Leitsatz

Das FG Berlin-Brandenburg entschied, dass ein Unternehmer im Falle gefälschter Ausfuhrstempel einem Gutglaubensschutz unterliegt, wenn er detailliert darlegen kann, dass er die Fälschungen nicht hatte erkennen können und für ihn kein Anlass bestand, an der Seriosität seiner Abnehmer zu zweifeln.

 

Sachverhalt

Ein Einzelunternehmer vertrieb Parfum an osteuropäische Kunden im Drittland, die in bar bezahlten und die Ausfuhr selbst übernahmen. Ein kriminaltechnisches Gutachten im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung ergab, dass ein Teil der Rechnungen über steuerfreie Ausfuhrlieferungen gefälschte polnische Zollstempel aufwies. Aufgrund dessen versagte das Finanzamt dem Unternehmer die Steuerfreiheit für Ausfuhrlieferungen und erließ geänderte Umsatzsteuerbescheide. Der Unternehmer legte dagegen Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung.

 

Entscheidung

Das FG ließ die Aussetzung der Vollziehung wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der geänderten Bescheide zu. Zwar waren die tatbestandlichen Voraussetzungen einer steuerfreien Ausfuhrlieferung vorliegend nicht erfüllt, weil der Unternehmer den Ausfuhrnachweis nicht erbracht hatte (gefälschte Stempel), allerdings konnte er detailliert und unwidersprochen darlegen, dass er die Fälschung nicht hatte erkennen können. Er war insbesondere nicht dazu berechtigt, selbst eine eigene kriminaltechnische Untersuchung der Stempel in Auftrag zu geben.

Auch wenn das Umsatzsteuergesetz keine ausdrückliche Vertrauensschutzregelung für Ausfuhrlieferungen vorsieht, muss jedoch aus der Rechtsprechung des EuGH (Entscheidung "Netto Supermarkt") geschlossen werden, dass dem Lieferer nicht die gesamte Verantwortung für die Zahlung der Mehrwertsteuer auferlegt werden kann, wenn er selbst nicht am Betrug beteiligt ist und er alle Maßnahmen ergriffen hat, um seine Umsätze vor betrugsmäßiger Einbeziehung zu schützen. Nach diesem Gutglaubensschutz kann der Einzelunternehmer die Steuerfreiheit seiner Umsätze beanspruchen. Der Vertrauensschutz muss dem Unternehmer zudem bereits im Festsetzungsverfahren gewährt werden; es genügt nicht, ihn diesbezüglich auf ein nachrangiges Billigkeitsverfahren zu verweisen (= kein effektiver vorläufiger Rechtsschutz).

 

Hinweis

Der Beschluss ist rechtskräftig und erging in einem Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung, sodass das FG nur eine summarische Überprüfung vornehmen musste.

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.06.2013, 5 V 5022/13

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