Leitsatz

Liefert der Unternehmer Gegenstände, für die er den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a UStG nicht in Anspruch nehmen konnte, sind diese Lieferungen in die Bemessung des Gesamtumsatzes nach § 19 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 4 Nr. 28 UStG nicht einzubeziehen. Dies gilt auch, wenn das Unternehmen erst durch die Veräußerungstätigkeit entsteht.

 

Normenkette

§ 19 Abs. 3, § 4 Nr. 28, § 15 Abs. 1a UStG, Art. 136 Buchst. b, Art. 176, Art. 288 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL), § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4, § 12 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Das FA ging davon aus, dass der Kläger insbesondere durch die Veräußerung privat erworbener Angelsportgeräte nachhaltig als Unternehmer tätig geworden sei und dabei die Umsatzgrenzen für Kleinunternehmer überschritten habe, und erließ dementsprechende Umsatzsteuerbescheide. Einspruch und Klage zum FG (FG Köln, Urteil vom 13.7.2016, 5 K 1080/13, Haufe-Index 10582336, EFG 2017, 707) hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und verwies die Sache an das FG zurück. Das FG habe keine Feststellungen zum Umfang von Lieferungen von Gegenständen getroffen, die bei ihrem Erwerb dem Grunde nach unter § 15 Abs. 1a UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG fallen.

 

Hinweis

1. Für die Bestimmung des Gesamtumsatzes von Kleinunternehmern enthält das Umsatzsteuerrecht vielschichtige Regelungen.

a) Nicht einzubeziehen sind gemäß § 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UStG Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchst. i, Nr. 9 Buchst. b und Nr. 11 bis 28 UStG steuerfrei sind.

b) Steuerfrei ist gemäß § 4 Nr. 28 UStG insbesondere die Lieferung von Gegenständen, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a UStG ausgeschlossen ist.

c) Nicht abziehbar sind nach § 15 Abs. 1a UStG insbesondere die Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen entfallen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 EStG gilt.

d) Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG dürfen Betriebsausgaben in der Form von Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen den Gewinn nicht mindern.

2. Aus § 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UStG i.V.m. § 4 Nr. 28 UStG und § 15 Abs. 1a UStG folgt, dass die Lieferung von Gegenständen, für die der Vorsteuerabzug aufgrund der Verweisung auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG dem Grunde nach nicht geltend gemacht werden kann, bei der Bestimmung des Gesamtumsatzes für die Kleinunternehmerregelung nicht zu berücksichtigen ist.

3. Dabei kommt es nicht darauf an, ob § 15 Abs. 1a UStG dem Vorsteuerabzug beim Leistungsbezug konkret entgegensteht.

a) Es ist nicht danach zu unterscheiden, ob bei einer beim Leistungsbezug bestehenden Unternehmereigenschaft§ 15 Abs. 1a UStG einem Vorsteuerabzug konkret entgegensteht oder ob aufgrund einer Kleinunternehmerstellung beim Leistungsbezug sich die Frage nach einem Vorsteuerabzug nicht stellte. Beide Fälle sind in Bezug auf die Bestimmung der Umsatzgrenzen gleich zu behandeln. Dies verhindert, dass es bei identischen Verkaufstätigkeiten zu ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteilen dadurch kommt, dass

  • der der Regelbesteuerung unterliegende Unternehmer mangels Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a UStG aufgrund von § 4 Nr. 28 UStG steuerfrei liefern kann,
  • während der Unternehmer, der nur beim Erwerb, nicht aber auch bei der späteren Veräußerung Kleinunternehmer war, steuerpflichtig liefert.

b) Auf dieser Grundlage ist es weitergehend unerheblich, ob beim Erwerb überhaupt eine Unternehmerstellung bestand. Auch wenn sich diese erst durch eine nachhaltige Verkaufstätigkeit ergibt, ist darauf abzustellen, ob ein Vorsteuerabzug dem Grunde nach am Abzugsverbot des § 15 Abs. 1a UStG gescheitert wäre, ohne dass die konkrete Anwendung dieser Vorschrift maßgeblich ist. Ansonsten käme es beim Verkauf und der sich hieraus ergebenden Lieferung zu einer Benachteiligung des privaten Erwerbers von Gegenständen gegenüber dem unternehmerischen Erwerber, obwohl beide bei der späteren Lieferung in derselben Weise als Unternehmer handeln.

4. Die Beurteilung des BFH ist über die konkret entschiedene Fallgestaltung hinaus von weitergehender Bedeutung. Denn § 19 Abs. 3 UStG verweist letztlich auch auf § 12 Nr. 1 EStG. Daher kann auch die nachhaltige – und damit nach bisheriger BFH-Rechtsprechung unternehmerische – Veräußerung von Privatvermögen zu Umsätzen führen, die in die Berechnung der Umsatzgrenzen für Kleinunternehmer nicht einzubeziehen sind.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 26.9.2019 – V R 27/19 (V R 1/17)

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