Obwohl es eine allgemein gültige Definition und damit eine Unterscheidung zwischen operativer Planung und Budgetierung nicht gibt, soll hier die Budgetierung als eigenständige, aber in den Gesamtprozess der Planung eingebettete Phase betrachtet werden. In dieser Phase nimmt die Bestimmung der Teilbudgets der Verantwortungsbereiche einen hohen zeitlichen Anteil ein. Mittels der Budgetierung werden die Ziele, Ergebnisse und Maßnahmen der Operativen Planungen in klar adressierbare Verantwortungsstrukturen, z. B. durch den Bezug auf Kostenstellen oder Projekte, überführt.

Dabei setzt sich zunehmend die Überzeugung durch, dass die Budgetierung – wie die Planung generell – keine "Berechnung" oder "Modellierung" der Zukunft anstreben sollte, sondern die gemeinsame und als realistisch betrachtete Willensbildung für kooperatives Handeln zur Umsetzung der Strategie.

Hohe Ressourcen- und Zeitbindung in der Budgetierung

In den meisten Unternehmen und Organisationen verwendet das Controlling viel Zeit auf die Budgetierung sowie die darauf bezogene Analyse und Berichterstattung. Auf diesem Feld bestehen erhebliche Verbesserungspotenziale. Dabei geht es nicht so sehr um technische Details, sondern um die Überwindung traditioneller Denkweisen:

  • der Trennung von Planung (Vorgabe) und Ausführung,
  • der Forderung nach Berechenbarkeit aller externen und internen Prozesse,
  • der Reduzierung menschlicher Tätigkeit auf zentral gesteuerte Funktionen,
  • der Annahme des "einen besten Weges", um die anstehenden Arbeiten zu bewältigen,
  • der Festlegung einer festen Abfolge von Arbeitsschritten und Funktionen und
  • der postulierten Notwendigkeit, Menschen zu "motivieren", weil sie nur für Geld arbeiten.

Mehr unternehmerische Freiheit und Verantwortung vor Ort für flexibles und agiles Handeln

Mit Bezug auf die heutigen Anforderungen der Vernetzung und Digitalisierung setzen sich zunehmend andere Prinzipien durch, die sich an den Kriterien für modernes Wirtschaften orientieren:

  • Vernetzung von Planung und Ausführung,
  • Flexibilität und Agilität im internen und externen Zusammenwirken von Menschen und Prozessen,
  • dezentrales und eigenverantwortliches Handeln vor Ort,
  • Freiheit zur situativen Entscheidung über die konkreten Wege,
  • Vielfalt in der möglichen Abfolge von Arbeitsschritten und
  • engagierte Teilhabe der Menschen.

Dieser Wandel ist allerdings auch eine Kulturfrage. Organisationen mit starker Budgettradition lösen sich oft nur schwer von der vermeintlichen Sicherheit des Budgets alter Prägung und nicht alle Mitarbeiter sind bereit oder fähig, diesen Wandel mitzumachen. Das erfordert Zeit, Geduld und manchmal auch einen Generationswechsel, was aber der Wettbewerb nicht zulässt. "Agilität heißt für mich: Jeder Mitarbeiter soll in der Lage sein, eigenständig zu arbeiten, schnell zu reagieren und zu entscheiden", sagt CFO Carsten Knobel von Henkel.[1] Dies erfordert Lern- und Veränderungsbereitschaft von Mitarbeitern und Führungskräften.

Im April 2012 veröffentlichte der Internationale Controller Verein ein Statement zur Modernen Budgetierung.[2] Der Ansatz beruht auf jeweils 3 Gestaltungsempfehlungen und Fundamenten (s. Abb. 6).

Abb. 6: Dimensionen der modernen Budgetierung

 
Einfach
  • Schlanke Abläufe (Fokus auf steuerungsrelevante Inhalte)
  • Nur nutzenbringende Instrumente und Methoden einsetzen
  • Wenige Eingangsgrößen
  • Detaillierung auf reale Verantwortung ausrichten
  • "Top-down"-Orientierungen durch "Leitplanken", die eine aktive Mitwirkung aller Beteiligten an der gemeinsamen Willensbildung ermöglichen
Flexibel
  • Bereitschaft für Änderungen, Sensitivitäten und Szenarien
  • Mix aus absoluten und relativen Zielen
  • (Rollierende) Forecasts
  • Kontrolliertes Umschichten von Ressourcen
Integriert
  • Strategie, Planung, Reporting und Forecasts verknüpfen
  • Konkrete, aber wenige voneinander ableitbare Vorgaben
  • Anreizsysteme auf die Beteiligung an nachhaltig realisierten Erfolgen orientieren und vom Budget entkoppeln
  • Kurz-, mittel- und langfristige Ziele kombinieren
Organisation abbilden
  • Wenige konkrete und eindeutige Ziele für die Organisationseinheiten
  • Orientierung an den Zielen der gesamten Organisation
  • Kurze und schnelle Entscheidungswege
  • Maßgebliche interne Leistungen verrechnen (soweit möglich Umlagen vermeiden durch stufenweise Deckungsbeitragsrechnung oder geeignete Service Level Agreements)
Wertschöpfung abbilden
  • Verständnis der eigenen Wertschöpfungskette
  • Geschäftsmodell widerspiegeln
  • Output-Fokus forcieren
  • Ziele, Engpässe und Restriktionen determinieren die Planung
Klare Intentionen
  • Absichten klar und verständlich darstellen
  • Den Kern des Plans kommunizieren und leistungsbezogen in die Sprache der Menschen vor Ort transformieren
  • Verantwortung für die Umsetzung adressieren
  • Durch Prämissen Planungsschleifen verhindern

Tab. 1: Elemente der modernen Budgetierung und ihre Ziele

Moderne Budgetierung erhöht Flexibilität und Agilität im Handeln

Geringere "Eindringtiefe" und größere Handlungsspielräume für Führungskräfte und Mitarbeiter erlauben den Unternehmen, besser mit den Herausford...

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