Kommentar

Bei dem Verfahren ging es um die Frage, ob auch andere Tätigkeiten als die unmittelbare Versicherungsdienstleistung bzw. die Verschaffung von Versicherungsschutz Versicherungsumsätze im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchst. a der 6. EG-Richtlinie sein können und damit unter die Steuerbefreiung fallen. Konkret ging es um eine Leistung, die darin besteht, dass ein Unternehmer gegen Entgelt die Tätigkeit eines anderen Unternehmers, der Versicherungen anbietet, nur insoweit übernimmt, als der andere Unternehmer Versicherungsgeber im zivilrechtlichen Sinne bleibt, d.h. unmittelbare Leistungsbeziehungen zu dem Versicherungsnehmer unterhält. auszulegen ist. Der Streit entzündete sich an einer französischen Verwaltungsregelung, wonach Werbeleistungen nur unmittelbar an einen werbetreibenden Unternehmer erbracht werden können. Es ging um die Herstellung eines Werbefilms durch einen Filmproduzenten an eine Werbeagentur, die ihrerseits diesen Film dem werbetreibenden Unternehmer im Rahmen einer eigenen Dienstleistung zur Verfügung stellte und berechnete.

Der EuGH hat entschieden, dass in diesem Fall kein Versicherungsumsatz im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchst. a der 6. EG-Richtlinie vorliegt. Dies entspricht im Ergebnis meinem Vermerk vom 3. November 1999. Der EuGH bezieht sich in seiner Entscheidung im Wesentlichen auf seine Urteile vom 25.2.1999 [1] und vom 5.6.1997 [2] Zwar ist nach der Entscheidung der Begriff des Versicherungsumsatzes im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchst. a der 6. EG-Richtlinie nicht anders zu verstehen, als in den einschlägigen EU-Richtlinien über Versicherungen (vgl. die in Rz. 26 der Entscheidung angesprochenen Rechtsakte). Daraus folge aber nicht, dass alle Leistungen eines Versicherungsunternehmens unter die Steuerbefreiung fallen. Insbesondere setzte ein Versicherungsumsatz voraus, dass der Umsatz von einem Unternehmer getätigt wird, der mit dem Versicherungsnehmer in einer rechtlichen Beziehung steht .

Damit erfasst Artikel 13 Teil B Buchst. a der 6. EG-Richtlinie nur Versicherungsumsätze im eigentlichen Sinne. Durch eine solche Leistung verpflichtet sich der Versicherer, dem Versi-cherten gegen vorherige Zahlung einer Prämie beim Eintritt des Versicherungsfalls die bei Vertragsschluss vereinbarte Leistung zu erbringen. Die Steuerbefrei-ung erstreckt sich nicht auf die Versicherungstätigkeiten generell, d.h. insbesondere nicht in jedem Fall auf Ge-schäfte, die unmittelbar mit der Versicherungstätigkeit in Zusammenhang stehen.

Mit der Entscheidung scheint zum Teil geklärt zu sein, wie so genannte Outsourcing-Leistungen im Bereich der steuerbefreiten Versicherungs- und Bankumsätze zu behandeln sind. Die Auslagerung des Bereichs der technischen Abwicklung bestehender Versicherungsverträge (Vertrieb von Versicherungsprodukten, Schadenabwicklung, versicherungsmathematische Berechnungen, Kapitalverwaltung) fällt nicht unter die Steuerbefreiung. Auf den Bereich der Finanzdienstleistungen kann dieses Ergebnis nicht ohne weiteres analog übertragen werden, weil es dort anders als im Bereich der Versicherungsumsätze nach dem Urteil vom 5.6.1997 nicht auf eine rechtliche Beziehung unmittelbar zwischen dem Finanzdienstleister und dem die Dienstleistung empfangenden Kunden ankommt. Die Steuerbefreiung nach Artikel 13 Teil B Buchst. d der 6. EG-Richtlinie beschränkt sich im Gegensatz zu den Versicherungsumsätzen nicht auf Bankumsätze im eigentlichen Sinne. Für das Outsourcing im Bankenbereich werden sich aber möglicherweise neue Erkenntnisse hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung aus dem zur Zeit anhängigen Verfahren C-235/00 ergeben.

 

Link zur Entscheidung

EuGH, Urteil vom 08.03.2001, C-240/99

[1] EuGH, Urteil v. 25.2.1999, C-349/96 (Card Protection Plan (CPP)
[2] EuGH, Urteil v. 5.6.1997 C-2/95 (Sparekassernes Datacenter (SDC).

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