Leitsatz

1. Erwirbt nach Begründung einer Betriebsaufspaltung die Besitzpersonengesellschaft einen Teil des Betriebs von der Betriebsgesellschaft zurück, um ihn selbst fortzuführen, kann die Grundstücksverwaltung ein Teilbetrieb der bisherigen Besitzgesellschaft sein. Ein von dem zurückerworbenen operativen Betrieb genutztes Grundstück der Besitzgesellschaft wird dann mit dem Rückerwerb wesentliche Betriebsgrundlage dieses Teilbetriebs.

2. Die Veräußerung aller Grundstücke des grundstücksverwaltenden Teilbetriebs an verschiedene Erwerber stellt eine Aufgabe dieses Teilbetriebs dar. Der dabei erzielte Gewinn ist jedenfalls dann tarifbegünstigt, wenn auch das zuvor in den operativen Teilbetrieb übergegangene Grundstück zeitgleich veräußert wird.

 

Normenkette

§ 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG , § 16 Abs. 3 EStG , § 34 EStG

 

Sachverhalt

Im Rahmen einer echten Betriebsaufspaltung war ein Elektrogroß- und -einzelhandel in eine Betriebs-GmbH überführt worden. Die drei Betriebsgrundstücke blieben Eigentum einer Besitz-GmbH & Co. KG. Die Betriebs-GmbH geriet in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Kurz vor Stellung eines Insolvenzantrags erwarb die KG den weiter erfolgreichen Einzelhandel von der Betriebs-GmbH zurück und führte ihn auf dem bisherigen Betriebsgrundstück weiter. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Jahr 1983 beauftragte die KG einen Makler mit der Veräußerung aller Grundstücke. Die Grundstücke wurden in den beiden Folgejahren veräußert, wobei die vom Einzelhandel genutzten Gewerbeflächen vom Erwerber des Grundstücks zurückgemietet werden konnten.

Die KG ging von der Aufgabe eines Grundstücksverwaltungs-Teilbetriebs aus, während das FA die im Streitjahr 1985 erzielten Gewinne aus der Veräußerung von Grundstücken als laufende Gewinne behandelte. Das FG hielt die Handhabung des FA für zutreffend.

 

Entscheidung

Der BFH war anderer Auffassung und verwies das Verfahren an das FG zurück. Die KG habe einen Teilbetrieb "Grundstücksverwaltung" aufgegeben. Der vom Einzelhandel genutzte Grundstücksteil habe nicht zu dem aufgegebenen Teilbetrieb gehört, sondern zum Teilbetrieb "Einzelhandel". Der Gewinn aus der Aufgabe sei tarifbegünstigt.

Die sog. Gesamtplanrechtsprechung stehe zumindest deshalb nicht entgegen, weil der vom Einzelhandel genutzte Grundstücksteil zeitgleich veräußert worden sei. Die Höhe des dabei entstandenen laufenden Gewinns müsse das FG noch ermitteln.

 

Hinweis

1. Dass eine Betriebsaufspaltung rückgängig gemacht wird, kommt in der Praxis wohl selten vor. Geschieht dies dadurch, dass das Besitzunternehmen den Betrieb von der Betriebsgesellschaft zurückerwirbt, werden die bisher überlassenen wesentlichen Betriebsgrundlagen wieder notwendiges Betriebsvermögen eines einheitlichen Betriebs. Im Besprechungsfall hatte das Besitzunternehmen aber nur einen – rentablen – Teil des Gesamtbetriebs zurückerworben. Der unrentable Betriebsteil blieb bei der Betriebs-GmbH und geriet dort ins Insolvenzverfahren.

2. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Betriebs-GmbH soll nach einem BFH-Urteil vom 6.3.1997, XI R 2/96 (BStBl II 1997, 460) die personelle Verflechtung und damit die Betriebsaufspaltung entfallen (kritisch zu Recht etwa Schmidt/Wacker, EStG, 24. Aufl. 2005, § 15 Rz. 842). Für das Besitzunternehmen könnte das eine Zwangsbetriebsaufgabe zur Folge haben, wenn es nicht unabhängig von der Betriebsaufspaltung Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt oder die Voraussetzungen einer Betriebsverpachtung erfüllt sind. Im Besprechungsfall war das Besitzunternehmen einerseits als GmbH & Co. KG wegen der gewerblichen Prägung, andererseits aber auch wegen der Abfärbung des zuvor zurückerworbenen aktiv betriebenen Einzelhandels ein Gewerbebetrieb. Es konnte also nicht zu einer vollständigen Betriebsaufgabe kommen.

3. Streit bestand aber darüber, ob der Gewinn aus der Veräußerung der Grundstücke zu einem tarifbegünstigten Aufgabegewinn geführt hatte. Der BFH bejaht in einem solchen Fall, dass die Grundstücksverwaltung einen Teilbetrieb neben dem vom Betriebsunternehmen zurückerworbenen aktiven Betrieb bildet. So kann bei einer Veräußerung oder Entnahme aller Betriebsgrundstücke eine Teilbetriebsaufgabe angenommen werden, die dann tarifbegünstigt besteuert wird.

Wird der zurückerworbene Betriebsteil auf einem eigenen Grundstück der Besitzgesellschaft ausgeübt, verlässt das betreffende Grundstück allerdings nach Meinung des BFH den grundstücksverwaltenden Teilbetrieb und geht automatisch in den aktiven Teilbetrieb über. Der BFH vergleicht die Situation mit dem Fall, dass ein Wirtschaftsgut notwendiges Betriebsvermögen eines Betriebs ist und zugleich auch in einem anderen Betrieb des Steuerpflichtigen genutzt wird. In einem solchen Fall steht die Eigenschaft als notwendiges Betriebsvermögen einer Willkürung zum anderen Betrieb entgegen.

Enthält das vom aktiven Betrieb genutzte Grundstück stille Reserven, hätte die Aufgabe des grundstücksverwaltenden Betriebs nicht die Aufdeckung aller stillen Reserven des ehemaligen Besitzunternehmens zu...

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