Leitsatz

Mit einer Rechnung, die nicht auf die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung hinweist, und einer nicht gegenüber dem liefernden Unternehmer abgegebenen Verbringungserklärung, die den Unternehmer auch nicht namentlich bezeichnet, kann der Belegnachweis nach § 17a Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 UStDV nicht geführt werden.

 

Normenkette

§ 6a UStG 1999/2005, § 17a UStDV 1999/2005, Art. 28c der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Der Kläger erteilte für Lieferungen gebrauchter Pkws an die Abnehmerin P.R. nach Italien Rechnungen ohne einen Hinweis auf die Steuerfreiheit als innergemeinschaftliche Lieferung. F holte mit Vollmacht der P.R. gegen Barzahlung die Pkws ab. Der Kläger besaß die auf Briefpapier einer fremden Firma abgefasste Erklärung des F, er (F) überführe die zahlen- und typmäßig umschriebenen Fahrzeuge nach Italien. Der Name des Klägers oder dessen Firma wurde in der Erklärung nicht erwähnt. Eine Verbindung zur Lieferung des Klägers ergab sich nur aus dessen Angaben zu Fahrzeugtyp, Anzahl und Rechnungsnummer. Da nach Angaben der italienischen Steuerverwaltung P.R. nie Autohandel betrieben und in Italien auch keinen Sitz habe, versagte das FA die Steuerfreiheit. Die Klage hatte Erfolg, obwohl zweifelhaft blieb, ob die Fahrzeuge nach Italien ­gelangt sind (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.10.2010, 6 K 1644/08, Haufe-Index 2565646).

 

Entscheidung

Die wesentlichen Kriterien ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen. Der BFH hielt die Nachweise des Klägers für ungenügend. Insoweit sei die bloße Einsichtnahme in den Personalausweis des Abholers und den italienischen Handelskammerauszug, der P.R. als Einzelunternehmerin ausweise, sowie die Bestätigungsanfrage durch einen anderen Unternehmer nicht ausreichend.

Der nach § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV im Abholfall erforderliche Verbringensnachweis kann nicht durch eine gegenüber einer anderen Person als dem liefernden Unternehmer abgegebene Verbringenserklärung geführt werden. Dabei reicht es auch nicht aus, dass im Zusammenhang mit anderen Unterlagen erkennbar wird, dass es sich um die Gegenstände handelt, für deren Lieferung die Steuerfreiheit beansprucht wird. Der BFH betont insoweit das Erfordernis einer eindeutigen und leicht nachprüfbaren Nachweisführung (§ 17a Abs. 1 UStDV).

 

Hinweis

1. Die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung setzt voraus, dass der Unternehmer die Voraussetzungen der §§ 17a ff. UStDV nachweist. Die Mitgliedstaaten können zur Gewährleistung ­einer korrekten und einfachen Anwendung sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch nach Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der 6. EG-RL Bedingungen festlegen.

2. Kommt der Unternehmer den Nachweispflichten nicht oder nur unvollständig nach, besteht keine – vom FA widerlegbare – Vermutung für das Vorliegen der Voraussetzungen der Steuerbefreiung. Der Unternehmer kann vor allem auch keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen.

3. Erweisen sich vollständige und formal korrekte Nachweisangaben bei einer Überprüfung als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht ausräumt, ist von der Steuerpflicht der Lieferung auszugehen. Trotz derartiger Mängel ist die Lieferung aber steuerfrei, wenn objektiv zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind.

4. Zu den Voraussetzungen der Steuerfreiheit gehört seit 1993 auch der nach § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 8 UStG zusätzlich erforderlichen Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferung als innergemeinschaftliche Lieferung. Durch den Hinweis in der Rechnung wird der Abnehmer auf das Erfordernis der Erwerbsbesteuerung verwiesen. Das Doppel dient dem Nachweis, dass es sich um eine innergemeinschaftliche Lieferung handelt, die zusammen mit dem innergemeinschaftlichen Erwerb zu einem innergemeinschaftlichen Umsatz gehört. Beide Anforderungen dienen dem Zweck, die "Steuereinnahmen auf den Mitgliedstaat zu verlagern, in dem der Endverbrauch der gelieferten Gegenstände erfolgt". Enthält die Rechnung diesen Hinweis nicht, kann – vergleichbar wie bei Fehlen eines Hinweises auf die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG – der nach § 17a Abs. 2 Nr. 1 UStDV erforderliche Belegnachweis für eine innergemeinschaftliche Lieferung nicht geführt werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 12.05.2011 – V R 46/10

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