Leitsatz

1. Wird ein Darlehensbetrag dem Konto des Steuerpflichtigen gutgeschrieben und am selben Tag für eine Anlage als Festgeld wieder abgebucht, so ist – unabhängig vom Saldo des Kontos – aufgrund der betragsmäßigen Übereinstimmung des gutgeschriebenen und des abgebuchten Betrags und des engen zeitlichen Zusammenhangs erwiesen, dass der Darlehensbetrag zur Anlage als Festgeld verwendet worden ist.

2. Unterlässt es der Steuerpflichtige, einen ursprünglich für allgemeine betriebliche Zwecke aufgenommenen Kredit nach der Aufgabe seines Betriebs mit Hilfe der Veräußerung des früheren Betriebsgrundstücks zu tilgen, um dieses nunmehr zu vermieten, und löst er deshalb die betrieblichen Verbindlichkeiten durch ein neues Darlehen ab, so sind die Schuldzinsen für das neue Darlehen als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar (Anschluss an BFH-Urteil vom 19.8.1998, X R 96/95, BFHE 187, 21, BStBl II 1999, 353).

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Nr. 1 EStG , § 20 EStG , § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger war Inhaber eines Gewerbebetriebs, den er auf eigenem Grundstück ausübte. Daneben besaßen die Kläger (Eheleute) zu je ½ ein Einfamilienhaus. Das Betriebsgrundstück und das Einfamilienhaus waren mit noch valutierten Grundschulden belastet.

Gleichzeitig mit der Veräußerung des Betriebs nahm der Kläger ein neues Darlehen auf. Der Veräußerungserlös und der Darlehensbetrag flossen auf ein Konto, von dem sowohl die betrieblichen Schulden (Grundschulden und Bankschulden) als auch die privaten Verbindlichkeiten (Wohnhaus) beglichen wurden. Außerdem wurde an dem Tag, als die letzte Darlehensrate gutgeschrieben wurde, derselbe Betrag als Festgeld abgebucht.

Streitig war die Zuordnung der für das neu aufgenommene Darlehen angefallenen Schuldzinsen.

 

Entscheidung

Der BFH verneinte zunächst den Abzug der Zinsen als nachträgliche Betriebsausgaben. Dies ist immer dann ausgeschlossen, wenn der erzielte Veräußerungserlös ausgereicht hätte, um die betrieblichen Schulden zu tilgen.

Als die letzte Darlehensrate gutgeschrieben wurde, waren bereits sämtliche betrieblichen und privaten Verbindlichkeiten getilgt. Der zeitliche Zusammenhang und die betragsmäßige Übereinstimmung belegen hier, dass der Betrag lediglich durch das Konto durchgeleitet worden und tatsächlich als Festgeld angelegt worden ist, so dass insoweit Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen vorliegen. Dies gilt aber nur, soweit nicht Festgelder der Ehefrau finanziert wurden, denn insoweit würde es sich beim Kläger um nichtabziehbaren Drittaufwand handeln.

Für einen weiteren Teil der Schuldzinsen bejaht der Senat den Abzug als Werbungskosten bei den aus der Vermietung des entnommenen Betriebsgrundstücks erzielten VuV-Einkünften. Er verweist auf die Rechtsprechung, wonach ein ursprünglich für betriebliche Zwecke aufgenommenes Darlehen unter bestimmten Voraussetzungen "umgewidmet" werden kann (z.B. BFH-Urteil vom 19.8.1998, X R 96/95, BStBl II 1999, 353). Löst der Steuerpflichtige die betriebliche Verbindlichkeit durch ein neues Darlehen ab und nutzt das finanzierte Grundstück nunmehr durch Vermietung, sind die Schuldzinsen für das neue Darlehen Werbungskosten bei den Einkünften aus VuV. Denn der Entschluss, das ehemalige Betriebsgrundstück in das Privatvermögen zu entnehmen und nunmehr durch VuV zu nutzen, stehen einer neuen Anlageentscheidung gleich.

Die Sache musste zur weiteren Aufklärung an das FG zurückverwiesen werden. Das FG muss nunmehr feststellen, mit welchen Anteilen das neue Darlehen privaten Zwecken (Wohnhaus) und der Einkünfteerzielung (VuV) zugeordnet werden kann.

 

Hinweis

Die Entscheidung bestätigt, dass die Zuordnung von Schuldzinsen zu einer bestimmten Einkunftsart, für die grundsätzlich auf den ursprünglichen Zweck der Darlehensaufnahme abzustellen ist, durch eine bloße Willensentscheidung des Steuerpflichtigen nicht geändert werden kann. Voraussetzung für die "Umwidmung" eines Kredits ist immer eine neue Anlageentscheidung. Als ausreichend hierfür anerkennt der Senat die Überführung in das Privatvermögen zur Erzielung von Einkünften aus VuV.

Der Kläger hat durch die Abwicklung der Ein- und Ausgänge über ein Konto die Einzahlungs- und Auszahlungsbeträge so vermischt, dass eine gesonderte Zuordnung anhand der tatsächlichen Verwendung nicht möglich war. Die Schuldzinsen konnten deshalb nur anteilig berücksichtigt werden.

Durch Einrichtung verschiedener Konten hätte in einem vergleichbaren Fall möglicherweise der volle Schuldzinsenabzug erreicht werden können.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 25.1.2001, IX R 27/97

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