Rz. 42

Insbesondere im Erbschaftsteuerrecht sind Unternehmen mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Seit 2009 wird der gemeine Wert für Einzelunternehmen, für Anteile an Mitunternehmerschaften und für Anteile an Kapitalgesellschaften nach den gleichen Regeln ermittelt, § 11 Abs. 2 und § 109 BewG. Vorrangig ist der gemeine Wert aus Verkäufen unter fremden Dritten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, abzuleiten. Liegen solche Geschäfte nicht vor, ist der gemeine Wert unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten zu ermitteln. Hierfür hat der Gesetzgeber ein vereinfachtes Ertragswertverfahren entwickelt, § 11 Abs. 2, §§ 199 BewG. Die Wertuntergrenze ist der Substanzwert nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG.

 

Rz. 43

In dem vereinfachten Ertragswertverfahren sind die nachhaltig erzielbaren Jahreserträge mit einem Kapitalisierungsfaktor zu multiplizieren, § 200 Abs. 1 BewG. Zur Bestimmung der nachhaltigen Jahreserträge wird auf den "Gewinn i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG" zurückgegriffen, § 201 Abs. 2 § 202 Abs. 1 Satz 1 BewG. Ausgangsgröße ist das steuerbilanzielle Ergebnis und nicht das zu versteuernde Einkommen.[1] Außerbilanzielle Korrekturen sind bei der Ermittlung des Betriebsergebnisses bzw. des nachhaltigen Jahresüberschusses im vereinfachten Ertragswertverfahren nicht zu berücksichtigen.[2]

 

Rz. 44

Nach § 202 Abs. 1 Satz 2 BewG ist der steuerbilanzielle Jahresüberschuss/-fehlbetrag um einige Positionen zu korrigieren. Diese erbschaftsteuerlichen außerbilanziellen Korrekturen sind erforderlich, um das steuerbilanzielle Ergebnis an einen nachhaltigen erzielbaren Ertrag für ein Ertragswertverfahren anzupassen. Um alle Unternehmen gleich zu behandeln, wird ein pauschaler Ertragsteuersatz i. H. v. 30 % angesetzt und der tatsächliche Steueraufwand ist zu korrigieren. Außerdem wird ein angemessener kalkulatorischer Unternehmerlohn abgezogen. Außerordentliche Erträge und Aufwendungen, einmalige Veräußerungsgewinne und -verluste, die Abschreibung eines Geschäfts- und Firmenwerts und weitere Positionen sind zu berichtigen.

[1] Gleichlautender Ländererlass v. 25.6.2009, BStBl 2009 I S. 698, Abschn. 22 Abs. 2; Eisele, in Rössler/Troll, BewG, § 202, Rn. 2. Dies ist eine Änderung gegenüber dem sog. "Stuttgarter Verfahren", das bis 2009 für Anteile an Kapitalgesellschaften regelmäßig anzuwenden war. Das "Stuttgarter Verfahren" berücksichtigte neben dem Vermögenswert die Ertragsaussichten der Gesellschaft. Die außerbilanziellen Korrekturen wirkten sich nach den Richtlinien zum "Stuttgarter Verfahren" bei der Ermittlung der Ertragsaussichten aus. Nach R 99 Abs. 1 Satz 4 ErbStR 2003 ging die Finanzverwaltung vom "zu versteuernden Einkommen" aus. Für die Ertragsaussichten wurde also grundsätzlich auf den Gewinn nach außerbilanziellen Korrekturen abgestellt. Steuerfreie Einnahmen, insbesondere die 95 %-Freistellung nach § 8b KStG und nicht abziehbare Betriebsausgaben sollten aber trotzdem rückgängig gemacht werden, R 99 Abs. 1 Satz 5 ErbStR 2003.
[2] Gleichlautender Ländererlass v. 25.6.2009, BStBl 2009 I S. 698, Abschn. 22 Abs. 2; Eisele, in Rössler/Troll, BewG, § 202 Rn. 2.

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