Leitsatz

Das BMF wird aufgefordert, dem Verfahren beizutreten, um zu der Frage Stellung zu nehmen, ob und unter welchen Voraussetzungen nach Inkrafttreten des MoMiG Aufwendungen des Gesellschafters aus einer zugunsten der Gesellschaft geleisteten Finanzierungshilfe als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen der Ermittlung eines Veräußerungs- oder Auflösungsverlusts nach § 17 EStG zu berücksichtigen sind.

 

Normenkette

§ 17 Abs. 2, Abs. 4 EStG, § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB, Art. 1, Art. 9 MoMiG, § 39 Abs. 1 Nr. 5, § 135 InsO, § 122 Abs. 2 Satz 3 FGO

 

Sachverhalt

Der Kläger verbürgte sich für Kredite einer GmbH, deren alleiniger Inhaber er wenige Jahre später im Wege vorweggenommener Erbfolge wurde. Nachdem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden war, wurde der Kläger aus den Bürgschaften in Anspruch genommen.

Das FA lehnte nachträgliche Anschaffungskosten ab. Die GmbH habe sich bei Hingabe der Sicherheit nicht in der Krise befunden.

Das FG hat der Klage stattgegeben (FG Düsseldorf, Urteil vom 10.3.2015, 9 K 962/14 E, Haufe-Index 8016796, EFG 2015, 1271). Es führt aus, dass es auf das Vorliegen einer Krise nach Einführung des MoMiG nicht mehr ankomme. Aber auch nach altem Recht wären die Aufwendungen als nachträgliche AK zu berücksichtigen gewesen.

 

Entscheidung

Die Aufforderung zum Beitritt ist keine Entscheidung des BFH, sondern sie dient der Vorbereitung einer Entscheidung. Nach der Aufforderung kann das BMF dem Verfahren beitreten, es muss dieser aber nicht Folge leisten.

 

Hinweis

Eine Beitrittsaufforderung hat zunächst nur zur Voraussetzung, dass das Verfahren eine auf Bundesrecht beruhende Abgabe (hier: Einkommensteuer) oder eine Rechtsstreitigkeit über Bundesrecht betrifft (§ 122 Abs. 2 Satz 1). In diesem Fall kann das BMF dem Verfahren beitreten und erlangt dadurch die Stellung eines Beteiligten. Geschieht dies nicht, kann der Senat die zuständige Stelle zum Beitritt auffordern.

1. Die Vorschrift soll es dem BMF ermöglichen, sich jederzeit in ein anhängiges Verfahren über eine Revision einzuschalten und entscheidungserhebliche rechtliche Gesichtspunkte geltend zu machen. Damit wird das über den Einzelfall hinausgehende Interesse der Behörde am Ausgang des Verfahrens berücksichtigt. Der Beitritt soll aber auch dem Gericht Informationen verschaffen, die es sonst möglicherweise nicht erhalten würde.

2. Diese Voraussetzungen hat der IX. Senat des BFH nun in Bezug auf die anstehende Entscheidung in dem Revisionsverfahren IX R 36/15 bejaht. Aus der Begründung ergibt sich lediglich, dass der Senat das Verfahren zum Anlass nimmt, sich grundlegend mit der Rechtsfrage zu befassen, ob, unter welchen Voraussetzungen und gegebenenfalls in welchem Umfang Aufwendungen des Gesellschafters aus einer zugunsten der Gesellschaft geleisteten Finanzierungshilfe auch nach Inkrafttreten des MoMiG als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen der Ermittlung eines Veräußerungs- oder Auflösungsverlusts nach § 17 EStG zu berücksichtigen sind.

3. Hinweise darauf, welche Überlegungen der Senat bereits angestellt hat, welche Optionen er prüft oder wie die Entscheidung ausgehen könnte, sind daraus nicht abzuleiten. Die Fragen sind im Schrifttum umfassend behandelt worden.

4. Dass seit Einführung des MoMiG nun fast neun Jahre vergangen sind, hat wohl auch damit zu tun, dass die Finanzverwaltung die hergebrachten Grundsätze zu § 17 EStG im Wesentlichen unverändert anwendet und damit offenbar wenig Anlass zum Streit gibt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 11.1.2017 – IX R 36/15

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