LfSt Bayern, 22.7.2011, S 2198 b.2.1 - 9/9 St 32

Im Beschluss vom 20.7.2010, X B 70/10, BFH/NV 2010 S. 2007, der in einem Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung erging, äußerte der BFH ernstliche Zweifel hinsichtlich der Rechtmäßigkeit eines Einkommensteuerbescheides, wenn in diesem allein aufgrund der noch fehlenden Bescheinigung der Denkmalschutzbehörde gem. § 7i Abs. 2 EStG die Steuervergünstigung nach den §§ 10f, 7i EStG nicht berücksichtigt wird. Nach Auffassung des BFH habe eine ermessensgerechte Schätzung nach § 162 Abs. 5 AO zu erfolgen.

Die Erörterung der obersten Finanzbehörden der Länder und des Bundes hinsichtlich der Anwendung dieses Beschlusses ergab folgendes Ergebnis:

Unter Berufung auf das BFH-Urteil vom 22.9.2005, BStBl 2007 II S. 373, in dem die Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde nach § 7h Abs. 2 EStG als materiell-rechtliche Abzugsvoraussetzung für die Begünstigung nach § 7h EStG gewertet wurde, wird der Beschluss vom 20.7.2010 über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht angewendet.

Die Bescheinigung der zuständigen Behörde gem. § 7h Abs. 2 EStG bzw. § 7i Abs. 2 EStG ist eine materiell-rechtliche Tatbestandsvoraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung.

Bis zur Vorlage der Bescheinigung ist ein Anspruch auf die Steuervergünstigung noch nicht entstanden (§ 38 AO); eine Berücksichtigung der Steuervergünstigung scheidet daher auch bei einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen aus.

Liegt eine Bescheinigung nicht vor, so kann weder im Rahmen einer Schätzung nach § 162 Abs. 5 AO, noch bei einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 AO eine erhöhte Absetzung nach den §§ 7i, 7h EStG erfolgen.

Ebenso wenig können die erhöhten Absetzungen im Lohnsteuerermäßigungsverfahren bzw. bei der Festsetzung von Vorauszahlungen berücksichtigt werden. Bei Nichtanerkennung der erhöhten Absetzung wegen fehlender Bescheinigung sind für die Berechnung der Absetzung für Abnutzung des Objektes die als begünstigte Anschaffungs- oder Herstellungskosten erklärten Aufwendungen ggf. in die („reguläre”) AfA-Bemessungsgrundlage nach § 7 Abs. 4 bzw. Abs. 5 EStG einzubeziehen.

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass vorläufige Bescheinigungen gem. § 7h Abs. 2 EStG bzw. § 7i Abs. 2 EStG für die Anerkennung der erhöhten Absetzungen nicht ausreichen.

Soweit für vorläufige Bescheinigungen des Freistaates Sachsen eine Billigkeitsmaßnahme gegolten hat, ist diese für vorläufige Bescheinigungen, die nach dem 31.12.2008 ausgestellt wurden nicht mehr anzuwenden. Dies bedeutet, dass vorläufige Bescheinigungen des Freistaates Sachsen, die nach dem 31.12.2008 ausgestellt wurden, nicht mehr anerkannt werden können; in diesen Fällen gelten die obigen Ausführungen entsprechend.

 

Normenkette

EStG § 7h Abs. 2

EStG § 7i Abs. 2

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