Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG hat beim qualifizierten Anteilstausch die übernehmende Kapitalgesellschaft grundsätzlich die eingebrachten Anteile mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Da der Anteilstausch einen Veräußerungsvorgang darstellt und gem. § 21 Abs. 2 Satz 1 UmwStG der Wert, mit dem die übernehmende Gesellschaft die eingebrachten Anteile ansetzt, für den Einbringenden als Veräußerungspreis der eingebrachten Anteile und als Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile gilt, kommt es beim Ansatz des gemeinen Werts für den Einbringenden im Rahmen des hierdurch eintretenden Veräußerungsvorgangs zur Auflösung der stillen Reserven in den eingebrachten Anteilen. Daraus folgt:

  • Ist der Einbringende eine natürliche Person oder sind an einer Personengesellschaft als Einbringende natürliche Personen beteiligt, unterliegt der Veräußerungsgewinn insoweit dem Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 Buchst. c i. V. m. § 3c Abs. 2 EStG.
  • Ist der Einbringende dagegen eine Kapitalgesellschaft oder sind an einer Personengesellschaft als Einbringende Kapitalgesellschaften beteiligt, greift insoweit die 95 %ige Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2 i. V. m. Abs. 3 KStG.

Die Versteuerung eines durch die Einbringung bedingten Veräußerungsgewinns kann jedoch bei einem qualifizierten Anteilstausch vermieden werden. Nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UmwStG können nämlich auf Antrag gem. § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG – und unter Berücksichtigung der betragsmäßigen Begrenzungen bei der Gewährung sonstiger Gegenleistungen nach § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG – die eingebrachten Anteile mit dem Buchwert oder einem Zwischenwert angesetzt werden. Haben die eingebrachten Anteile beim Einbringenden nicht zu einem Betriebsvermögen gehört, treten gem. § 21 Abs. 2 Satz 5 UmwStG an die Stelle des Buchwerts die Anschaffungskosten.

Der Ansatz zum Buchwert oder Zwischenwert bzw. zu den Anschaffungskosten setzt einen Antrag voraus, der nach Rdnr. 21.12 i. V. m. 20.21 UmwSt-Erlass von der übernehmenden Kapitalgesellschaft spätestens bis zur erstmaligen Abgabe ihrer steuerlichen Schlussbilanz bei dem für ihre Besteuerung zuständigen Finanzamt zu stellen ist.

Zu der Frage, welche Bilanz mit der steuerlichen Schlussbilanz gemeint ist, hat der BFH mit Urteil vom 15.06.2016[1] Stellung genommen. Obschon der im UmwStG mehrfach verwendete Begriff der steuerlichen Schlussbilanz Unschärfen aufweist, ist bei normspezifischer Auslegung "mit der steuerlichen Schlussbilanz die nächste auf den Einbringungszeitpunkt folgende steuerliche Jahresschlussbilanz der übernehmenden Gesellschaft gemeint, in der der Einbringungsgegenstand erstmals anzusetzen ist." Abweichend von § 3 Abs. 1 UmwStG i.V.m. Rn. 03.01 UmwSt-Erlass ist die steuerliche Schlussbilanz somit keine eigenständige Bilanz, die von der Gewinnermittlung nach den §§ 4 Abs. 1, 5 EStG zu unterscheiden ist, sondern die reguläre Steuerbilanz. Von diesem Verständnis der steuerlichen Schlussbilanz ist bisher auch die Finanzverwaltung in Rdnr. 20.21 UmwSt-Erlass ausgegangen.[2] Als steuerliche Schlussbilanz gilt nach Auffassung des BFH unter Bezugnahme auf § 60 Abs. 1 und 2 EStDV

  1. die reine Handelsbilanz mit der Erklärung, diese sei auch der steuerlichen Beurteilung zugrunde zu legen,
  2. eine Handelsbilanz mit steuerrechtlichen Zusätzen bzw. Anmerkungen oder
  3. eine eigenständige Steuerbilanz.

Jede dieser drei Varianten der steuerlichen Rechnungslegung ist als steuerliche Schlussbilanz anzusehen und löst damit auch das Fristende für die Antragsrechte nach § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG aus.[3] Für den Ablauf der Frist kommt es nicht darauf an, ob die eingereichte Bilanz den GoB oder den steuerbilanzrechtlichen Sonderregelungen entspricht. Somit wird der Fristablauf durch Fehler bei der Bilanzierung oder der Bewertung nicht aufgehalten.

Nach Rdnr. 20.21 UmwSt-Erlass bedarf der Antrag keiner besonderen Form, ist bedingungsfeindlich und kann nachträglich nicht widerrufen oder geändert werden.[4] Aus dem Antrag muss sich ausdrücklich ergeben, ob die eingebrachten Wirtschaftsgüter mit dem Buchwert oder zu einem Zwischenwert anzusetzen sind. Obwohl mangels besonderer Formvorschriften der Antrag nach h. M. auch konkludent (z. B. durch Einreichung der Schlussbilanz zu Buchwerten) gestellt werden kann[5], ist dennoch eine ausdrückliche schriftliche Antragstellung empfehlenswert, um ein Besteuerungsrisiko zu vermeiden.

Hinweis: In der Praxis kann es insbesondere bei beantragter Buchwertfortführung empfehlenswert sein, sich den Eingang des Antrags vom Finanzamt bestätigen zu lassen.

 
Wichtig

Wertansatz im Einbringungsvertrag vereinbaren

Da der von der übernehmenden Kapitalgesellschaft gewählte Wertansatz nach § 21 Abs. 2 Satz 1 UmwStG unmittelbare Auswirkungen auf die Besteuerung des Einbringenden hat, ist durch entsprechende Vereinbarungen im Einbringungsvertrag sicherzustellen, dass z. B. der Ansatz von Buchwerten bzw. Anschaffungskosten bei der Übernehmerin auch erfolgt. Nach dem BFH-Urteil vom 8.6.2011[6] steht dem Einbringenden allerdings das Drittanfechtun...

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