Führt ein Unternehmer Werklieferungen und sonstige Leistungen aus, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, wird der Leistungsempfänger dann zum Steuerschuldner, wenn er ein Unternehmer ist, der selbst solche Bauleistungen nachhaltig ausführt.[1] Darüber hinaus ist gesetzlich klargestellt, dass als Grundstücke insbesondere auch Sachen, Ausstattungsgegenstände und Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude oder Bauwerk installiert sind und die nicht bewegt werden können, ohne das Gebäude oder Bauwerk zu zerstören oder zu verändern gelten; dies betrifft insbesondere Betriebsvorrichtungen.[2] Dabei ist der Begriff des Bauwerks weit auszulegen und soll nicht nur Gebäude, sondern alle mit dem Erdboden verbundenen Anlagen erfassen.

 
Praxis-Tipp

Bagatellgrenze

Für Wartungs- und Reparaturarbeiten gilt eine Nichtaufgriffsgrenze von 500 EUR (netto), bis zu der die Übertragung der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger nicht anzuwenden ist.

Der Leistungsempfänger wird zum Steuerschuldner für eine ihm gegenüber ausgeführte Bauleistung, wenn er selbst nachhaltig solche Bauleistungen ausführt. Nicht von Bedeutung ist es, ob er die erhaltene Bauleistung unmittelbar für eine eigene Bauleistung verwendet. Ob er als bauleistender Unternehmer anzusehen ist, wird dem Unternehmer von der Finanzverwaltung durch das Formular"USt 1 TG" bestätigt.

Das Gesetz enthält unmittelbar keine Aussage, unter welchen Voraussetzungen davon auszugehen ist, dass der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, der nachhaltig Bauleistungen ausführt. Allerdings wird gesetzlich festgeschrieben, dass davon auszugehen ist, wenn er eine von der Finanzverwaltung ausgestellte Bescheinigung[3] besitzt, die ihm diese Eigenschaft bestätigt.

 
Hinweis

Umsatzgrenze des Vorjahrs entscheidend

Im Gesetz ist nicht ausdrücklich geregelt, unter welchen Voraussetzungen diese Bescheinigung durch die Finanzverwaltung erteilt wird. Allerdings wird in der Gesetzesbegründung vorgegeben, dass die Bescheinigung auszustellen ist, wenn der Leistungsempfänger im vorangegangenen Kalenderjahr mindestens 10 % seiner weltweit ausgeführten Leistungen als Bauleistungen ausgeführt hat.

Die Finanzverwaltung hat die Definition des bauleistenden Unternehmers als Leistungsempfänger in Abschn. 13b.3 UStAE aufgenommen. Dabei wurden inhaltlich die Vorgaben aus der Gesetzesbegründung übernommen. Es ist davon auszugehen, dass der Unternehmer als bauleistender Unternehmer anzusehen ist, wenn er mindestens 10 % seines Weltumsatzes (Summe seiner im Inland steuerbaren und nicht steuerbaren Umsätze) als Bauleistungen erbringt. Hat der Unternehmer noch keine Bauleistungen ausgeführt, muss er glaubhaft machen, dass er voraussichtlich mehr als 10 % seines Weltumsatzes als Bauleistungen ausführen wird.

Besteht die Möglichkeit, dass die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergehen könnte, müssen die beiden Vertragsparteien unterschiedliche Anforderungen beachten. Der Unternehmer, der Bauleistungen erbringt, hat folgende Verpflichtungen:

  • Überprüfung der Eigenschaft des Leistungsempfängers, wenn zweifelhaft ist, ob der Leistungsempfänger selbst Unternehmer ist, der Bauleistungen erbringt. Er muss prüfen, ob der Leistungsempfänger eine Bescheinigung "USt 1 TG" des Finanzamts besitzt;
  • Ausstellung einer Rechnung ohne Umsatzsteuer, in der mit den Worten "Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfänger" auf den Übergang der Steuerschuld hingewiesen wird, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 13 b Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 5 Satz 2 UStG vorliegen;
  • Beachtung der Aufzeichnungspflichten nach § 22 Abs. 2 Nr. 8 UStG.

Der Leistungsempfänger hat dementsprechend die folgenden Verpflichtungen:

  • Feststellung, ob er als Unternehmer anzusehen ist, der die Voraussetzung als bauleistender Unternehmer erfüllt – in diesem Fall muss er die Erteilung der Bescheinigung "USt 1 TG" bei seinem zuständigen Finanzamt beantragen;
  • Mitteilung an den leistenden Unternehmer, wenn er Unternehmer ist, der Bauleistungen erbringt und Vorlage der Bescheinigung "USt 1 TG";
  • Prüfung der Eingangsrechnungen auf Nettoausweis und Berechnung der Umsatzsteuer – es darf in der Rechnung keine Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen werden. Die Umsatzsteuer ist in der Voranmeldung anzugeben; soweit eine Vorsteuerabzugsberechtigung besteht, kann die geschuldete Umsatzsteuer als Vorsteuer abgezogen werden[4];
  • Beachtung der Aufzeichnungspflichten nach § 22 Abs. 2 Nr. 8 UStG.
 
Praxis-Beispiel

Auftrag an Subunternehmer

Bauunternehmer B hat mit dem Pharmakonzern P den Vertrag über die Errichtung einer neuen Produktionshalle abgeschlossen. Insgesamt ist ein Nettopreis von 10 Mio. EUR vereinbart worden. B erteilt u. a. einen Unterauftrag an den Dachdecker D, die Dachdeckerleistungen auszuführen. Zwischen D und B wurde ein Nettopreis i. H. v. 500.000 EUR vereinbart. B verwendet gegenüber D die ihm erteilte Bescheinigung "USt 1 TG".

D erbringt an B eine steuerbare und steuerpflichtige Werklieferung; Steuerschuldner wird nach § 13 ...

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