Leitsatz

1. Die durch das InvZulÄndG vom 20.12.2000 in § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 eingefügte Regelung, wonach eine Investitionszulage für nachträgliche Herstellungsarbeiten an Gebäuden nur zu gewähren ist, wenn im Veräußerungsfall auch der Erwerber für die Herstellungsarbeiten keine erhöhten Absetzungen in Anspruch nimmt, gilt nicht, wenn die Investition bereits vor der endgültigen Beschlussfassung über das InvZulÄndG (20.12.2000) durch Einreichung eines Bauantrags für das genehmigungspflichtige Vorhaben ins Werk gesetzt wurde.

2. Hat der Investor den notariellen Vertrag über den Erwerb des zu sanierenden Objekts vor dem 21.12.2000 geschlossen, greift die rückwirkende Ausdehnung des Kumulationsverbots in § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 auch dann nicht ein, wenn der Investor den Bauantrag zwar nicht selbst gestellt hat, jedoch seinem Rechtsvorgänger bereits eine Baugenehmigung für dieselbe Investition erteilt worden war.

 

Normenkette

§ 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999, § 7i EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine im August 2000 gegründete GbR. Ihre Gesellschafterinnen, die B-GmbH und die J AG, wollten ein 1900 erbautes Wohngebäude in Leipzig sanieren und verkaufen. Die J AG hatte das Grundstück mit Vertrag vom 13.7.2000 erworben. Dem Veräußerer war bereits 1998 eine Baugenehmigung erteilt worden. Nach Abschluss des Generalübernehmervertrags zwischen der Klägerin und der B GmbH am 3.9.2001 wurden die Wohnungen saniert. Mit Bauantrag vom 28.9.2001 begehrte die J AG auf der Basis der bereits vorliegenden Baugenehmigung vom 11.6.1998 eine geänderte Genehmigung, da die Grundrisse der Wohnungen geändert und zusätzliche Balkone angebaut werden sollten. Am 31.12.2001 waren die Eigentumswohnungen bezugsfertig, die Bauleistungen zahlte die Klägerin. Die Erwerber der Eigentumswohnungen nahmen erhöhte Absetzungen für Baudenkmale in Anspruch (§ 7i EStG).

Das FA lehnte die Festsetzung der Investitionszulage unter Hinweis auf das Kumulationsverbot in § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 ab. Das FG gab der Klage statt (Sächsisches FG, Urteil vom 3.5.2007, 2 K 425/04, Haufe-Index 2142951).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des FA zurück. Das Kumulationsverbot griff nicht ein, da die Investition im Zeitpunkt des endgültigen Beschlusses über das InvZulÄndG (20.12.2000) durch den Abschluss des notariellen Kaufvertrags vom 13.7.2000 über das mit einer Baugenehmigung für die geplante Investition ausgestattete Objekt bereits begonnen hatte.

 

Hinweis

1. Bei der Umstellung der Förderung von Immobilieninvestitionen in den neuen Bundesländern zum 1.1.1999 von Sonderabschreibungen nach dem FöGbG auf Investitionszulagen und erhöhte Absetzungen sind dem Gesetzgeber Fehler unterlaufen, die in bestimmten Fällen eine doppelte Begünstigung ermöglichten. Mit den gesetzgeberischen Reparaturbemühungen hat sich der BFH bereits mehrfach auseinandergesetzt:

  • Durch das StBereinG 1999 vom 22.12.1999 wurde der Anspruch auf Investitionszulage rückwirkend ausgeschlossen, soweit im Veräußerungsfall der Erwerber für das Gebäude Sonderabschreibungen in Anspruch nahm. Darin hat der BFH eine nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot verstoßende bloße Klarstellung gesehen (BFH, Urteil vom 18.5.2006, I R 21/03, BFH/NV 2006, 1994, BFH/PR 2006, 460).
  • Die Neuregelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999 durch das InvZulÄndG erweiterte dagegen die Kumulationsverbote und galt daher nicht für Investitionen, die der Investor bereits vor der endgültigen Beschlussfassung des InvZulÄndG am 20.12.2000 begonnen hatte (BFH, Urteil vom 14.12.2006, III R 27/03, BFH/NV 2007, 1044, BFH/PR 2007, 240).

2. Die wegen der unechten Rückwirkung des InvZul­ÄndG gebotene verfassungskonforme Auslegung lässt das Kumulationsverbot entfallen, wenn mit nachträglichen Herstellungsarbeiten an Gebäuden vor dem 20.12.2000 begonnen wurde. Den Beginn dieser Arbeiten bestimmt der BFH in Anlehnung an seine Rechtsprechung zu betrieblichen Investitionen als den Zeitpunkt, zu dem der Investor den erforderlichen Bauantrag stellt.

3. Der Zeitpunkt des Bauantrags ist auch dann maßgeblich, wenn dieser nicht vom Investor gestellt wurde, sondern vom Veräußerer des Grundstücks. Erwirbt der Investor das Grundstück "mit Bauantrag", so tritt er bauaufsichtsrechtlich in die Rechtsposition des Grundstücksverkäufers ein und genießt damit zulagenrechtlich Vertrauensschutz, d.h. er unterliegt auch dann nicht dem später beschlossenen Kumulationsverbot, wenn er erst danach mit den eigentlichen Bauarbeiten beginnt.

4. Trägt eine Personengesellschaft die Investitionen an einem im Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters gehaltenen Wirtschaftsgut, so steht ihr die Zulage zu.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 27.10.2011 – III R 6/09

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