Leitsatz

Auf das Ausscheiden eines Mitunternehmers aus der Mitunternehmerschaft gegen Sachwertabfindung aus dem mitunternehmerischen Vermögen finden die Grundsätze der Realteilung auch dann Anwendung, wenn die Abfindung nicht in der Übertragung eines Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils, sondern in der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter besteht (gegen BMF-Schreiben vom 20. Dezember 2016 IV C 6-S 2242/07/10002:004, BStBl I 2017, 36).

 

Normenkette

§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 3 EStG, § 24 UmwStG

 

Sachverhalt

Der zum Klageverfahren beigeladene ehemalige Kommanditist der klagenden KG hatte die Gesellschaft aufgrund einer dreistufigen Gestaltung verlassen, indem er zunächst am 31.12.2002 zwei in seinem Sonderbetriebsvermögen gehaltene Beteiligungen an Kapitalgesellschaften zum Buchwert auf die KG übertragen, dann am 1.1.2003 seinen KG-Anteil in eine Ein-Mann-GmbH & Co. KG eingebracht hatte und letztere sogleich ebenfalls am 1.1.2003 gegen Abfindung mit Wirtschaftsgütern eines nicht als Teilbetrieb organisierten Geschäftsbereichs der KG ausgeschieden war.

Das FA betrachtete die Gestaltung insgesamt als Ausscheiden des Kommanditisten gegen Sachwertabfindung mit Spitzenausgleich im Wege eines Tauschs. Der Kommanditist habe einen Gewinn aus der Veräußerung seiner Kapitalbeteiligungen, die KG einen Gewinn aus dem Verkauf der zur Abfindung übertragenen Wirtschaftsgüter erzielt. Diese Gewinne wurden in dem Gewinnfeststellungsbescheid 2003 für die KG festgestellt.

Das FG folgte dem Vorbringen der KG, die Vorgänge seien erfolgsneutral gewesen, und gab der Klage statt (FG Düsseldorf, Urteil vom 4.12.2014, 14 K 2968/09 F, Haufe-Index 7621210).

 

Entscheidung

Die dagegen vom FA erhobene Revision hatte keinen Erfolg. Der BFH ging – mit anderer Begründung als das FG – ebenfalls davon aus, dass im Jahr 2003 kein Gewinn aus den streitigen Übertragungen entstanden sei. Diese seien jeweils einzeln und nicht als einheitlicher Vorgang zu würdigen. Die beiden im Streitjahr 2003 erfolgten Übertragungen hätten zum Buchwert stattgefunden, nämlich als Einbringung des Kommanditanteils in die neue Ein-Mann-GmbH & Co. KG nach § 24 UmwStG und als Ausscheiden dieser neuen Gesellschafterin gegen Sachwertabfindung nach den für eine Realteilung geltenden Grundsätzen des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG.

 

Hinweis

1. Mit dem Urteil setzt der BFH seine im Jahr 2015 begonnene Rechtsprechung zur Behandlung des Ausscheidens aus einer Personengesellschaft gegen Sachwertabfindung fort (BFH, Urteil vom 17.9.2015, III R 49/13, BFH/PR 2016, 136, BStBl II 2017, 37). Derartige Vorgänge bezeichnet der BFH jetzt als "unechte Realteilung" (BFH, Urteil vom 16.3.2017, IV R 31/14, BFH/PR 2017, 291).

a) In dem 2015 entschiedenen Fall hatte der ausscheidende Gesellschafter zur Abfindung einen Teilbetrieb von der Personengesellschaft erhalten. Der BFH beurteilte den Vorgang damals als Aufgabe des Mitunternehmeranteils des ausgeschiedenen Gesellschafters, auf die die Grundsätze der Realteilung nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG anzuwenden seien. Im hier besprochenen Urteil erstreckt der BFH die Anwendung der Realteilungsgrundsätze nun auch auf Fälle, in denen nicht Teilbetriebe, sondern nur einzelne Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens zur Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters auf jenen übertragen werden.

b) Damit widerspricht der BFH zugleich dem gerade erst erneuerten Realteilungserlass der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 20.12.2016, BStBl I 2017, 36). Darin hatte die Verwaltung zwar die neue Rechtsprechung zur Sachwertabfindung mit Teilbetrieben übernommen und noch auf Abfindungen mit Mitunternehmeranteilen ausgeweitet, die Übertragung auf Abfindungen mit Einzelwirtschaftsgütern aber weiterhin abgelehnt. Sollte nach dem jetzigen Urteil keine Gesetzesänderung eingeleitet werden, wird die Verwaltung an ihrer bisherigen Handhabung nicht mehr festhalten können.

2. Auch unter einem zweiten Aspekt setzt der BFH mit diesem Urteil seine Rechtsprechung fort.

a) Er lehnt es nämlich erneut ab, mehrstufige und offensichtlich auf einem einheitlichen Plan beruhende Gestaltungen zu einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang zusammenzufassen und als solchen unter einen Steuertatbestand zu subsumieren. Wenn nicht die Voraussetzungen des § 42 AO erfüllt sind, sind die tatsächlich verwirklichten zivilrechtlichen Rechtsgeschäfte Gegenstand der steuerrechtlichen Beurteilung. Dabei ist allerdings im Rahmen einer am Zweck der Regelung orientierten Auslegung der Steuernorm zu prüfen, ob sie sich auch auf den verwirklichten Sachverhalt erstreckt.

b) In dem BFH-Urteil vom 16.12.2015 (IV R 8/12, BFH/PR 2016, 133) hatte der BFH die kurzfristige Zwischenschaltung von Ein-Mann-GmbH & Co. KG zum Zweck der Realteilung einer gewerblich geprägten KG als für die Buchwertfortführung unschädlich behandelt. Das Urteil wurde bisher von der Finanzverwaltung ignoriert. Im hier besprochenen Urteil hatte der BFH nun keine Bedenken, dass eine Ein-Mann-GmbH & Co. KG für eine logische Sekunde vor dem Aussch...

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