Leitsatz

Fallen bei einem Ausbildungsdienstverhältnis als Krankenpflegerin Arbeits - und Ausbildungsstelle zusammen, finden die für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte geltenden Abzugsbeschränkungen Anwendung.

 

Sachverhalt

Im Streitfall ging es um die Frage, ob eine sich in Ausbildung befindliche Krankenschwester, die an ein und demselben Ort (Klinikum) sowohl praktische Dienstleistungen zu erbringen hatte als auch dort theoretisch ausgebildet wurde, ihre Fahrtkosten nur im Rahmen der Entfernungspauschale (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG) mit 0,30 EUR je Entfernungskilometer oder ohne betragsmäßige Beschränkung als Reisekosten nach den Grundsätzen der geänderten BFH - Rechtsprechung geltend machen kann. Das Finanzamt hatte (im Rahmen der Prüfung der Höhe der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes im Hinblick auf eine mögliche Gewährung von Freibeträgen für Kinder) lediglich die Entfernungspauschale zum Abzug gebracht. Dagegen hatte die Steuerpflichtige auf die Rechtsprechung des BFH verwiesen, wonach Fahrten zwischen der Wohnung und einer vollzeitig besuchten Bildungseinrichtung in voller Höhe abziehbar sind (BFH, Urteil v. 9.2.2012, VI R 42/11, BFH/NV 2012 S. 856).

 

Entscheidung

Das FG wies die eingelegte Klage ab und entschied, dass die Konstellation des Streitfalles nicht mit dem vom BFH entschiedenen Fall vergleichbar ist. Denn die Tochter der Steuerpflichtigen befand sich in einem Ausbildungsdienstverhältnis, in dessen Rahmen an einem Ort die Erbringung der Dienstleistungen sowie die Ausbildung stattfanden, wodurch die Annahme einer einheitlichen regelmäßigen Arbeitsstätte gerechtfertigt ist. Fallen aber Arbeits- und Ausbildungsstelle zusammen, ist es auch unter Beachtung der vom BFH in seinen neueren Entscheidungen aufgestellten Rechtsgrundsätze gerechtfertigt, insgesamt die Voraussetzungen einer regelmäßigen Arbeitsstätte zu bejahen. Dieser Beurteilung steht auch nicht entgegen, dass der BFH zur Begründung seiner Rechtsprechungsänderung der zeitlichen Befristung eines Ausbildungsverhältnisses entscheidende Bedeutung beimisst und dieser Gesichtspunkt auch bei dem dreijährigen Ausbildungsdienstverhältnis der Tochter der Klägerin erfüllt ist. Den Gesichtspunkt der Befristung sieht das FG für die geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung jedoch nur dann als tragend an, wenn - wie in den vom BFH entschiedenen Fällen - eine Ortsverschiedenheit zwischen der Bildungseinrichtung und dem Sitz des Arbeitgebers besteht bzw. ein Arbeitgeber nicht vorhanden ist. Allein das Kriterium einer zeitlichen Befristung ist nach Auffassung des FG noch keine hinreichende Grundlage zur Rechtfertigung eines unbeschränkten Werbungskostenabzugs. Dem Kriterium kommt vielmehr nur dann Bedeutung zu, wenn es sich um eine arbeitgeberfremde Bildungseinrichtung handelt.

 

Hinweis

Die Grundsätze der neuen BFH - Rechtsprechung haben nach Auffassung des FG nur Geltung in den Fällen, in denen der Steuerpflichtige zeitweise isoliert lediglich eine Ausbildungsstelle aufsucht, an der sich nicht zugleich der Sitz seines Arbeitgebers befindet (Zeitsoldat) bzw. eine Arbeitsstelle gar nicht existiert, aber die Voraussetzungen für die Annahme vorweggenommener Werbungskosten erfüllt sind (Studentin). Das alleinige Abstellen auf die Befristung würde nach Auffassung des FG in allen Fällen befristeter Arbeitsverhältnisse zur Nichtanwendung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG führen, für die es aber an einer aus dem Gesetz erkennbaren Grundlage fehlt. Erst wenn eine Ortsverschiedenheit zwischen der Bildungseinrichtung und dem Sitz des Arbeitgebers besteht bzw. ein solcher gar nicht vorhanden ist, ist eine Ausnahme vom beschränkten Werbungskostenabzug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gerechtfertigt. Da das FG die Revision zugelassen hat, wird der BFH ggf. Gelegenheit bekommen, den Sachverhalt vor dem Hintergrund seiner neuen Sichtweise zu beurteilen.

 

Link zur Entscheidung

FG Düsseldorf, Urteil vom 25.10.2012, 14 K 1173/11 Kg

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