1.

Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Erlass eines Haftungs- oder Duldungsbescheids ergeben sich aus den §§ 69 bis 77 AO, den Einzelsteuergesetzen oder den zivilrechtlichen Vorschriften (z. B. §§ 25, 126 HGB oder dem AnfG). §§ 93, 227 Abs. 2 InsO schließen eine Haftungsinanspruchnahme nach §§ 69 ff. AO nicht aus (BFH-Urteil vom 2.11.2001, VII B 155/01, BStBl 2002 II S. 73).

 

1.1

1Die Gesellschafter einer OHG haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich (§ 126 Satz 1 HGB). 2Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten (einschließlich Finanzbehörden) gegenüber unwirksam (§ 126 Satz 2 HGB). 3Zu Einwendungen und Einreden des Gesellschafters bei Inanspruchnahme für Verbindlichkeiten der OHG siehe § 128 HGB.

4Wer in eine bestehende OHG eintritt, haftet nach § 127 Satz 1 HGB gleich den anderen Gesellschaftern nach Maßgabe der §§ 126 und 128 HGB für die vor seinem Eintritt begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft. 5Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten (einschließlich Finanzbehörden) gegenüber unwirksam (§ 127 Satz 2 HGB).

6Zur Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters einer OHG siehe § 137 HGB. 7Dies gilt auch im Fall des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters einer noch nicht vollbeendeten OHG (§ 105 Abs. 2 HGB i. V. m. § 712a Abs. 2 BGB).

8Zur Verjährung von Ansprüchen aus der Gesellschafterhaftung siehe § 151 HGB.

 

1.2

1Hinsichtlich der Haftung der Komplementäre einer KG sind grds. die für die OHG geltenden Bestimmungen entsprechend anzuwenden (§ 161 Abs. 2 HGB). 2Zur Haftung des Kommanditisten siehe §§ 171 ff. HGB.

 

1.3

1Die Gesellschafter einer rechtsfähigen GbR haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich (§ 721 Satz 1 BGB). 2Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten (einschließlich Finanzbehörden) gegenüber unwirksam (§ 721 Satz 2 BGB). 3Zu Einwendungen und Einreden des Gesellschafters bei Inanspruchnahme für Verbindlichkeiten der GbR siehe § 721b BGB.

4Wer in eine bestehende rechtsfähige GbR eintritt, haftet nach § 721a Satz 1 BGB gleich den anderen Gesellschaftern nach Maßgabe der §§ 721 und 721b BGB für die vor seinem Eintritt begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft. 5Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten (einschließlich Finanzbehörden) gegenüber unwirksam (§ 721a Satz 2 BGB).

6Zur Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters einer rechtsfähigen GbR siehe § 728b BGB. 7Dies gilt auch im Fall des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters einer noch nicht vollbeendeten GbR (§ 712a Abs. 2 BGB).

8Zur Verjährung von Ansprüchen aus der Gesellschafterhaftung siehe § 739 BGB.

 

1.4

Zum Erlass von Haftungsbescheiden in Spaltungsfällen vgl. AEAO zu § 122, Nr. 2.15.

 

2.

Die Befugnis zum Erlass eines Haftungs- oder Duldungsbescheids besteht auch, soweit die Haftung und Duldung sich auf steuerliche Nebenleistungen erstreckt.

 

3.

1Auf den (erstmaligen) Erlass eines Haftungsbescheids sind die Vorschriften über die Festsetzungsfrist (§§ 169 bis 171 AO) entsprechend anzuwenden. 2Eine Korrektur zugunsten des Haftungsschuldners kann dagegen auch noch nach Ablauf der Festsetzungsfrist erfolgen (BFH-Urteil vom 12.8.1997, VII R 107/96, BStBl 1998 II S. 131).

 

4.

1Für die Korrektur von Haftungsbescheiden gelten nicht die für Steuerbescheide maßgeblichen Korrekturvorschriften (§§ 172 ff. AO), sondern die allgemeinen Vorschriften über die Berichtigung, die Rücknahme und den Widerruf von Verwaltungsakten (§§ 129 bis 131 AO). 2Die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids richtet sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt seines Erlasses bzw. der entsprechenden Einspruchsentscheidung. 3Anders als bei der Änderung der Steuerfestsetzung (BFH-Urteil vom 12.8.1997, VII R 107/96, BStBl 1998 II S. 131) berühren Minderungen der dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Steuerschuld durch Zahlungen des Steuerschuldners nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids nicht. 4Ein rechtmäßiger Haftungsbescheid ist aber zugunsten des Haftungsschuldners zu widerrufen, soweit die ihm zugrunde liegende Steuerschuld später gemindert worden ist.

 

5.

Von der Korrektur eines Haftungsbescheids ist der Erlass eines ergänzenden Haftungsbescheids zu unterscheiden.

 

5.1

1Für die Zulässigkeit eines neben einem bereits bestehenden Haftungsbescheid gegenüber einem bestimmten Haftungsschuldner tretenden weiteren Haftungsbescheids ist grundsätzlich entscheidend, ob dieser den gleichen Gegenstand regelt wie der bereits ergangene Haftungsbescheid oder ob die Haftungsinanspruchnahme für verschiedene Sachverhalte oder zu verschiedenen Zeiten entstandene Haftungstatbestände erfolgen soll.

2Stets zulässig ist es, wegen eines eigenständigen Steueranspruchs (betreffend einen anderen Besteuerungszeitraum oder eine andere Steuerart) einen weiteren Haftungsbescheid zu erlassen, selbst wenn der Steueranspruch bereits im Zeitpunkt der ersten Inanspruchnahme durch Haftungsbescheid entstand...

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