Kommentar

1. Mit der Verpachtung eines Gewerbebetriebs erlischt die Gewerbesteuerpflicht des Verpächters. Die Verpachtung ist keine nur „vorübergehende Unterbrechung im Betrieb eines Gewerbes” i. S. des § 2 Abs. 4 GewStG .

2. Eine gewerbliche Gaststättenverpachtung wird nicht bereits deshalb zum „Gaststättenhandel”, weil innerhalb von fünf Jahren mehr als drei der verpachteten Gaststätten verkauft werden ( Betriebsverpachtung ; Gewerbesteuer ).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.06.1998, IV R 56/97

Anmerkung:

Kläger des vorausgegangenen Verfahrens waren Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die Grundstücke, Räume und Inventar zum Betrieb von Gaststätten verpachtete (vgl. auch Gruppe 4/66: „Betriebsverpachtung”). Die GbR hatte die Gaststätten – vorwiegend vor deren jeweiliger Verpachtung – selbst betrieben; einige Gaststätten verkaufte sie im Anschluß an die Verpachtung oder die Eigenbewirtschaftung. Der Streit ging um die Gewerbesteuerpflicht für die Zeit, in der die GbR keine der Gaststätten selbst betrieben hatte , sondern lediglich als Verpächterin tätig war. Der BFH ist zu Recht der Auffassung, daß die GbR für diese Zeit keine Gewerbesteuer entrichten muß.

1. Dabei geht der BFH davon aus, daß mit der Verpachtung eines Gewerbebetriebs die Gewerbesteuerpflicht des Verpächters erlischt (BFH, Beschluß v. 13. 11. 1963, GrS 1/63 S, BStBl 1964 III S. 124). Die längerfristige Verpachtung eines Betriebs stellt eine – nicht der Gewerbesteuer unterliegende – Vermögensverwaltung dar.

Das gilt grundsätzlich auch für die Verpachtung eines Teilbetriebs (RFH, Urteil v. 24. 3. 1937, VI A 495/36, RStBl 1937 S. 939; Abschn. 15 Abs. 2 Satz 1 GewStR ). Davon ausgenommen ist nur der Fall, daß der Teilbetrieb im Rahmen des Gewerbebetriebs verpachtet wird: Bleibt der wesentliche wirtschaftliche Zusammenhang zwischen dem verpachteten Teilbetrieb und dem Restbetrieb bestehen, wie z. B. bei der Verpachtung brauereieigener Gastwirtschaften durch die Brauerei, ist der gesamte Betrieb einschließlich der Teilbetriebsverpachtung weiterhin als gewerblich zu betrachten ( BFH, Urteil v. 5. 10. 1976, VIII R 62/72, BStBl 1977 II S. 42 ).

2. Die von der GbR teils selbst bewirtschafteten, teils verpachteten Gaststätten sind als Teilbetriebe anzusehen. Sie sind „organisch geschlossene, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattete Teile des Gesamtbetriebs, die jeweils für sich allein lebensfähig sind” (so die Definition des Begriffs „Teilbetrieb” in der ständigen Rechtsprechung des BFH; vgl. BFH, Urteil v. 13. 2. 1996, VIII R 39/92, BStBl 1996 II S. 409 ).

In der Zeit, in der die GbR sämtliche Gaststätten verpachtet hatte, bestand – ebenso wie in den Fällen der Verpachtung des gesamten Betriebs – keine Gewerbesteuerpflicht (vgl. BFH, Urteil v. 13. 10. 1977, IV R 174/74, BStBl 1978 II S. 73 ).

3. Das Fortbestehen der Gewerbesteuerpflicht während der Verpachtung sämtlicher Gaststätten konnte auch nicht auf die – verfassungsrechtlich bedenkliche – „Abfärbe-Regelung” (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG in der bis 1986 geltenden Fassung; nunmehr: § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ) gestützt werden. Die Regelung sieht vor, daß eine mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft in vollem Umfang als Gewerbebetrieb „gilt” , wenn die Gesellschaft sowohl gewerblich als auch nicht gewerblich tätig wird. Die Abfärbe-Regelung konnte für die Gewerbesteuerpflicht der GbR nur hinsichtlich der Zeiträume Bedeutung haben, in denen sie sich nicht auf die Verpachtung von Gaststätten beschränkte, sondern – z. B. durch Eigenbewirtschaftung einer Gaststätte – selbst gewerblich tätig war. Für diese Phase hätte allerdings die Verfassungsmäßigkeit der Abfärbe-Regelung geprüft werden müssen (vgl. hierzu Vorlagebeschluß des Niedersächsischen FG v. 24. 6. 1998, IV 317/91, Az. des BFH: 1 BvL 10/98; vgl. auch Gruppe 2 S. 419 f.).

4. Das Fortbestehen der Gewerbesteuerpflicht während des gesamten Veranlagungszeitraums konnte schließlich auch nicht damit begründet werden, daß die Kläger in Form der GbR einen „gewerblichen Gaststättenhandel” betrieben haben. Mit dieser – vom FA in Anlehnung an den Begriff des „gewerblichen Grundstückshandels” verwendeten – Formulierung sollte der wiederholte Verkauf von Gaststätten, ähnlich wie Grundstücksveräußerungen im Fall der Überschreitung der sog. „Drei-Objekt-Grenze” ( Gewerblicher Grundstückshandel ), als gewerbliche Tätigkeit charakterisiert werden. Diese Konstruktion hat der BFH für den hier vorliegenden Sachverhalt indessen zu Recht abgelehnt. Denn die einzelnen Gaststätten dienten als Anlagevermögen der Selbstbewirtschaftung oder der Verpachtung; sie dienten dagegen nicht einem übergeordneten Hauptbetrieb „Gaststättenhandel” als Umlaufvermögen.

5. In der Entscheidung, die mehrere Rechtsfragen zur Anwendung des Gewerbesteuerrechts betrifft, blieb noch unberücksichtigt, daß kurze Zeit nach Ergehen der Entscheidung wegen der Verfassungsmäßigkeit der Gewerbeertragsteuer ein Normenkontrollverfahren ...

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