Für in Deutschland ansässige Unternehmer, die Lieferungen oder Dienstleistungen an im EU-Ausland oder in Drittstaaten ansässige Unternehmer erbringen, stellt sich regelmäßig die Frage, ob sie in der Rechnung MwSt ausweisen müssen oder ob sie netto fakturieren können, weil der Leistungsempfänger die MwSt für den Umsatz schuldet (sog. Reverse-Charge-Verfahren) bzw. ob sich der leistende Unternehmer in dem Staat, in dem die Leistung steuerbar ist, umsatzsteuerlich erfassen lassen muss.

Die nachstehenden Erläuterungen versuchen, hierauf Antworten zu geben. Ausgehend von den grundsätzlichen Regelungen, die das Unionsrecht vorsieht, sind in einer tabellarischen Übersicht die Fälle dargestellt, für die die EU-Mitgliedstaaten (und einige Drittstaaten) das Reverse-Charge-Verfahren vorsehen, soweit dieses von der MwStSystRL nicht zwingend vorgegeben ist.

Das Unionsrecht sieht in Art. 193 MwStSystRL grundsätzlich vor, dass der Unternehmer, der eine steuerpflichtige Lieferung erbringt oder eine steuerpflichtige Dienstleistung ausführt, die MwSt auf diesen Umsatz selbst schuldet.

 
Wichtig

Leistungsempfänger als Steuerschuldner

Ausnahmen von diesem Grundsatz regeln die Art. 194, 195, 196, 197, 198, 199, 199a und 199b MwStSystRL in der Weise, dass der Empfänger des Umsatzes die Steuer schuldet (zwingendes Reverse-Charge-Prinzip) bzw. dass die EU-Mitgliedstaaten für bestimmte Umsätze regeln können, dass der Empfänger die Steuer schuldet (optionales Reverse-Charge-Prinzip).

Das in einem EU-Mitgliedstaat angewendete Reverse-Charge-Verfahren kann auch auf einer entsprechenden Sonderermächtigung des Rates beruhen, die auf der Basis von Art. 27 der 6. EG-Richtlinie bzw. auf der Basis von Art. 395 MwStSystRL dem Mitgliedstaat erteilt wurde. Nach diesen Regelungen kann der Rat auf Vorschlag der EU-Kommission einstimmig jeden Mitgliedstaat ermächtigen, von der 6. EG-Richtlinie bzw. von der MwStSystRL abweichende Sondermaßnahmen einzuführen, um die Steuererhebung zu vereinfachen oder um Steuerhinterziehungen oder Steuerumgehungen zu verhindern. Hiervon machen einige Mitgliedstaaten Gebrauch (vgl. im Einzelnen die Übersichtstabelle).[2]

[1] Die Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
[2] S. Abschnitt 4.

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