Leitsatz

1. Sind Gesellschaftszweck und tatsächliche Betätigung einer Personengesellschaft als Obergesellschaft (allein) auf die Beteiligung an gewerblich tätigen Ein-Schiffs-Kommanditgesellschaften gerichtet, so ist für die Bestimmung des Beginns der werbenden Tätigkeit der Obergesellschaft an den Beginn der werbenden Tätigkeit der Untergesellschaft(en) anzuknüpfen.

2. Allein der Umstand, dass die Obergesellschaft für den Erwerb der Beteiligungen eingeworbene Gelder auf einem Kontokorrent- oder Termingeldkonto bei einer Bank angelegt hat, rechtfertigt noch nicht die Annahme des Beginns des Gewerbebetriebs i.S.d. § 2 Abs. 1 GewStG. Vielmehr ist unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls der Beginn der werbenden Tätigkeit von bloßen Vorbereitungshandlungen abzugrenzen.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 1 GewStG, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2 EStG

 

Sachverhalt

Als Dachfonds erwarb die klagende GmbH & Co. KG im Februar 2006 Kommanditeinlagen von sechs Ein-Schiff-KG (Zielfonds). Das erste Schiff eines Zielfonds wurde Ende März 2006 von der Werft abgeliefert. Seit ihrer Gründung im Jahr 2005 hatte die Dachfonds-KG ein Kontokorrentkonto bei einer Bank geführt, das gering verzinst wurde. Auf diesem Konto hatten die Gründungskommanditisten ihre Einlagen von je 1.000 EUR eingezahlt. Nach Beginn der Einwerbung von Anlagekapital im Januar 2006 durch Gründungskommanditisten gingen auf diesem Konto die Einlagen der Anleger ein. Mitte März 2006 legte die KG daraus für eine Woche ein Termingeld von 850.000 EUR an.

Für die Einwerbung des Kapitals erhielten Gründungskommanditisten Provisionen, die in der Gewinnfeststellungserklärung der KG für das Jahr 2006 als Sonderbetriebseinnahmen behandelt wurden. In ihrer GewSt-Erklärung berücksichtigte die KG die Beträge jedoch nicht, weil sie der Auffassung war, die Sonderbetriebseinnahmen seien vor Eröffnung des Gewerbebetriebs angefallen.

Das FA war der Meinung, die KG sei eine gewerblich geprägte Personengesellschaft, deren Gewerbebetrieb bereits mit den ersten vermögensverwaltenden Tätigkeiten begonnen habe, weshalb die Sonderbetriebseinnahmen zum Gewerbeertrag der KG im Jahr 2006 gehörten. Die gegen den GewSt-Messbescheid erhobene Klage hatte vor dem FG keinen Erfolg (Niedersächsisches FG, Urteil vom 23.3.2012, 1 K 275/09, Haufe-Index 3699236).

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil auf und verwies das Verfahren an das FG zurück. Die KG sei wegen der Beteiligung an gewerblichen Untergesellschaften keine vermögensverwaltende gewerblich geprägte Personengesellschaft. Ihre werbende Tätigkeit habe mit Beginn der Tätigkeit der ersten Untergesellschaft begonnen. Von diesem Zeitpunkt an bezogene Sonderbetriebseinnahmen seien in den Gewerbeertrag einzubeziehen. Zu den Zeitpunkten müssten noch weitere Feststellungen getroffen werden.

 

Hinweis

1. Das Urteil betrifft den Beginn des gewerbesteuerlichen Betriebs von Personengesellschaften, die die Voraussetzungen einer gewerblich geprägten Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG allein deshalb nicht erfüllen, weil sie nicht ausschließlich vermögensverwaltend, sondern zumindest teilweise originär gewerblich tätig sind.

a) Für "echte"gewerblich geprägte Personengesellschaften hat der BFH bereits früher entschieden, dass deren gewerbesteuerlicher Betrieb mit Aufnahme der vermögensverwaltenden Tätigkeit beginnt (BFH, Urteil vom 20.11.2003, IV R 5/02, BStBl II 2004, 464, BFH/NV 2004, 730). Da eine solche Gesellschaft keine gewerbliche Tätigkeit betreibt, kann auch nicht an deren Aufnahme angeknüpft werden. Es verbleibt dann nur die Aufnahme der vermögensverwaltenden Tätigkeit als Anknüpfungspunkt.

b) Bei Personengesellschaften, die einen eigenen Gewerbebetrieb unterhalten, ist jedoch an die Aufnahme dessen werbender Tätigkeit anzuknüpfen. Wenn im Vorbereitungsstadium schon Vermögen verwaltet wird, wie im Urteilsfall etwa durch Verzinsung schon bestehender betrieblicher Bankkonten, findet dies noch außerhalb der gewerbesteuerlichen Sphäre des werbenden Betriebs statt.

2. Besonderheit des Urteilsfalls war es, dass der Gewerbebetrieb der Personengesellschaft ausschließlich in der mitunternehmerschaftlichen Beteiligung an anderen Personengesellschaften bestand. In einem solchen Fall beginnt der gewerbesteuerliche Betrieb der (Ober-)Personengesellschaft dann, wenn der Betrieb der ersten Beteiligungsgesellschaft beginnt.

Steuerliche Behandlung von Eigenkapitalvermittlungsprovisionen

Das Urteil erinnert daran, dass Eigenkapitalvermittlungsprovisionen eines Fonds abweichend vom Handelsbilanzrecht steuerrechtlich als Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Investitionsguts zu behandeln sind. Wird die Provision an einen Mitunternehmer gezahlt, erzielt dieser Sonderbetriebseinnahmen, dem keine sofort abziehbaren Betriebsausgaben der Mitunternehmerschaft gegenüberstehen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 12.5.2016 – IV R 1/13

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