung

Gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, kann ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden ( § 152 Abs. 1 AO ). Von einer solchen Festsetzung ist abzusehen, wenn die Versäumnis entschuldbar erscheint ( § 152 Abs. 1 Satz 2 AO ). Der Verspätungszuschlag darf 10 v.H. der festgesetzten Steuer nicht übersteigen und höchstens 10.000 DM betragen ( § 152 Abs. 2 Satz 1 AO in der für den Streitfall geltenden Fassung; Höchstbetrag nach der derzeitigen Fassung des § 152 Abs. 2 Satz1 AO : 50.000 DM).

Ob und inwieweit bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen im Einzelfall ein Verspätungszuschlag festgesetzt wird, hat die zuständige Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Bei der Bemessung des Verspätungszuschlags sind neben seinem Zweck, den Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Abgabe der Steuererklärung anzuhalten, die Dauer der Fristüberschreitung, die Höhe des sich aus der Steuerfestsetzung ergebenden Zahlungsanspruchs, die aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung gezogenen Vorteile, sowie das Verschulden und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Stpfl. zu berücksichtigen ( § 152 Abs. 2 Satz 2 AO ). Die genannten Kriterien muss die Finanzbehörde bei ihrer Entscheidung beachten und das Für und Wider ihrer Berücksichtigung gegeneinander abwägen. Sie braucht diese Kriterien allerdings nicht in jedem Fall in gleicher Weise gewichten. So ist z.B. bei der Bemessung des Verspätungszuschlags nur „gegebenenfalls” zu berücksichtigen, dass die aus der verspäteten Erklärungsabgabe gezogenen Zinsvorteile bereits durch die Verzinsung nach § 233 a AO teilweise ausgeglichen werden (Anwendungserlass zur Abgabenordnung zu § 152 AO Ziff. 8, BStBl 1998 I, S. 630).

Hiervon ausgehend hat der BFH die im Streitfall von den Finanzbehörden festgesetzten Verspätungszuschläge dem Grunde und der Höhe nach als rechtmäßig angesehen. Die Entscheidung betraf Eheleute, die sieben (bzw. acht) Jahre hintereinander ihre Einkommensteuererklärung unentschuldigt mit erheblicher Verspätung abgegeben hatten. Angesichts der Schwere der fortgesetzten Versäumnisse hält es der BFH nicht für ermessensfehlerhaft, dass der Verspätungszuschlag mit dem gesetzlichen Höchstbetrag (im Streitfall: 10.000 DM) festgesetzt wurde und in die Bemessung der Verspätungszuschläge keine Zinserwägungen Eingang gefunden haben; demgemäß hält es der BFH auch nicht für ermessenswidrig, dass der aus der Säumnis gezogene Zinsvorteil bereits nach § 233 a AO durch eine entsprechende Zinsfestsetzung abgegolten wurde.

Der BFH stellt außerdem klar, dass die Verspätungszuschläge gegenüber beiden Ehegatten festzusetzen waren, obwohl nur der Ehemann Einkünfte erzielt hatte. Denn im Fall der Zusammenveranlagung werden beide Ehegatten „gemeinsam als steuerpflichtig behandelt” ( § 26 b EStG ); demgemäß trifft sie auch eine gemeinsame Steuererklärungspflicht ( § 25 Abs. 3 Satz 2 EStG ).

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