Leitsatz

1. Die Besteuerung des bei der Veräußerung von Fondsanteilen ermittelten Zwischengewinns richtet sich für das Jahr 1998 nach der Spezialregelung im Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften. Ein Rückgriff auf die einkommensteuerrechtlichen Regelungen für Finanzinnovationen kommt insoweit nicht in Betracht.

2. Dem Ansatz des Zwischengewinns im Veräußerungsfall steht nicht entgegen, dass bei Anschaffung der Anteile nach der Mitteilung des Fonds kein negativer Zwischengewinn vorhanden war.

 

Normenkette

§ 39 Abs. 1, 1a KAGG a.F., § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 S. 1 Nr. 4 und S. 2 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger hatte nach dem Verkauf von Fondsanteilen die Differenz von Anschaffungskosten und Veräußerungserlös als Kapitalerträge aus dem Fonds angesetzt. Die Bank wies in ihrer Steuerbescheinigung dagegen einen rund viermal so hohen Zwischengewinn aus.

Dagegen wandte sich der Kläger mit dem Argument, die Anlage in den Fondsanteilen sei eine Finanzinnovation, sodass steuerlich die Marktrendite zugrunde zu legen sei. Außerdem hätte bei Anschaffung der Anteile ein negativer Zwischengewinn berücksichtigt werden müssen. Die Klage vor dem FG blieb erfolglos (FG des Saarlands, Urteil vom 23.05.2006, 1 K 420/02, Haufe-Index 1526806, EFG 2006, 1248).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des Klägers als unbegründet zurück. Ob die Fondsanteile als Finanzinnovation beurteilt werden könnten, bedürfe wegen der abschließenden Spezialregelung des KAGG a.F. keiner Entscheidung. Auch der Zwischengewinn sei zutreffend der Besteuerung zugrunde gelegt worden. Die vom FG eingeholte Auskunft der Kapitalanlagegesellschaft habe ergeben, dass im Kaufpreis der Fondsanteile tatsächlich kein negativer Zwischengewinn enthalten gewesen sei. Das sei für das Revisionsgericht bindend (§ 118 Abs. 2 FGO).

 

Hinweis

Es gibt Sonderregelungen für bestimmte Formen von Kapitalanlagen, die ein Eigenleben führen (und auch oft nur von einer Handvoll Spezialisten überblickt werden). Dazu gehörten früher das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) in seinen verschiedenen Fassungen, das Auslandinvestmentgesetz und neuerdings das Investmentsteuergesetz.

Das hier besprochene Urteil betrifft das KAGG a.F., somit ausgelaufenes Recht, es enthält aber zwei Aspekte, die auch aktuell noch von Bedeutung sind:

Zum einen: Das KAGG a.F. (ebenso wie die anderen oben genannten Spezialgesetze) geht als Spezialregelung der Grundnorm des § 20 EStG vor. Es ordnet bestimmte, in § 39 Abs. 1 und 1a KAGG a.F. aufgezählte Sachverhalte – zum Teil im Weg der Fiktion – unter die Einnahmen aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ein (Rechtsfolgeverweisung). Die vom KAGG a.F. abschließend erfassten Sachverhalte können nun nicht mehr nach den Merkmalen anderer Tatbestandsalternativen des § 20 EStG untersucht werden, etwa nach den Merkmalen einer Finanzinnovation gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 S. 1 Nr. 4 EStG. Eine solche Prüfung ist durch die Spezialität des KAGG a.F. von vornherein abgeschnitten.

Der zweite Aspekt: Der Fonds ist jeweils verpflichtet, börsentäglich den Zwischengewinn zu ermitteln und ihn mit dem Rücknahmepreis zu veröffentlichen (§ 41 Abs. 4 KAGG a.F.). Damit liegt die Ermittlung eines wesentlichen für den Anleger steuerrechtlich relevanten Sachverhaltselements in der Hand des Fonds. Der Anleger hat im Grunde keine Chance, die Ermittlung des Zwischengewinns auf Fehler hin zu kontrollieren. Man kann sich – so auch in diesem Fall – von der Kapitalanlagegesellschaft die Ermittlung des Zwischengewinns so gut es geht erläutern lassen. Ernsthaft überprüfen kann sie wohl nur ein Insider mit Fachkenntnissen aus der Branche. Letztlich bleibt also nur übrig, die Steuerbescheinigung des Fonds für die Besteuerung zugrunde zu legen. Will sich ein Anleger damit nicht zufrieden geben, bleibt nur der Weg, vor dem FG die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu beantragen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 24.11.2009 – VIII R 30/06

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