Kommentar

Zur Konjunkturbelebung im Rahmen der Corona-Krise wurde beschlossen, den allgemeinen Umsatzsteuersatz von 19 % auf 16 % und den ermäßigten Steuersatz von 7 % auf 5 % temporär abzusenken. Wie auch schon bei früheren allgemeinen Steuersatzänderungen hat die Finanzverwaltung in einem umfassenden Schreiben zu den Anwendungsregelungen Stellung genommen und eine Vielzahl von Vereinfachungsregelungen getroffen.

Die rechtliche Problematik

Bedingt durch die Auswirkungen der Corona-Krise war kurzfristig politisch beschlossen worden, zur Konjunkturbelebung die Umsatzsteuersätze temporär für Umsätze nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 abzusenken. Innerhalb von 4 Wochen wurde aus dem politischen Plan das 2. Corona-Steuerhilfegesetz[1], das am 30.6.2020 im BGBl veröffentlicht wurde und damit zum 1.7.2020 in Kraft treten konnte.

Grundsätzlich gilt:

  • Regelsteuersatz: Für alle bis zum 30.6.2020 ausgeführten Umsätze gilt der Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG von 19 %; für alle in der Zeit vom 1.7.2020 bis 31.12.2020 ausgeführten Leistungen gilt ein Regelsteuersatz von 16 %[2] und ab dem 1.1.2021 wird – vorbehaltlich einer Verlängerung der Regelungen – dann wieder der (alte) Regelsteuersatz von 19 % gelten.
  • Ermäßigter Steuersatz: Für alle bis zum 30.6.2020 ausgeführten Umsätze gilt in den in § 12 Abs. 2 UStG aufgeführten Sonderfällen der ermäßigte Steuersatz von 7 %; für alle in der Zeit vom 1.7.2020 bis 31.12.2020 ausgeführten Leistungen gilt ein ermäßigter Steuersatz von 5 %[3] und ab dem 1.1.2021 wird dann wieder der (alte) ermäßigte Steuersatz von 7 % gelten.
  • Land- und forstwirtschaftliche Betriebe: Für bestimmte Sägewerkserzeugnisse, Getränke und alkoholische Flüssigkeiten gilt – abweichend von den ansonsten über § 24 UStG anzuwendenden Durchschnittssteuersätzen – der Regelsteuersatz. Dieser wird in der Zeit vom 1.7.2020 bis 31.12.2020 ebenfalls auf 16 %[4] abgesenkt.

Die allgemeinen Durchschnittssätze nach § 24 UStG für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe bleiben unverändert. Ebenfalls werden die Durchschnittssätze für die Vorsteuerpauschalierung nach § 23 und § 23a UStG nicht verändert.

Für die Entstehung der Umsatzsteuer und die zutreffende Anwendung des Steuersatzes kommt es ausschließlich darauf an, wann die Leistung ausgeführt worden ist.[5]

Praxis-Beispiel

Unternehmer U hat am 29.6.2020 eine Lieferung zum Regelsteuersatz ausgeführt und dem Kunden eine ordnungsgemäße Rechnung erteilt. Die Zahlung geht bei U erst am 12.7.2020 ein. Unabhängig davon, ob U seine Umsätze nach vereinbarten Entgelten[6] besteuert oder nach vereinnahmten Entgelten[7], ist der Steuersatz nach den gesetzlichen Vorschriften zu berechnen, die zum Zeitpunkt der Ausführung der Leistung galten. Damit entsteht eine Umsatzsteuer von 19 %.

Zur korrekten Ermittlung der Umsatzsteuer muss damit immer festgestellt werden, wann die Leistung ausgeführt ist. Besondere Probleme ergeben sich bei langfristigen Verträgen, die über den Zeitpunkt des Steuersatzwechsels hinaus ausgeführt werden.

Praxis-Beispiel

Auftraggeber A erteilt dem Küchenbauer K am 20.10.2020 den Auftrag, in seinem privat genutzten Einfamilienhaus eine neue Küche einzubauen. Vereinbart wird für diese Leistung ein Betrag von 25.000 EUR zzgl. Umsatzsteuer. Als Ausführungstermin wird Dezember 2020 vereinbart. A leistet schon im Oktober 2020 eine Anzahlung von (20.000 EUR zzgl. 16 % USt =) 23.200 EUR. Aufgrund eines hohen Krankenstands im Dezember 2020 kann der Einbau der Küche erst im Januar 2021 erfolgen. Soweit die Absenkung des Regelsteuersatzes nicht über den 31.12.2020 hinaus verlängert werden sollte, ist die Leistung erst im Januar 2021 ausgeführt und unterliegt dann insgesamt (wieder) dem Regelsteuersatz von 19 %. Die von K mit 16 % besteuerte Anzahlung aus dem Oktober 2020 muss mit 3 % nachversteuert werden.

Grundsätzlich gilt für die Ausführung einer Leistung Folgendes:

  • Lieferungen: Lieferungen (auch Werklieferungen) gelten dann als ausgeführt, wenn der Leistungsempfänger die Verfügungsmacht an dem Gegenstand erworben hat; wird der Gegenstand befördert oder versendet, ist die Lieferung mit Beginn der Beförderung oder Versendung ausgeführt. Bei "unbewegten" Lieferungen – insbesondere bei Werklieferung – ist regelmäßig die Abnahme durch den Leistungsempfänger maßgeblich.
  • Sonstige Leistungen: Sonstige Leistungen (auch Werkleistungen) sind im Zeitpunkt ihrer Vollendung ausgeführt. Bei zeitlich begrenzten Dauerleistungen ist die Leistung mit Ende des Leistungsabschnitts ausgeführt, wenn keine Teilleistungen vorliegen.
  • Innergemeinschaftliche Erwerbe: Im UStG ist nur die Steuerentstehung für innergemeinschaftliche Erwerbe geregelt. Danach entsteht die Umsatzsteuer für einen innergemeinschaftlichen Erwerb mit Ausstellung der Rechnung, spätestens mit Ablauf des dem Erwerb folgenden Monats.[8] Grundsätzlich ist aber auf die Ausführung des "Umsatzes" abzustellen, was nicht der Steuerentstehung entsprechen muss. In Ermangelung einer abschließenden gesetzlichen Regelung, wann der inne...

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