Besonderes Augenmerk legt die Betriebsprüfung seit je her auf bargeldintensive Betriebe. Dies sind im Groben Bäckereien, Metzgereien und Gaststätten. Die Umsätze werden hier fast ausschließlich bar abgerechnet. Meist werden bei einem Geschäftsvorgang Umsätze mit verschiedenen Steuersätzen erzielt. Eine Kalkulation wird durch Eigenverbrauch und Verderb erschwert. Saisonale Schwankungen und häufiger Wechsel von geringfügig beschäftigten Arbeitnehmern sind zu beachten. Diese Problematiken treten am häufigsten und komplexesten in der Gastronomie auf.

Betriebsformen

In den letzten Jahren hat sich das Gaststättengewerbe in Deutschland stark verändert. Neben der reinen "Deutschen Küche", "US-Burger" und italienischer Pizza sind viele weitere Spezialitäten hinzugekommen: Griechische, türkische, chinesische, indische und sonstige asiatische Küchen. Auch die Art und Weise der Speisen- und Getränkeabgabe hat sich diversifiziert: Speisegaststätte, Erlebnisgastronomie, Cateringservice einerseits, Bierlokal, Imbisswagen, Dönerbude etc. andererseits. Zu beachten sind auch gastronomische "Nebenbetriebe", wie Café in der Bäckerei, Mittagstheke beim Metzger oder Essen und Trinken im Möbelhaus. Die "Klassiker" Hotel- und Gaststättengewerbe sowie Fest- und Zeltbetriebe runden das Umfeld ab.

Kalkulation

Bei jeder Kalkulation sind diese o. g. Besonderheiten in der Betriebsform zu berücksichtigen. Zunächst müssen Wareneinsatz, Personalkosten und Umsätze dem jeweiligen Geschäftsbereich zugeordnet werden. Die Anteile der Umsätze im und außer Haus sowie das Verhältnis Getränke zu Speisen sind zu ermitteln. Sodann müssen Verderb, Personalverpflegung und Eigenverbrauch berücksichtigt werden. Anhand der im Betrieb verwendeten Rezepturen und Abgabepreise wird dann eine Aufschlagskalkulation erstellt. Zum Schluss findet eine Abstimmung mit den Daten der meist elektronischen Kasse bzw. verbuchten Einnahmen statt.

Aufzeichnungen

Um eine Verprobung durchführen zu können, wird das Finanzamt folgende aufbewahrungspflichtige Unterlagen anfordern: Wareneingang, Lohnkonten, Aufzeichnungen nach dem Mindestlohngesetz (ab 2015), Speisekarten, Rezepturen, Unterlagen zu Länge und Reinigung der Bierleitung.

Kassensystem

Die alten Einnahmeerfassungssysteme (Schub, Geldbeutel, Registrierkasse, Kassenbuch) sind kaum mehr anzutreffen. Sie wurden durch elektronische Kassen, PC-Kassen und "Orderman" (Smartphone als Bestell- und Abrechnungsmedium) ersetzt. Sie bieten eine große Bandbreite an Eingabe- und Auswertungsmöglichkeiten: Sofortige Zuordnung eines Umsatzes zu "in" bzw. "außer Haus", Ermittlung von Umsätzen pro Tisch, zu gewisser Uhrzeit, bei bestimmten Wetter, pro Kellner(in). Im Zusammenspiel mit Wareneinsatz werden Umsatzrenner oder Aufschlagsflops ermittelt. Die Bestellmenge für den Wareneinkauf kann vorausberechnet, die körperliche Inventur mit der Buchinventur abgeglichen werden.

Auch der Fiskus wird darauf zurückgreifen. Problematisch ist hier die gesetzlich vorgeschriebene "Unveränderbarkeit" der Daten, die bei jedem Kassensystem wesentlicher Bestandteil für die Beweiskraft der Buchführung ist.

Vor Beginn der eigentlichen Außenprüfung kann die Finanzveraltung (seit 2017) Testkäufe durchführen. Im Anschluss daran oder nach einigen Tagen wird dann eine sog. Kassennaschschau vorgenommen. Im Gegensatz zur "nomalen" Außenprüfung erfolgt diese Nachschau ohne Vorankündigung. Bei der Kassennachschau werden die Kassendaten für einen beliebigen Zeitraum (i. d. R. bis zum Auslesetag) ausgelesen und analysiert. Ergeben sich schon beim Auslesen erhebliche Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung, kann sofort zu einer Außenprüfung übergegangen werden. Eine strafbefreiende Selbstanzeige ist dann nicht mehr möglich.

Sonstige Umsatzträger

Zusätzlich zum reinen Gastronomiebetrieb kommen unter Umständen noch Umsätze aus Automaten (z. B. Zigaretten) oder Veranstaltungen (Theater, Musik, Kabarett) hinzu.

Umsatzsteuer

Bei der Umsatzsteuer unterliegen Umsätze in der Gastwirtschaft dem vollen, die Lieferung von Speisen außer Haus dem ermäßigten Steuersatz. Hierauf wird die Außenprüfung ein gewichtiges Augenmerk legen. Zu beachten ist z. B., dass die meisten Getränke grundsätzlich dem vollen Steuersatz unterliegen – auch wenn sie "außer Haus" verkauft werden.

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