Gleichlautende Ländererlasse, 17.6.2022, G 1425

Durch das Fondsstandortgesetz (FoStoG) wurde § 9 Nr. 1 Satz 3 und 4 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) neugefasst. Um Anreize zu setzen für den Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Sinne des § 3 Nr. 21 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und den Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge oder Elektrofahrräder, sieht die Änderung u. a. vor, dass Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmen im Hinblick auf die in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannten Tätigkeiten die erweiterte Kürzung ihres Gewerbeertrags unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin in Anspruch nehmen können. Die Neuregelung erweitert die für die Anwendbarkeit der erweiterten Kürzung der Gewerbeerträge unschädlichen Tätigkeiten (kürzungsunschädliche Tätigkeiten).

Nach dem Ergebnis der Erörterungen der obersten Finanzbehörden der Länder sind bei der Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 3 und 4 GewStG ergänzend zu R 9.2 GewStR und H 9.2 GewStH nachfolgende Grundsätze zu beachten:

 

I. Allgemeine Hinweise

1

Nach Maßgabe des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG können Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmen – unabhängig von ihrer Rechtsform – auf Antrag bei der Ermittlung des Gewerbeertrags den auf die Grundstücksüberlassung entfallenden Gewerbeertrag kürzen (sog. erweiterte Kürzung; § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG). Dieser Gewerbeertrag unterliegt insoweit nicht der Gewerbesteuer. Voraussetzung für die Kürzung ist, dass sich das Unternehmen ausschließlich auf den Tätigkeitsbereich der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes beschränkt. Daneben sind nur die nach § 9 Nr. 1 Satz 2 bis 4 GewStG ausdrücklich genannten Tätigkeiten für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags unschädlich.

2

Bei den Tätigkeiten von Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmen lassen sich drei Tätigkeitsgruppen differenzieren. Zur ersten Gruppe gehört ausschließlich die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes. Aus dieser Tätigkeit resultierende Gewerbeerträge unterliegen dem Grunde nach der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Gewerbeerträge aus Tätigkeiten, die Bestandteil der Wohn- oder Gewerberaumüberlassung sind (bspw. Lieferung von Wärme an Mieter/Pächter), unterliegen ebenfalls dem Grunde nach der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.

3

Von der ersten Gruppe abzugrenzen sind als zweite Gruppe kürzungsunschädliche Tätigkeiten im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 bis 4 GewStG. Durch die Änderung des § 9 Nr. 1 Satz 3 und 4 GewStG durch das FoStoG wurde der Katalog der für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung unschädlichen Tätigkeiten ergänzt. Auch nach dieser Gesetzesänderung unterliegen Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmen mit Gewerbeerträgen aus diesen kürzungsunschädlichen Tätigkeiten weiterhin der Gewerbesteuer.

4

Gewerbeerträge, die aus einer kürzungsschädlichen Tätigkeit resultieren, gehören hingegen zur dritten Gruppe. Kürzungsschädlich sind grundsätzlich Einnahmen aus der Verwaltung und Nutzung angemieteten Grundbesitzes, soweit die An- und Weitervermietung fremden Grundbesitzes nicht ausnahmsweise zwingend notwendiger Teil der wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Überlassung des eigenen Grundbesitzes ist und nur einen geringfügigen Umfang hat (BFH-Urteil vom 22. Oktober 2020, IV R 4/19, BStBl II 2022, 87) oder die Einnahmen kürzungsunschädlich gemäß § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. c GewStG sind (vgl. Randnr. 23). Kürzungsschädlich sind darüber hinaus auch Einnahmen aus der Lieferung von Strom (§ 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. b GewStG) sowie aus unmittelbaren Vertragsbeziehungen mit den Mietern/Pächtern des Grundstücks (§ 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. c GewStG), sobald die Unschädlichkeitsgrenze von 10 Prozent bzw. 5 Prozent überschritten wird (vgl. Randnr. 6) und diese Einnahmen nicht der ersten Gruppe zuzuordnen sind.

5

Erwirtschaftet ein Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmen kürzungsschädliche Einnahmen, so führt dies insgesamt, d. h. für sämtliche Erträge des Unternehmens, zum Verlust des Rechts auf Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung.

 

II. Allgemeines zu § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. b und c GewStG

6

Voraussetzung für die Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. b und c GewStG ist, dass die aus diesen kürzungsunschädlichen Tätigkeiten erzielten Einnahmen des Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmens in dem für den Erhebungszeitraum maßgeblichen Wirtschaftsjahr nachweislich nicht höher als 10 Prozent (§ 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. b Doppelbuchst. aa und bb GewStG) bzw. 5 Prozent (§ 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. c GewStG) der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes sind. Ausgangsgröße für die Berechnung der prozentualen Grenzen sind die Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des gesamten eigenen Grundbesitzes des Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmens (s. auch unter IV.).

7

Zum Begriff des Grundbesitzes vgl. H 9.2. Abs. 2 „Eigener Grundbesitz” GewStH.

8

Ob kürzungsunschädliche, aber dennoch gewerbesteuerpflichtige Einnahmen nach § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. b oder c GewStG vorliegen, ist dem Finanz...

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