§ 33 EStG setzt eine Belastung des Steuerpflichtigen aufgrund außergewöhnlicher und dem Grunde nach zwangsläufiger Aufwendungen voraus. Belastet ist der Steuerpflichtige, wenn er die Aufwendungen endgültig selbst zu tragen hat. Eine Belastung besteht daher insoweit nicht, als die Aufwendungen von dritter Seite erstattet werden. Ersatzleistungen – auch diejenigen in späteren Jahren – mindern die Belastung bereits im Jahr der Verausgabung der Aufwendungen.[1] Die Ersatzleistung und der Aufwand müssen auf demselben Ereignis beruhen.[2] Eine zu erwartende Erstattung muss notfalls im Schätzungswege berücksichtigt werden. Allerdings sind steuerpflichtige Ersatzleistungen nicht gegenzurechnen.[3]

 
Praxis-Beispiel

Krankheitskosten – Erstattung von Aufwendungen

Ein Steuerpflichtiger erhält wegen der ihm entstandenen Krankheitskosten steuerfreie Beihilfen von seinem Arbeitgeber und Erstattungen der Krankenkasse. In Höhe der Ersatzleistungen ist der Steuerpflichtige durch die Krankheitskosten nicht selbst endgültig belastet.[4] Entsprechendes gilt für die Leistungen aus einer Krankenhaustagegeldversicherung.[5]

Dagegen werden Leistungen aus einer Krankentagegeldversicherung – anders als die Leistungen aus der Krankenhaustagegeldversicherung – nicht auf die Krankheitskosten angerechnet, weil insoweit – unabhängig von den anfallenden Krankheitskosten – ein Verdienstausfall ausgeglichen wird.[6]

An einer Belastung fehlt es auch, wenn der Steuerpflichtige für seine Aufwendungen Vorteile erhält, die auch für andere Personen von Wert sein können. Die eine Belastung ausschließenden Vorteile müssen somit eine gewisse Marktgängigkeit besitzen, die regelmäßig in einem bestimmten Verkehrswert zum Ausdruck kommt (sog. Gegenwertlehre).[7]

Die Einschränkungen durch die Gegenwertlehre gelten jedoch nicht für Aufwendungen zur Schadensbeseitigung bzw. Wiederbeschaffung von verloren gegangenen Gegenständen, wenn es sich um existenziell notwendige Wirtschaftsgüter handelt und der Schaden (Verlust) durch ein außergewöhnliches, unabwendbares Ereignis eingetreten ist und ein eigenes Verschulden am Schadenseintritt ausscheidet. Ist unter diesen Voraussetzungen ein Verlust eingetreten, wird "verlorener Aufwand" insoweit als außergewöhnliche Belastung anerkannt, als durch die Schadensbeseitigung nicht Wertverbesserungen eintreten.[8]

 
Praxis-Beispiel

Wasserschaden

Im Erdgeschoss eines Einfamilienhauses, das an die gemeindliche Drainageleitung angeschlossen ist, staute sich nach außergewöhnlich starken Regenfällen das Wasser in den Wohnräumen. Der Gesamtaufwand für die Beseitigung der Schäden betrug 30.000 EUR. Die Kosten sind zu berücksichtigen, soweit kein Verschulden vorliegt und Risiken dieser Art im Rahmen üblicher Hausversicherungen nicht versicherbar sind. Über die reine Wiederherstellung der vollen Funktionsfähigkeit hinausgehende werterhöhende Aufwendungen sind allerdings nicht abziehbar.[9]

An einer Belastung fehlt es, soweit im Zusammenhang mit dem Schadensereignis ein anderweitiger, nicht nur vorübergehender Vorteil zufließt (Grundsatz der Vorteilsanrechnung). Vorteile und Kostenerstattungen, die als Ausgleich für die Belastung gewährt werden, sind belastungsmindernd anzurechnen. So sind z. B. bei der Berücksichtigung (unausweichlicher) Zivilprozesskosten die Leistungen aus einer Rechtsschutzversicherung im Rahmen des Vorteilsausgleichs gegenzurechnen.[10] Entsprechendes gilt bei den Pflegekosten für die Gegenrechnung der Leistungen der Pflegeversicherung.[11] Ebenso ist bei den Kosten einer Heimunterbringung die Haushaltsersparnis abzuziehen.[12] Ein Vorteilsausgleich erfolgt auch, wenn und soweit Aufwendungen, die in einem früheren Veranlagungszeitraum erwachsen sind, in einem späteren Veranlagungszeitraum etwa von einer Versicherung erstattet werden. Gleiches gilt, wenn Aufwendungen erst in einem Kalenderjahr anfallen, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem dem Steuerpflichtigen Aufwendungsersatz, z. B. die Erstattung aus einer Hausratversicherung, zugeflossen ist. Das Zu- und Abflussprinzip des § 11 EStG wird insoweit durch das für § 33 EStG geltende Belastungsprinzip ausgeschaltet.[13]

Eine Anrechnung hat jedoch zu unterbleiben, wenn und soweit die Ersatzleistungen beim Empfänger als steuerpflichtige Einnahmen erfasst wurden.[14] Das kann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber oder ein Dritter Krankheitskosten ersetzt und diese Ersatzleistungen als steuerpflichtige Einnahmen und damit steuererhöhend zu behandeln sind.

 
Wichtig

Einschränkung der Gegenwertlehre

Bei krankheits- bzw. behinderungsbedingter Gestaltung des individuellen Wohnumfelds, insbes. Umbaukosten, wendet der BFH die Gegenwertlehre weniger streng an. In dem Umstand, dass die Umbauten (Aufzug, behindertengerechtes Bad usw.) von den nicht behinderten Familienangehörigen (oder bei einer Veräußerung vom Erwerber) mitgenutzt werden können, sieht er keinen realen Gegenwert. Behinderungsbedingter Mehraufwand[15] steht stets so stark unter dem Gebot der Zwangsläufigkeit, dass die Erlang...

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