Leitsatz

1. Für den Zinsbegriff des Art. 24 Abs. 3 Buchst. b DBA-Brasilien ist ausschließlich die abkommensrechtliche Zinsdefinition maßgeblich; ob es sich auch nach brasilianischem Steuerrecht um "Zinsen" handelt, ist unerheblich.

2. Anzurechnen ist nach Art. 24 Abs. 3 Buchst. b DBA-Brasilien die auf den Bruttobetrag der gezahlten Zinsen entfallende fiktive Quellensteuer.

3. Bei der Berechnung der ausländischen Einkünfte nach § 34c Abs. 1 S. 2 EStG 1990 kann neben dem Bruttobetrag der Zinsen aus einer Kapitalanlage als Werbungskosten auch der Verlust aus einem von der tatsächlichen Kursentwicklung unabhängigen Währungstermingeschäft zu berücksichtigen sein, wenn beide Geschäfte eine wirtschaftliche Einheit bilden.

 

Normenkette

Art. 11 Abs. 4, Art. 24 Abs. 2, Abs. 3 Buchst. b DBA-Brasilien; § 34c Abs. 1 S. 2 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine AG, betreibt ein Kreditinstitut. Sie erwarb am 06.10.1993 von der brasilianischen B-Bank ein Depositenzertifikat im Nennbetrag von 4,278 Mrd. Cruzeiro Real (CR$) mit einer Laufzeit bis zum 08.11.1993. Die Verzinsung wurde mit 36 % pro Monat vereinbart. Die für das Geschäft notwen­digen CR$ kaufte die Klägerin – ebenfalls am 06.10.1993 – von der US-amerikanischen A-Bank; zugleich vereinbarte sie mit dieser, dass sie die angekauften CR$ einschließlich der ausgezahlten Zinsen am 08.11.1993 zu einem festgelegten CR$/US$ Terminkurs zurückliefern werde. Die Konzeption dieser Transaktion stammte von der in Großbritannien ansässigen C-Bank, an welche die Klägerin dafür eine Gebühr i.H.v. 1,1 Mio. DM zahlte.

Die B-Bank schrieb, nachdem sie Quellensteuer i.H.v. 12 896 981 CR$ einbehalten und an die brasilianische Finanzverwaltung abgeführt hatte, der Klägerin am 08.11.1993 den Nennbetrag des Zertifikats sowie Zinsen i.H.v. rd. 1,7 Mrd. CR$ gut. Mit dem zurückgeflossenen Betrag erwarb die Klägerin am selben Tag ein weiteres Zertifikat im Nennbetrag von rd. 6 Mrd. CR$ mit einer Laufzeit bis zum 10.12.1993 und einer Verzinsung von 41 % pro Monat. Sie schloss erneut mit der A-Bank ein entsprechendes Devisentermingeschäft ab und erhielt von der B-Bank am 10.12.1993 die Gutschrift des Nennbetrags sowie von Zinsen i.H.v. rd. 2,5 Mrd. CR$. Von den Zinsen hatte die B-Bank rd. 33 Mio. CR$ Quellensteuer einbehalten.

Ebenfalls am 10.12.1993 tauschte die Klägerin ihren gesamten Bestand an CR$ (rd. 8,4 Mrd. CR$) in rd. 31 Mio. US$ zurück. Im Ergebnis hat sie damit für die von ihr eingesetzten ca. 31 Mio. US$ eine marktübliche Verzinsung für 65 Tage erhalten.

Die Klägerin ging davon aus, dass sie in Brasilien Zinsen i.H.v. rd. 4,1 Mrd. CR$ erzielt habe und dass brasilianische Quellensteuer i.H.v. 20 % dieses Betrags auf ihre KSt anzurechnen sei. Das FA nahm stattdessen eine Gesamtbetrachtung vor, in die es die Geschäfte mit der B-Bank sowie die darauf bezogenen Devisentermingeschäfte mit der A-Bank einbezog. Eine Steueranrechnung sei nur hinsichtlich des Nettoergebnisses (Zinsertrag abzüglich Währungsverlust) möglich.

Die Klage wurde abgewiesen (FG Düsseldorf, Urteil vom 02.11.2010, 6 K 13/08 K, Haufe-Index 2652715, EFG 2011, 984).

 

Entscheidung

Auch der BFH gab der Klägerin kein Recht:

Zwar handle es sich abkommensrechtlich bei den Zinsen um "Zinsen" und die brasilianische Quellensteuer beziehe sich auch auf den Bruttobetrag der Zinsen.

Doch seien die Währungsverluste nicht von den Zinseinnahmen abzukoppeln, sondern einkunftsmindernd davon als negative Einkünfte abzusetzen.

 

Hinweis

Der BFH musste mit diesem Urteil über ein feinsinnig ersonnenes Banken-Finanzierungsoptimierungs-Konzept judizieren. Dessen Ziel war es einerseits, eine marktübliche Verzinsung auf kurzzeitig angelegtes freies Kapital zu erwirtschaften. Andererseits sollte über eine (nationale) KSt-Anrechnung nach Maßgabe der zwischen Deutschland und Brasilien abkommensrechtlich vereinbarten Anrechnungsmethode eine überproportionale (Refinanzierungs-)Rendite und insgesamt ein "schönes Schnäppchen" gemacht werden. Das war, wie gesagt, feinsinnig ersonnen, doch es misslang im Ergebnis:

1. Das Konzept der agierenden Bank als solches soll hier nur kurz in seiner Intention und in seinen Abläufen referiert werden.

Es lief darauf hinaus, in Brasilien auf bestimmte Schuldverschreibungen ("Depositenzertifikate") eine max. Verzinsung (von 36 % bzw. 41 %) zu erwirtschaften, die jedoch währungsverlustbedingt zum Großteil nur einen "Papierwert" repräsentierte. Um hier keinen wirtschaftlichen "Supergau" zu erleiden, hatte die Bank mit einer anderen Bank einen festen Kurswert der rapide verfallenden brasilianischen Währung in "sichere" US-$ vereinbart. Das Ganze zog dann per Saldo rechnerisch eine marktübliche Normalverzinsung nach sich.

So weit, so gut. Das Konzept sollte aber, wie schon angemerkt, steuerlich optimiert werden, und zwar über die Anrechnung der abkommensrechtlich vereinbarten fiktiven brasilianischen Quellensteuern (von 20 %) auf die in Deutschland festgesetzte KSt. Zusammengerechnet wäre die Rendite dann nicht mehr nur eine marktübliche, sondern...

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